„Wir wollen nicht verwahrlosen!“

SLI Oberösterreich fordert sofortige Ausweitung Persönlicher Assistenz

Persönliche Assistentin hilft im Badezimmer
SLI OÖ

Unter dem Titel „Wir wollen nicht verwahrlosen, sondern selbstbestimmt in Würde leben!“ gab die Selbstbestimmt-Leben-Initiative OÖ gemeinsam mit der Interessenvertretung der AuftraggeberInnen von Persönlicher Assistenz am 24. September 2010 im Rahmen der Fachmesse „integra“ in Wels eine Pressekonferenz.

Dabei wurde auf die dramatische Situation von jenen Personen in Oberösterreich hingewiesen, die dringend Persönliche Assistenz brauchen würden, aber keine bekommen können, weil das Land dafür derzeit keine Mittel mehr zur Verfügung hat.

„Als im Herbst 2009 erstmals klar wurde, dass die Mittel des Landes OÖ für einen weiteren Ausbau der Persönlichen Assistenz 2010 nicht mehr ausreichen werden, war es noch nicht abschätzbar, wie dramatisch sich dies konkret auf die Betroffenen auswirkt, die bei der Bewältigung ihres Alltages auf Persönliche Assistenz angewiesen sind“, erklärt Mag.a Karin Kaufmann vom Vorstand der SLI OÖ, die selbst eine Auftraggeberin der Persönlichen Assistenz ist.

Derzeit haben nicht nur jene, die eine Persönliche Assistenz neu beantragen, keine Aussicht auf diese Dienstleistung. Auch bestehende Assistenzleistungen können bei Bedarf nicht ausgeweitet werden.

Viele AuftraggeberInnen der Persönlichen Assistenz haben eine fortschreitende Beeinträchtigung und/oder sind von sich verändernden Lebensumständen betroffen. Das bedeutet eine Zunahme des Assistenzbedarfes.

„Von 25 der bestehenden AuftraggeberInnen wissen wir, dass sie mit dem ihnen zugesprochenen Assistenzstunden nicht das Auslangen finden“, erklärt der Geschäftsführer der Persönlichen Assistenz GmbH, DSA Günther Breitfuß MAS. Die Persönliche Assistenz GmbH ist in Oberösterreich der verantwortliche Träger.

„Ich kann derzeit nur 4 Stunden Persönliche Assistenz pro Woche in Anspruch nehmen, obwohl ich schon vor über einem Jahr um eine Aufstockung angesucht habe“, erklärte Wilhelm Endl verzweifelt bei der Pressekonferenz. Herr Endl ist wegen Multipler Sklerose immer intensiver auf Hilfe angewiesen.

Bei einzelnen Personen ist die Situation inzwischen mehr als fatal. Dies betrifft vor allem den Bereich der Grundversorgung (z.B. Hilfeleistungen bei An-/Auskleiden, Körperpflege und Nahrungsaufnahme).

„Ich fühle mich im Stich gelassen und abgeschoben. Beim Land OÖ erklärte man mir, dass derzeit keine Aussicht darauf besteht, in absehbarer Zeit Persönliche Assistenz bekommen zu können“, erklärte die Rollstuhlfahrerin Ingeborg Kuppek bei der Pressekonferenz. Frau Kuppek wartet nun schon seit über einem Jahr darauf, Persönliche Assistenz zu bekommen.

Hätte Frau Kuppek eine Woche früher um Persönliche Assistenz angesucht, hätte sie die Assistenzstunden noch zugesprochen bekommen. „Davon, dass ich vom Land OÖ in Dringlichkeitsstufe 1 eingestuft wurde, habe ich jetzt nichts“, ist Frau Kuppek verärgert.

120 Personen auf Warteliste

„Inzwischen hat sich oberösterreichweit eine Warteliste von 120 Personen aufgestaut, die dringend Persönliche Assistenz benötigen. Die meisten Betroffenen beantragen Persönliche Assistenz, weil ganz aktuell ein akuter Unterstützungsbedarf besteht“, erklärt DSA Günther Breitfuß MAS.

Laut Sachverständigen des Landes OÖ sind 34 Personen von der Warteliste in der Dringlichkeitsstufe 1. 16 Personen von der Warteliste sind noch gar nicht eingestuft. Die Dringlichkeitsstufe 1 wird nicht leichtfertig vergeben und bedingt den Wegfall der bestehenden Betreuungspersonen oder eine Verwahrlosungsgefährdung, weil die notwendige Versorgung nicht gewährleistet ist.

„Der vermeintliche Anspruch aus dem OÖ Chancengleichheitsgesetz auf Persönliche Assistenz nützt den Betroffenen nichts, denn dieser gilt nur, soweit das Land OÖ dafür Mittel beschließt“, erklärt DSA Günther Breitfuß MAS.

Einsparung gefährdet Selbstbestimmung und kann zu Verwahrlosung führen

„Wenn Menschen mit Behinderung, die einen Bedarf an Persönlicher Assistenz haben, diese Dienstleistung mangels Ressourcen nicht in Anspruch nehmen können, besteht die Gefahr, dass sie verwahrlosen oder entgegen ihrer ursprünglichen Lebensplanung keine Alternative mehr zu einer stationären Einrichtung finden. Dann ist es endgültig vorbei mit deren Eigenverantwortung und selbstbestimmter Lebensgestaltung“, meint Alfred Prantl von der Interessenvertretung der AuftraggeberInnen von Persönlicher Assistenz.

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Weiters hat die Nichtausweitung der Persönlichen Assistenz langfristig auch volkswirtschaftliche negative Auswirkungen: Immer mehr Betroffene werden notgedrungen auf den illegalen Schwarzmarkt zurückgreifen, um ihre Bedürfnisse abdecken zu können. Dass durch ein Anwachsen der Schwarzarbeit im Behindertenbereich der öffentlichen Hand viele Einnahmen entgehen würden, liegt auf der Hand.

Bisherige Reaktionen seitens der Politik

Die Selbstbestimmt-Leben-Initiative OÖ und die Interessenvertretung der AuftraggeberInnen von Persönlicher Assistenz haben bereits am 23. August 2010 alle im Landtag vertretenen Parteien über die dramatische Situation schriftlich informiert und um eine Stellungnahme dazu gebeten. Reagiert darauf haben bisher die SPÖ, die Grünen und die FPÖ.

SLI OÖ fordert den sofortigen Ausbau der Persönlichen Assistenz!

Die Selbstbestimmt-Leben-Initiative OÖ und die Interessenvertretung für AuftraggeberInnen der Persönlichen Assistenz fordern daher von allen politisch verantwortlichen Entscheidungsträgern des Landes OÖ eine sofortige bedarfsgerechte Ausweitung der Persönlichen Assistenz durch die Bereitstellung der dazu erforderlichen finanziellen Mittel, damit die drohende Gefahr der Verwahrlosung von Menschen mit Behinderung abgewehrt werden kann.

„Personen in Dringlichkeitsstufe 1 müssen sofort Persönliche Assistenz erhalten, die restlichen AntragstellerInnen sollen Persönliche Assistenz in absehbarer Zeit erhalten, und bereits bestehende AuftraggeberInnen müssen die Möglichkeit haben, das Ausmaß Ihrer Persönlichen Assistenz je nach Bedarf zu erweitern“, erklärt Mag.a Karin Kaufmann von SLI OÖ.

Menschen mit Behinderung haben ein Recht auf ein Leben in Würde und auf Selbstbestimmung in allen Bereichen ihres Lebens!

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