Parlament vor Umbau: Nun wirklich?

Der Parlamentsumbau entwickelt sich immer mehr zum Synonym für die mangelnde Gestaltungsfähigkeit der angeblich großen Koalition aus SPÖ und ÖVP. Ein Kommentar.

Baugerüst im Nationalratssitzungssaal
Parlamentsdirektion/Michael Buchner

Das Parlament ist eine Baustelle – und eine gefährliche noch dazu. Es regnet hinein und nun musste der Plenarsaal sogar wegen Einsturzgefahr der Glasdecke im Sommer gesperrt werden. Weiters sind die Wasserleitungen leck und Lifte nicht mehr wirtschaftlich betreibbar. Betriebsbewilligungen laufen ab.

Auch bei der Barrierefreiheit fehlt es überall. Seit Jahren wird von den Behindertensprecherinnen und -sprechern der Parteien gefordert, dass im Rahmen des dringend notwendigen Umbaus des Parlaments Barrierefreiheit geschaffen wird.

Umbau immer wieder verschoben

Doch damals – im Jahr 2007 – sträubte sich die ÖVP gegen die Kosten des Umbaus in der Höhe von 70 Mio. Euro. Für Nationalsratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) war das „kein gutes Signal des Gesetzgebers„. Ergebnis: Umbaupläne wurden gestoppt.

2008 wurde wieder versucht, den Umbau anzugehen. Die Ergebnisse eines Architektenwettbewerbs wurden präsentiert und Nationalratspräsidentin Prammer hielt fest, dass neben der der absoluten Sanierung für sie die Schaffung von Barrierefreiheit „einer der zentralsten Punkte ist„.

Doch wenig später erfolgte der überraschende Rückzieher. Der Umbau wird verschoben, so Prammer im Ö1-Interview im Jänner 2009. Die mehrfach vorgebrachte Kritik an dieser Entscheidung bewirkte ein Umdenken. Es solle doch umgebaut werden, erfuhr man wenige Wochen später.

Die FPÖ ist wegen den wachsenden Kosten nun gegen den Umbau. Da Nationalsratspräsidentin Prammer eine umfassende Zustimmung möchte, passierte wieder nichts bis wenige Monate später doch wieder ein Umbau möglich schien.

Prammer: „Am Umbau führt kein Weg vorbei“

Für Nationalratspräsidentin Prammer ist es aber nun fix: „Am Umbau führt kein Weg vorbei„.

Auch die 30 Aufzüge im Hohen Haus sind so altersschwach, dass einige von ihnen gesperrt werden mussten. Sie einzeln zu sanieren, zahle sich nicht mehr aus, so Hermann Schnell, Mitglied des Architektenteams, das ein Gutachten über den Zustand des Hauses ausarbeitet. Die Kosten werden sich nach derzeitigem Wissensstand bei auf 300 Mio. Euro belaufen.

Auf der Homepage des Parlaments kann man eine Vielzahl von Informationen zum geplanten Umbau herunterladen. Darunter befindet sich auch der Etappenplan bis 2019 (gemäß Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz), weil das Parlament die kürzlich geschaffene Verlängerungsfrist zur Schaffung von Barrierefreiheit ausnützen möchte. Schon für diesen Umstand alleine sollten sich die Abgeordneten schämen.

Entscheidungsschwäche

Der Umbau des Parlaments entwickelt sich immer mehr zu einem Synonym für ein Scheitern der Verwaltungsreform. Viele Jahre wird diskutiert und Konzepte werden erstellt. Schlussendlich traut sich niemand, wirklich vernünftige Lösungen umzusetzen. Erst wenn es wirklich, wirklich nicht mehr anders geht und buchstäblich das Dach über dem Kopf zusammenbrechen könnte, erst dann wird (zaghaft) gehandelt.

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