Schildbürgerstreich beim Karl Marx Hof

Die ORF-Sendung "Bürgeranwalt" vom 2. April 2011 berichtet über die unglaublichen Vorfälle bei einem Rampenbau in Wien. Ein Kommentar.

Stadien eines Rampenbaus beim Karl Marx Hof in Wien
Meia, Pepo

„Im Wiener Karl Marx Hof sei eine Rampe für Rollstuhlfahrer viel zu steil und daher für Rollstuhlfahrer unpassierbar, ein Schildbürgerstreich der Behörde, meint der Wiener Rollstuhlfahrer Pepo Meia“, lautete die Ankündigung der ORF-Sendung, die wirklich sehenswert war.

Die Anlage vor dem Karl Marx Hof – einer der bekanntesten Gemeindebauten Wiens – war in den vergangenen Monaten eine Großbaustelle, weil eine Tiefgarage gebaut wurde.

Gefährliche Rampe

Während der Bauarbeiten auf dem „12.-Februar-Platz“ vor dem Karl Marx Hof wurde auch eine Rampe über die Stiegen zur Anlage errichtet. Diese Rampe sei ein Witz, ärgert sich Pepo Meia.

Laut ÖNORM dürfen Rampen eine Steigung von maximal 6 % haben. Laut Berechnungen des ORF hatte die beanstandete Rampe eine Steigung von fast 40 % (!).

Der Selbstversuch von 2 ORF-Mitarbeitern zeigt es deutlich: Diese Rampe ist gefährlich und unbrauchbar. Für Meia kommt der Bau dieser Rampe einer Verhöhnung gleich, wie er in der Sendung kundtat.

„Nachdem sich Volksanwaltschaft und ORF für den Fall interessierten, hat die Gemeinde Wien reagiert“, informiert der ORF. Die Magistratsabteilung 28 hatte nur schriftlich zu dem Vorfall Stellung genommen.

Das Schreiben war von Peter Resetarits von der Sendung „Bürgeranwalt“ auszugsweise vorgelesen worden: Die Rampe würde „nur ein Provisorium darstellen und wurde auf Wunsch eines Rollstuhlfahrers hergestellt. Eine ordnungsgemäße behindertengerechte Erschließung des angesprochenen Gebietes war aufgrund des Baus der Tiefgarage nicht möglich“. Die MA 28 hatte weiters angekündigt, dass eine barrierefreie Rampe „Anfang April“ zur Verfügung stehen werde.

Neugebaute Rampe wieder nicht barrierefrei?

Und wirklich war knapp vor der Sendung heftig gebaut worden. Doch entspricht die Rampe wieder nicht der ÖNORM, erläutert Meia und erklärt in der Sendung, dass die vorgeschriebenen Zwischenpodeste bei der sehr langen Rampe fehlen.

Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek brachte es in der Bürgeranwaltsendung auf den Punkt: „Alles miteinander mehr als ärgerlich bzw. ungesetzlich.“ Sie erinnerte daran, dass bei der Erneuerung des Bereichs auf den barrierefreien Zugang vergessen worden war und dann ein „Provisorium“ errichtet wurde, „das nicht tauglich war“.

Aus ihrer Sicht wurde die Rampe im Nachhinein zum „Provisorium“ erklärt. Dann wurde nachträglich um viel Geld eine Rampe gebaut, die wieder nicht der ÖNORM entspricht. Weiters moniert sie, dass der mit einem Lift versehene Ausgang der Garage weit von der Rampen weg ist.

Aber vielleicht wird die Magistratsabteilung 28 nur gründlich missverstanden und die jetzige Rampe ist auch nur ein Provisorium, bis sich der zuständige Mitarbeiter eine aktuelle Ausgabe der einschlägigen ÖNORM besorgt hat, könnten sich Seher der Sendung fragen.

Wien fördert Garagenbau großzügig

Bezirksvorsteher Adolf Tiller meinte dazu: „Die Errichtung dieser Tiefgarage ist eine Investition in die Zukunft und Erhaltung der Lebensqualität für die BewohnerInnen im und um den Karl Marx-Hof.“

Die Stadt Wien fördert den Bau von Garagen seit Jahren großzügig. „Der Errichter erhält für 50 Jahre einen 85-prozentigen zinsenfreien Kredit“, berichtete kürzlich das Wirtschaftsblatt.

ORF-Beitrag

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4 Kommentare

  • Eine Schande, daß man nicht mal eine gesetzeskonforme Rampe bauen kann. Wo man doch nur nachlesen muß, wie es richtig geht. Woher kamen den die falschen Maße?
    Aber das Steuergeld das kann man verschwenden. Ist ja nix Eigenes. Tut nicht weh. Muß auch niemand für seine Fehler bezahlen.

  • Die Vorgänge im Karl Marx-Hof sind typisch für die Denkweise eines Großteils des Magistrats und seiner Beamten. Es zählt einzig das Auto. Es müssen großzügig Stellplätze geschaffen werden, aber nicht um das Geld der Autofahrer, nein, überwiegend um das Geld der Nicht-Autobesitzer, die mit ihre Steuergeldern den Garagenwahn bezahlen, an dem nur einige Freunderl sehr kräftig verdienen. An Fußgänger oder gar Behinderte wird kein Gedanke verschwendet, die könnten ja die Autos behindern.
    Man braucht sich nur die Grünzeiten für die Fußgänger bei den Ampeln anzusehen, die bestenfalls für sehr sportliche Fußgänger genügen, aber nicht gehbehinderte Personen, geschweige den für Behinderte. Zur Festlegung der Grünphasen für Fußgänger, müssten einem Beamten der MA46 die Schrittweite seiner Füße auf ca. 30cm eingeengt werden (Schrittweite eine mäßig gehbehinderten Person) und an eine Hand ein quengeliges ca. 3-jähriges Kind und in die andere Hand eine 5kg-Einkaufstasche gegeben werden. Dannn soll er schauen, wie er in den derzeitigen Grünphasen über die sTrasse kommt.

    • Die Antwort kommt spät. Wahrscheinlich sind sie kein Autobesitzer, oder vielleicht auch nicht mehr.
      Mir gefällt, wie sie über die Grünphasen denken und auch wie sie es beschrieben haben.
      Mir gefällt nicht, wie sie über Garagenbauten bezüglich Steuergeld denken. Der Autofahrer zahlt 20% MwSt beim Kauf. Er bezahlt 11% ??Versicherungssteuer für die Haftpflichtversicherung.
      Er bezahlt fast 50% Steuern auf den Kraftstoff. Er bezahlt Autobahnvignette. Der Wiener bezahlt Parkpickerl für seinen Bezirk und darf nicht mal in ganz Wien mit seinem KFZ-Kennzeichen parken. Falls ich was vergessen hab. Ja der CO² irgendwas kommt jetzt noch dazu!

      Also ganz ehrlich, diese Garagen hätte er längst bezahlt.
      Allerdings habe ich oben gelesen, daß der Erbauer einen Kredit zu 85% zinslos erhält.

      Ich wünsche Ihnen alles Gute und würde sagen, erst erkundigen, dann schimpfen. Über das Parkticket, wird auch der Kredit zurückgezahlt. Also wer zahlt die Garage schlußendlich? Der Benützer, der Autofahrer, GENAU.

  • … wien …. wien … „nicht“ nur du allein ….