Molekulare Gentests

"Molekulare Gentests: ethisch bedenklich, öffentlich gefördert", so Oliver Tolmein in seinem Blog für die Frankfurter Allmeine Zeitung.

Oliver Tolmein
Tolmein, Dr. Oliver

Der Hamburger Rechtsanwalt äußert sich zur Entscheidung des von Annette Schavan geleiteten Forschungsministerium, mit etwa 230.000 Euro ein Projekt zur „pränatalen Diagnostik genetischer Erkrankungen“ zu fördern.

Das Geld erhielt die Konstanzer Firma GATC Biotech AG für die Entwicklung eines Schwangerschaftsfrühtests, der ermöglicht, durch eine Untersuchung des von der werdenden Mutter entnommenen Bluts zu klären, ob das ungeborene Kind eine Trisomie 21, also das Down-Syndrom hat. Der Test soll spätestens im Frühjahr 2012 auf den deutschen Markt kommen.

In seinem Blog zur Biopolitik stellt der Fachanwalt für Medizinrecht fest: „Tatsächlich hat der neue Test aus Sicht der Humangenetiker und Gynäkologen erhebliche Vorteile: Er kann in einem frühen Stadium der Schwangerschaft (ab der 10. Woche) durchgeführt werden, er ist nach bislang vorgelegten Studienergebnissen sehr zuverlässig und kann so die Amniozentese, die invasive Fruchtwasseruntersuchung, die ein erhöhtes Fehlgeburtsrisiko mit sich bringt in erheblichem Umfang unnötig machen.“

Die Hemmschwelle zur Durchführung entsprechender Untersuchungen sinke erheblich. „Damit wird gleichzeitig auch der Erwartungsdruck, die nunmehr gebotene Möglichkeit auch zu nutzen spürbar erhöht: Mag angesichts der Gefahr einer Fehlgeburt die Frau, die keine Amniozentese will, obwohl sie zu einer als Risikogruppe definierten Menge gehört, noch auf ein gewisses Verständnis stoßen, wird dieses beim Fehlen einer solchen Gefahr kaum noch anzunehmen sein -insbesondere, wenn angesichts belasteter Sozialversicherungskassen die ökonomischen Erwägungen an Bedeutung gewinnen oder die Bereitschaft zur guten Versorgung von Menschen mit angeborenen Behinderungen sinkt“, so Tolmein.

Ein Klima von „Machbarkeitswahn“ und „Perfektionsdrang“ wird nach Ansicht Tolmeins durch niedrigschwellige Testangebote, wie sie jetzt auf den Markt drängen, gefördert: „Wieso das Bundesforschungsinisterium diese Entwicklung auch noch finanziell unterstützt ist schlecht nachvollziehbar.“

Der Anwalt befürchtet, dass ein hart erkämpftes und im Grundsatz gut gedachtes Gesetz, wie das Gendiagnostikgesetz (GenDG), das gerade die besinnungslose und screenungsgleiche Anwendung pränataler Tests mit seinem § 15 GenDG verhindern sollte, angesichts neuer Entwicklungen in weiten Teilen wirkungslos zerbröseln wird.

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