Wiener Monitoringausschuss beginnt mit der Arbeit

Am 4. Oktober 2011 findet die konstituierende Sitzung des Wiener Monitoringausschusses zur Überwachung der UN-Behindertenrechtskonvention statt. BIZEPS-INFO interviewte im Vorfeld das Ausschuss-Mitglied Klaus Widl.

Klaus Widl
Widl Klaus

BIZEPS-INFO: Am 4. Oktober 2011 findet die konstituierende Sitzung des Wiener Monitoringausschusses zur Überwachung der UN-Behindertenrechtskonvention statt. Wie kam es dazu?

Klaus Widl: Im Vorjahr wurde das Wiener Antidiskriminierungsgesetzes novelliert und zu Recht als großer Wurf bezeichnet, da es sich nicht nur über weite Strecken am Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz orientiert, sondern sogar darüber hinaus deutliche Fortschritte für die Gleichstellung bzw. im Diskriminierungsschutz für Menschen mit Behinderung beinhaltet.

Harte, aber durchaus konstruktiv geführte Verhandlungsgespräche der „Wiener Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung“ mit den verantwortlichen Vertretern der Wiener Landesregierung haben dazu geführt, dass die „Schaffung eines Gremiums aus selbst betroffenen ExpertenInnen zur Förderung, zum Schutz und zur Überwachung der Einhaltung des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ letztlich doch noch in die Gesetzesnovelle zur Bekämpfung von Diskriminierung aufgenommen wurde.

Wien ist damit das erste Bundesland, welches einen – entsprechend der Vorgaben der UN-Konvention – weisungsfreien Landes-Monitoringausschuss eingerichtet hat und gilt diesbezüglich wieder mal als Vorreiter. Nächste Woche nimmt der Ausschuss seine Arbeit auf.

BIZEPS-INFO: Wie setzt sich der Wiener Monitoringausschuss zusammen?

Klaus Widl: Der Ausschuss setzt sich aus vier Vertreter/innen der organisierten Menschen mit Behinderung, aus einem/er Experten/in einer anerkannten im Bereich der Menschenrechte tätigen gemeinnützigen Nichtregierungsorganisation und einem/er Experten/in aus dem Bereich der wissenschaftlichen Lehre sowie jeweils einem Ersatzmitglied, also insgesamt aus 12 Personen zusammen. Der Ausschuss ist bei der Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen angesiedelt.

BIZEPS-INFO: Was ist der Zweck des Wiener Monitoringausschusses?

Klaus Widl: Wie schon erwähnt, wurde die Wiener Monitoringstelle zwecks Überwachung  der Einhaltung und der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention eingerichtet.

Um es aber etwas konkreter und anschaulicher darzustellen: Der Ausschuss kann beispielsweise Stellungnahmen von Organen der Verwaltung einholen, er kann Verstöße gegen die Konvention aufzeigen oder auch Empfehlungen und Stellungnahmen betreffend die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Zusammenhang mit Angelegenheiten der UN-Konvention abgeben.

Aufgaben und Ziele

BIZEPS-INFO: Welche Aufgabe und Ziele haben Sie als Mitglied des Wiener Monitoringausschusses?

Klaus Widl: Außer den ohnehin bereits aufgezeigten Aufgaben halte ich persönlich die enge Einbindung von Menschen mit Behinderung für besonders wichtig. Es gilt also zu beobachten, ob bei der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften, die Menschen mit Behinderungen betreffen, diese im Sinne der in der UN-Konvention festgeschriebenen Partizipation entsprechend einbezogen werden. Sollte gegen den Partizipationsgrundsatz verstoßen werden, ist dies mit Verweis auf  Art. 4 Abs. 3 der UN-Konvention mit entsprechendem Nachdruck einzufordern.

Ich denke, dass Menschenrechte und deren Einhaltung in manchen Ländern, wie zum Beispiel in den USA, Kanada und Australien, aus geschichtlichen Hintergründen einen wesentlich höheren Stellenwert als zum Beispiel in europäischen Ländern haben.

Es gilt daher, das Selbstbewusstsein von Menschen mit Behinderung dahingehend zu stärken, sie raus aus ihrer Bittstellerrolle hin zu einem selbstbestimmteren und selbstbewussteren Auftreten zu führen. Grundsätze, wie Inklusion, volle gesellschaftliche Teilhabe, Chancengleichheit und Selbstbestimmung, müssen als selbstverständliche Menschenrechte angesehen, und vor allem auch gelebt werden!

Konvention in ALLEN Teilen des Staates überwachen

BIZEPS-INFO: Warum gibt es – zusätzlich zum Monitoringausschuss auf Bundesebene – nun auch einen für Wien?

Klaus Widl: Zuerst möchte ich darauf hinweisen, dass die UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtend einen Mechanismus zur Überwachung ihrer Einhaltung vorsieht, konkret eine unabhängige Stelle. Im Vergleich zu anderen bestehenden Menschenrechtskonventionen stellt dies eine besondere Innovation dar.

Vor beinahe 3 Jahren – Österreich hat sie ja im Oktober 2008 ratifiziert – wurde daher auf Bundesebene der „Unabhängige Monitoringausschuss zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Österreich“ eingerichtet.

Der Bundes-Monitoringausschuss ist, wie der Name schon sagt, für die Angelegenheiten des Bundes in Sachen Überwachung der UN-Behindertenrechtskonvention zuständig. In Artikel 4, Abs. 5, steht aber ganz explizit festgeschrieben, dass das Übereinkommen für ALLE Teile eines Bundesstaates gilt, und zwar ohne Einschränkung oder Ausnahmen. Da die Umsetzung und Einhaltung der UN-Konvention daraus folgend auch die Bundesländer betrifft, war die Festschreibung einer Monitoringstelle auf Wiener Landesebene aus meiner Sicht eine logische und wichtige Konsequenz.

Blick in die Zukunft

BIZEPS-INFO: Blicken wir fünf Jahre in die Zukunft. Was muss der Wiener Monitoringausschuss erreicht haben, damit Sie sagen können: „Ja, unsere Arbeit hat sich gelohnt.“

Klaus Widl: Wenn wir in den nächsten fünf Jahren dem Zweck der UN-Behindertenrechtskonvention, nämlich den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und vor allem zu gewährleisten, insofern näher gekommen sind, dass Grundsätze, wie Selbstbestimmung, Inklusion, volle gesellschaftliche Teilhabe, Barrierefreiheit und Chancengleichheit als selbstverständliche Menschenrechte verstanden werden, könnten wir sehr stolz auf unsere Arbeit zurückblicken.

BIZEPS-INFO: Wir danken für das Interview.

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