BIZEPS-Stellungnahme zur Novelle des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes

Schon seit Inkrafttreten des BGStG ist einer der größten Mängel des Gesetzes, der fehlende Anspruch auf Beseitigung baulicher Barrieren. Faktisch ist es laut Gesetz nur möglich, Schadenersatz vom Gericht zugesprochen zu bekommen.

Rollstuhl vor Paragraphenzeichen
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BIZEPS hat in den letzten 4,5 Jahren eine Vielzahl von Personen bei Schlichtungen begleitet und unterstützt. Eine Erfahrung bei diesen Schlichtungsverfahren war der Umstand, dass den Unternehmen sehr wohl bewusst war, dass eine gesetzlich normierte Übergangsfrist besteht, die Ende 2015 abläuft.

Die nun zur Begutachtung vorgelegte Novelle widerspricht gänzlich den Erfahrungen aus der Praxis. Es werden damit jene belohnt, die bisher keine oder unzureichende Maßnahmen gesetzt haben.

Die vom Gesetzgeber im Jahr 2005 festgesetzten Übergangsfristen von 10 Jahren sind nun zur Hälfte verstrichen und sollen im Jahr 2010 auf Anfang 2020 ausgedehnt werden. Dies bedeutet faktisch wiederum eine 10 jährige Übergangsfrist und stellt somit ein völlig falsches Signal dar.

Eine aktive Gleichstellungspolitik hätte – aufbauend auf den bisher gesammelten Erfahrungen (bekanntlich läuft gerade die Evaluierung des BGStG) – die Aussonderung behinderter Menschen durch Barrieren aktiv bekämpft und beispielsweise einen Beseitigungsanspruch normiert.

Als Begründung wurde in den Erläuterungen zu dieser Novelle genannt: „Die Herstellung der Barrierefreiheit im Zusammenhang mit bestehenden Bauwerken und öffentlichen Verkehrsmitteln hat sich in der Praxis als sehr komplex erwiesen, sodass eine Verlängerung der Übergangsfristen für bestehende Barrieren erforderlich ist, wobei eine weitere Stufe für das sukzessive Inkrafttreten eingezogen werden soll.“

Dieser Argumentation können wir nicht folgen, weil einerseits jene Ministerien, die sich angeblich für eine Verlängerung der Übergangsfristen einsetzten, alle Etappenpläne erstellt haben und bisher keine Verzögerungen rückmeldeten.

Am 5. Oktober 2010 beschloss die Bundesregierung andererseits noch folgenden Text, der im Rahmen des „Staatenberichts zur Umsetzung zur UN-Behindertenrechtskonvention“ an die UNO übersandt wurde: „Für bauliche Barrieren und Barrieren im Zusammenhang mit öffentlichem Verkehr regeln Übergangsbestimmungen die stufenweise Ausweitung des Anwendungsbereichs des Gesetzes. Mit 1. Jänner 2016 laufen sämtliche Übergangsregelungen aus.“

Wir gegen davon aus, dass zwischen 5. Oktober und 28. Oktober 2010 (Vorlage der Novelle) keine relevanten Fakten zur Umsetzung der im Jahr 2006 (!) erstellten Etappenpläne aufgetaucht sind.

Einzig das von der Bundesregierung vereinbarte Sparpaket in Loipersdorf fällt inhaltlich in diesen Zeitraum. Wir sehen es daher als gegeben an, dass die vorgeschlagene Novelle nur aus finanziellen Erwägungen erfolgt.

Verwundert sind wir auch angesichts des „Widerspruchs“, dass in der nun vorliegenden Novelle im Bereichen „Finanzielle Auswirkungen“ vermerkt wird: „Keine relevanten finanziellen Auswirkungen.“

Wie den Medien zu entnehmen ist, dürfte der einzige Grund die erwarteten Einsparungen auf Kosten behinderter Menschen sein. Laut ebenfalls den Medien vorliegenden Informationen haben manche Ministerien massiv im Bereich der Barrierenbeseitigung gekürzt.

Das Unterrichtsministierium erspart sich aufgrund von „Aufschieben der Maßnahmen infolge der Umsetzung des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes“ in den Jahren 2011 bis inkl. 2014 in Summe 85,7 Mio. Euro.

Diese Gesetzesnovelle würde Barrieren weitere 4 Jahre festschreiben und muss daher von BIZEPS schärfstes abgelehnt werden. Abschließend sei erwähnt, dass diese Novelle der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention widerspricht.

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