Am Europäischen Protesttag fordern heute Menschen mit Behinderungen, ihre Rechte nicht länger zu missachten. Von kobinet-Korrespondent Franz Schmahl
Soziale Teilhabe statt Sozialabbau – das ist die Botschaft vielfältiger Aktionen an die Regierenden. Triebfeder bleibt die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen, in vielen Ländern schon ratifziert, aber als geltendes Recht noch lange nicht umgesetzt.
In Deutschland hat die Antidiskriminierungsstelle mehr Anstrengungen für eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben verlangt. Deren Leiterin, Christine Lüders, verwies darauf, dass Menschen mit Behinderung immer noch in vielen Lebensbereichen benachteiligt werden, etwa wenn es um Einladungen zu Vorstellungsgesprächen gehe. Häufig betroffen seien aber auch die Bereiche Bildung und Ausbildung, Freizeit, Wohnen und Barrierefreiheit. „Dass es trotz aller Fortschritte in den vergangenen Jahrzehnten immer noch große Probleme gibt, spüren wir auch in unserer täglichen Beratungspraxis“, so Lüders.
Renate Reymann, Präsidentin des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (DBSV), forderte die konsequente Beseitigung von Barrieren im Internet. „Behinderte Menschen sind keine Bürger zweiter Klasse. Wir haben ein Recht auf zugängliche Informationen“, betonte Reymann und bezog sich auf die nicht erfüllte, aber längst schon erneuerungsbedürftige Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV) nach dem Behindertengleichstellungsgesetz: „Die öffentliche Verwaltung ist verpflichtet, ihre Webangebote barrierefrei zu gestalten. Verstößt sie gegen die gesetzlichen Vorgaben, ist dies ein öffentlicher Affront gegen behinderte Menschen.“
Behinderte Menschen bleiben in der aktuellen Diskussion außen vor, wenn sie sich nach der Atomkatastrophe in Japan auf der Webseite des Bundesamtes für Strahlenschutz informieren wollen. Denn die Behörde ist beim aktuellen BITV-Test mit dem Ergebnis „schlecht zugänglich“ schlicht durchgefallen.
Auf YouTube und über weitere neue Medien hat sich in wenigen Tagen der Rapsong eines jungen Mannes vom Holländerhof in Flensburg verbreitet, der im Klartext alle wichtigen Forderungen zu diesem Protesttag vorgebracht hat. Bei der Demo in Kiel wird Jeff Bam Hayoukid heute seinen Song erstmals live performen. Jeff ist wenig mehr als 20 Jahre alt. Er gehört einer Generation an, die in der sich formierenden Bewegung für Behindertenrechte mitreden will und muss.