Soll auch in Zukunft behinderten Menschen die Staatsbürgerschaft verwehrt werden?

Wer aufgrund mangelnden Einkommens nicht für seinen Lebensunterhalt sorgen kann, dem wird die österreichische Staatsbürgerschaft verwehrt.

Österreichischer Pass
BMEIA

Eine Voraussetzung zur Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft ist der „hinreichend gesicherte Lebensunterhalt“ aus beispielsweise eignem Einkommen, informiert der Behördenführer help.gv.at.

Dadurch können manche behinderte Menschen keine österreichische Staatsbürgerschaft erhalten. Ein Umstand, der nicht neu ist. Schon im Bericht der Volksanwaltschaft für das Jahr 2010 wird festgehalten, dass somit manchen behinderten Menschen die Möglichkeit zur Erlangung einer österreichischen Staatsbürgerschaft verwehrt bleibt.

Erlangung der Staatsbürgerschaft unmöglich

Seit Ende Mai 2012 beschäftigt das Schicksal einer 36jährigen behinderten Frau nun die Medien, die seit 35 Jahren in Wien lebt. Österreich gewährte ihr damals Asyl, berichtet der Kurier, doch die Staatsbürgerschaft verweigert man ihr.

Früher gab es für solche Situationen einen Ermessensspielraum. Doch dies hat sich geändert. „Das schwarz-blaue Staatsbürgerschaftsgesetz aus dem Jahr 2006 bestraft Behinderte und jene, die aufgrund von Unfällen nicht arbeiten können. Für sie ist die österreichische Staatsbürgerschaft unerreichbar“, zitiert der Kurier die Abgeordneten Alev Korun und Helene Jarmer von den GRÜNEN, die auch weitere ähnliche Fälle nennen.

Die GRÜNEN wollen daher im Innenausschuss des Parlaments am 28. Juni 2012 neuerlich eine Änderung des Gesetzes einfordern. Die Abgeordnete Alev Korun (GRÜNE) hofft nun auf eine Unterstützung der Abgeordneten von SPÖ und ÖVP – laut Tiroler Tageszeitung

SPÖ signalisiert Veränderungswillen

„Der Ermessensspielraum in Sachen Selbsterhaltungsfähigkeit muss dringend erweitert werden“, sagt SPÖ-Behindertensprecherin Ulrike Königsberger-Ludwig. Laut Standard ist dies nun die Forderung des SPÖ-Parlamentsklubs, bestätigt Klubobmann Josef Cap.

Weil der Verfassungsgerichtshof das Gesetz teilweise außer Kraft gesetzt hat, muss es sowieso bis Oktober 2012 novelliert werden. Im Rahmen dieser Novelle könnte diese Änderung erfolgen – wenn auch die ÖVP mitzieht.

Die SPÖ-Behindertensprecherin möchte, dass in Zukunft „Menschen mit Behinderung nicht von dieser Möglichkeit ausgeschlossen werden“ – eine Forderung, die sie auch schon im Vorjahr stellte und festhielt: „Bei der Reparatur sollten vor allem auch Menschen mit Behinderungen berücksichtigt werden.“

Wie reagiert die ÖVP?

Im ÖVP-geführten Innenministerium wurde auf Kurier-Anfrage zunächst betont: „Derzeit ist es nicht geplant, den Passus wieder ins Gesetz aufzunehmen.“ Später hieß es dann: „Wir sind einer Diskussion nicht abgeneigt.“

Tage später kündigt ÖVP-Sicherheitssprecher Günter Kössl im Standard an, dass seine Partei „an einer Lösung mitarbeiten werde“.

„In Fällen wie diesem wäre überlegenswert, das Einkommen der Familie mit zu berücksichtigen“, schlägt etwa ÖVP-Behindertensprecher Franz-Joseph Huainigg vor. Dies würde im vom Kurier aufgezeigten Fall aber auch nicht helfen, entgegnete die SPÖ-Behindertensprecherin umgehend.

UN-Behindertenrechtskonvention fordert Regelung

Artikel 18 „Freizügigkeit und Staatsangehörigkeit“ der Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die Österreich 2008 ratifiziert hat (BGBl. III 155/2008), sieht das Recht auf Staatsbürgerschaft, das einem nicht auf Grund einer Behinderung verweigert werden darf, ebenfalls vor. Es besteht daher dringender Handlungsbedarf.

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