Offener Brief an Stadträtin Sonja Wehsely

Sehr geehrte Frau Stadträtin!

Aktion: Pflegegeld retten
ÖAR

Im Standard von heute 16. September 2010 steht ein Zitat von Ihnen zu lesen: „Das Pflegegeld ist nicht geschaffen worden, damit Mopeds vom Enkel finanziert werden. Das ist zwar nicht die Regel, kommt aber auch vor.“

Diese Aussage finde ich erstens falsch und zweitens unverantwortlich, da sie pauschal alle Pflegegeldbezieher als mögliche Sozialschmarotzer abstempelt.

Meine Frage daher an Sie:

Welche konkreten Fälle kennen Sie? Haben Sie diese Fälle bereits den zuständigen Behörden gemeldet?

Dies wäre die richtige Vorgangsweise und nicht Ihre in den Medien geäußerte Pauschalverdächtigung.

Weiters lese ich:

„Wir müssen schauen, wie garantiert werden kann, dass das Pflegegeld auch für Pflege, nämlich professionelle Pflege, verwendet wird.“

Heißt das, Sie treten für eine massive Pflegegelderhöhung ein?

Denn für vier Euro pro Stunde (inkl. aller Steuern und Abgaben), werde ich kaum professionelle Hilfe in Anspruch nehmen können. Ergibt sich aus: Pflegegeld der Stufe 4 beträgt dzt Euro 664,30. Dies für einen Pflegeaufwand von 160 Stunden im Monat.

Bin selbst betroffen und in der österreichischen Behindertenbewegung tätig – u.a. als beratendes Mitglied im Bundespräsidium des Österreichischen Zivil-Invalidenverbandes (ÖZIV) in Wien. Ich persönlich kenne viele behinderte Menschen, die Pflegegeld beziehen. Es sind aber keine Fälle, wie Sie sie vermuten.

Jene Pflegegeldbezieher, die ich kenne, haben viel mehr damit zu kämpfen, dass das ausbezahlte Pflegegeld die Kosten der Pflege nur teilweise abdeckt. Lt. Rechnungshof deckt es maximal 58 Prozent der realen Kosten, in den unteren Pflegestufen oft nicht einmal 20 Prozent.

Wir vermissen auch die jährliche Erhöhung des Pflegegeldes (Valorisierung). Die sporadischen Erhöhungen der letzten Jahre – immer im Zusammenhang mit Nationalratswahlen – wiegen die Inflation nicht auf. Der reale Wert der ausbezahlten Beträge hat seit 1993 um 21,6 Prozent an Kaufkraft/“Pflegekraft“ verloren.

Als Politikerin einer SOZIALdemokratischen Partei, sollten Sie sich Gedanken darüber machen, wie die Lage behinderter Menschen verbessert werden kann und diese nicht pauschal diffamieren. Nach dem Motto: Ein bisschen was bleibt schon hängen.

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