Wie geht es weiter mit dem Nationalen Aktionsplan?

Am 27. Februar 2012 lud das Sozialministerium zu einer Informationsveranstaltung in das Kardinal-König-Haus in Wien. Ein Rückblick.

Eindrücke von der NAP-Sitzung 20120227
Axel Blaas und BIZEPS

Rund 140 Personen waren der Einladung gefolgt und diskutierten den ganzen Tag über die Inhalte des Entwurfes zu einem Nationalen Aktionsplan für Menschen mit Behinderungen. (Siehe Fotos von der Veranstaltung)

In seinem Einführungsreferat hielt Sektionschef Mag. Manfred Pallinger (Sozialministerium) fest, dass der Nationale Aktionsplan (NAP) „kein Gesetz, sondern ein strategisches Rahmenprogramm“ darstellt.

Dies ist auch deswegen notwendig, weil „das Behindertenkonzept der österreichischen Bundesregierung“ schon aus dem Jahr 1992 ist. „Es ist Zeit eine neue strategische Ausrichtung festzulegen“, stellte der Sektionschef klar.

Was bisher geschah?

In einem kurzen Rückblick erinnerte er an die bisherigen Schritte.

  • Im Oktober 2010 erfolgte im Ministerrat ein Beschluss, einen Nationalen Aktionsplan Behinderung zu erstellen (anlässlich eines Berichts zum Staatenbericht von Österreich an die UNO). Minister Hundstorfer hatte diese Vorgangsweise angekündigt.
  • Im Dezember 2010 wurde der Bundes-Behindertenbeirat darüber informiert.
  • Im Februar 2011 fand eine diesbezügliche Auftaktveranstaltung statt.
  • Im März 2011 trafen einander Bund und Bundesländer, mit dem Ergebnis, dass der Bund beginnen soll.
  • Im Mai 2011 wurde ein „Raster für die Erstellung eines Nationalen Aktionsplans“ – also eine Art Arbeitsdokument – an die Bundesministerien versandt, damit diese Ausgangslagen, Zielsetzungen, Indikatoren und Maßnahmen einfügen. Bis Oktober dauerte der Prozess der Rückmeldung und Einarbeitung.
  • Im November 2011 wurde der Bundes-Behindertenbeirat darüber informiert.
  • Im Jänner 2012 erfolgte der Versand des Entwurfes mit der Bitte um Stellungnahme.
  • Im Februar 2012 wird nun die zweite Tagung zum NAP abgehalten.

Wie geht es weiter?

Die Rückmeldungen seitens der Zivilgesellschaft auf den Entwurf waren umfangreich, berichtete Dr. Max Rubisch (Sozialministerium). Bisher sind rund 70 Stellungnahmen eingelangt. Es besteht noch die Möglichkeit, bis 12. März eine Stellungnahme abzugeben, weil mehrfach die Bitte um eine Fristverlängerung kundgetan wurde.

Er erwähnte auch, dass der NAP ein politisches Programm ist, das die UN-Behindertenrechtskonvention umsetzen soll. Die Konvention müsse auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene umgesetzt werden, erinnerte Rubisch.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfuhren auch, dass es schon bei der Erstellung des NAP-Entwurfes zu Problemen gekommen sei. Das Finanzministerium habe beispielsweise festgehalten, dass es „kein zusätzliches Geld“ für die Umsetzung geben wird, berichtete er und erzählte auch, dass einige Ministerien rückgemeldet hätten, kein Geld für die Umsetzung zu haben.

Bundesländer machen (noch) nicht mit

Auch die Bundesländer – so erfuhr man mehrfach bei der Veranstaltung – haben sich aus dem Prozess ausgeklinkt. Man werde aber versuchen, nochmals mit ihnen zu diskutieren und die Vorgangsweise politisch abzustimmen.

Zu Problemen führt beispielsweise, dass bei den Umsetzungsmaßnahmen die Bundesländer erwähnt werden, diese aber keine wie auch immer gearteten Zusagen abgegeben haben. In Hintergrundgesprächen war – sowohl von Bundes- als auch Länderseite – zu erfahren, dass die Bundesländer sich derzeit nicht einbringen und evtl. nach Fertigstellung des NAP entscheiden, ob sie sich an dessen Umsetzung beteiligen.

Eine Umsetzung eines Nationalen Aktionsplans ohne den Bundesländern ist aber schon von Grund auf zum Scheitern verurteilt, weil wesentliche Bereiche in die Kompetenz der Bundesländer fallen (beispielsweise Behindertenhilfe und Bauordnung).

Ablauf der Veranstaltung

Nach den einleitenden Referaten von Vertretern des Ministeriums (Pallinger, Rubisch) konnten Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft im Rahmen von 9 Impulsreferaten Stellung zu den Handlungsnotwendigkeiten nehmen.

Zu Mittag erfolgte eine Poster-Präsentation im Foyer und nach dem Mittagessen wurde in Arbeitsgruppen (Barrierefreiheit, Inklusive Bildung sowie Selbstbestimmtes Leben) ausgiebig weiterdiskutiert. Drei Abschlussreferat (ÖAR, Monitoringausschuss und Behindertenanwaltschaft) bestimmten das Ende der Veranstaltung.

Mag. Michael Svoboda (ÖAR) sieht in dem Entwurf einen pragmatischen und keinen rechtsphilosophischen Ansatz zur Umsetzung von Menschenrechten. Ihm sind die Zeithorizonte zur Umsetzung teilweise zu lang und er sieht auch die Bundesländer gefordert. „Es wird auch an uns liegen, die UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen“, meinte er abschließend.

2008 war man sich einig, dass die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention nur ein Formalakt ist, erinnerte Dr. Christina Meierschitz (Monitoringauschuss) und zeigte sich erfreut, dass nun – 4 Jahre später – ein Aktionsplan als Entwurf vorliegt. Es fehlen aber noch durchgehend Indikatoren sowie Zeitpläne. Auch stellte sie einige Fragen wie beispielsweise: „Werden behinderte Menschen bei der Erstellung des Planes am Runden Tisch gleichberechtigt eingebunden?“

Dem Behindertenanwalt, Dr. Erwin Buchinger, erscheint es wichtig, dass Partizipation wirklich sichergestellt wird und er regte diesbezüglich eine Begleitgruppe an. Auch fehlt derzeit die Konsistenz – sowie die mehrfach erwähnten Indikatoren. Er mahnte die notwendige Verbindlichkeit ein. Ziele dürfen nicht nur qualitativ beschrieben werden, sondern auch müssen mit Zielwerten versehen sein. Auch ein Kontrollmechanismus ist einzuführen – beispielsweise alle 1 bis 2 Jahre eine Überprüfung der Zielerreichung.

Abschließend kündigte Dr. Hansjörg Hofer (Sozialministerium) an, dass nun die Rückmeldungen eingearbeitet werden und dann in einem Abschluss mit den anderen Bundesressorts und den Bundesländern nochmals gesprochen wird. Für Ende Juni 2012 wird auf einen Beschluss des Aktionsplans im Ministerrat gehofft.

Die Veranstaltung wird – laut Information des Sozialministerium – umfassend dokumentiert.

Am Rande

Im Rahmen der Veranstaltung thematisiert Dr. Ursula Naue mit ihrem T-Shirt (vorne, hinten) die mangelden Partizipationsmöglichkeiten der Betroffenen.

Um auf die notwendige Umsetzung des Menschenrechts auf Inklusion hinzuweisen, wurden von Prof. Volker Schönweise und BIZEPS Osterhasen mit Sprüchen zum Nachdenken für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bereitgestellt. Diese fanden großen Anklang.

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