Meine erste Fahrt mit dem Railjet

Auf Grund eines Badeunfalls verbrachte ich die letzten 23 Jahre im Rollstuhl. Das hielt mich jedoch nicht davon ab, die halbe Welt zu bereisen. Meine Frau und ich könnten so manche Reiseabenteuer erzählen, sowohl per Auto als auch mit dem Flugzeug.

Außenansicht des railjet
BIZEPS

Seit fast drei Jahren arbeite ich nun als Berater bei BIZEPS und Martin Ladstätter erzählte mir immer wieder vom Railjet. Da ich mit dem Rolli noch nie mit der Bahn gefahren bin und BIZEPS außerdem aktiv bei der barrierenfreien Gestaltung mitwirkte, ließ ich mich trotz großer Skepsis „überreden“, es doch einmal zu versuchen.

Die Gelegenheit dazu fand sich schnell, da ich jeden Monat für zwei Tage an einem berufsbegleitenden Peer-Beratung-Weiterbildungskurs in Linz teilnehme.

Ich kaufte mit meiner Assistentin beim ÖBB Schalter am Westbahnhof / Wien die Tickets. Dies verlief reibungslos, wir wurden aber darauf hingewiesen, dass wir uns über die Mobilitäts-Zentrale telefonisch für die notwendige und vorgeschriebene Einstiegshilfe (Security Personal) anmelden müssten.

20 Minuten vor der Abfahrtszeit trafen wir beim Informationstand die zwei oben genannten ÖBB Bediensteten, die uns gleich zu dem für uns vorgesehenen Waggon begleiteten. Ca. 3 Minuten später kam der „Waggonchef“, der sogleich den integrierten Hebelift aktivierte.

Eindruck der Unabhängigkeit

Irgendwie vermittelte es mir den Eindruck der Unabhängigkeit, da ich nicht auf eine „andere, fremde“ mobile Hebebühne warten musste. Nach dem Motto: „Ist sie schon da oder wann kommt sie oder kommt sie überhaupt rechtzeitig?“

Auf der Plattform hat nur der Rollstuhlfahrer Platz. Da ich nicht selbst die Bremsen meines Rollis lösen kann, ist es daher sehr wichtig, dass die Assistentin vor mir einsteigt. In meinem Fall tat dies der Zugbegleiter, und da die Rampe etwas abschüssig ist, kollidierte ich mit der Zugswand. Es ist nichts passiert, ich war natürlich selbst schuld (Unerfahrenheit) und habe gleich am Anfang wieder etwas dazugelernt.

Ich fühlte mich sofort wohl durch das elegante Ambiente und vor allem, ich hatte genug Platz und meinen großen, schweren Trolley konnten wir auch unkompliziert neben mich stellen und brauchten ihn daher nicht auf die obere Ablagefläche heben.

Wir „schwebten“ lautlos

Fast möchte ich sagen, wir „schwebten“ lautlos und ruckfrei durch den Wienerwald. Und plötzlich machte sich eine gewisse Dankbarkeit bei mir breit.

Wie viele Jahre, ja man kann sagen Jahrzehnte, hat die Selbstbestimmt-Leben-Bewegung mit großer Mühe darum gekämpft, den heutigen Standard zu erreichen, und mir fielen die vielen Berichte zum Thema „RollstuhlfahrerInnen und die Bahn“ ein, die ich mit großem Interesse vor Wochen gelesen hatte und die ich in absehbarer Zukunft unter „Bahnreisen für RollstuhlfahrerInnen: Einst und Jetzt “ auflisten werde.

Zwischen St. Pölten und Linz erreichte der Railjet etliche Male die 220 km/Std.-Grenze, die man kaum merkt, die mich aber als Technikfreak fasziniert. Ein kleines Minus: Die automatische Schiebetür hinter mir vibriert bei einem gewissen Tempo und erzeugt dadurch ein lästiges Geräusch.

Angenehm fand ich hingegen die Tatsache, dass das Personal auf Wunsch Speisen und Getränke bringt, die man bequem auf dem dazu gehörigen Klapptisch zu sich nehmen kann. Soweit ich es beurteilen kann (bin Tetraplegier) ist das WC absolut barrierefrei (Platzangebot, Haltegriffe etc.). Kaum waren 1,5 Std. vergangen und wir waren bereits in Linz.

Nette Überraschung

Bei der Rückfahrt gab es eine nette Überraschung: Barbara Hubauer, eine Beraterin, die ich von der WAG kenne, fuhr von Salzburg ebenfalls nach Wien. Wir hatten alle ausreichend Platz. Die Leute konnten ungehindert vorbeigehen und obwohl unser Gepäck wieder neben mir am Boden stand, wurde niemand behindert.

Beim Einsteigen in Linz klemmte am Hebelift eine Leiste, die ein ÖBB-Bediensteter mit einer „nicht sachten Fußbewegung“ zu reparieren versuchte. Das gelang ihm zwar nicht, aber irgendwie kam ich trotzdem hinauf und ich konnte ungehindert einsteigen.

Ich war sehr überrascht, als in St. Pölten ein ÖBB-Techniker zustieg und den Schaden behob. Bei der Anfahrt knapp vor Wien wurde ich dann noch einmal überrascht. Obwohl meine Assistentin Barbara beim Anziehen der Jacke behilflich sein wollte, ließ sich dies der Zugbegleiter mit den Worten „das ist ja selbstverständlich“ nicht nehmen.

So endete meine erste Railjet Reise Wien-Linz-Wien nicht nur mit positiven Überraschungen, sondern auch mit der Überzeugung, dass ich jetzt öfters „railjeten“ werde.

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