Huainigg: Mehr Rollmopsgefühl in der Behindertenpolitik

ÖVP-Sprecher für Menschen mit Behinderung fordert in seiner Aschermittwochrede ein Update der Politik: Gleichstellung, selbstbestimmtes Leben und Inklusion

Franz-Joseph Huainigg
ÖVP

„Beim Bundesheer heißt es: alles grüßen, was sich bewegt, alles putzen, was sich nicht bewegt“, scherzt der ÖVP-Sprecher für Menschen mit Behinderung und bedauert, dass er einst bei der Musterung für untauglich erklärt wurde. „Das bisschen Elektrorollstuhl, das bisschen Beatmungsgerät, das bisschen Lähmung – das macht mich ja nicht mal fürs Parlament untauglich.“ Die kabarettistische Musterung von Franz-Joseph Huainigg ist auf Youtube zu sehen.

Daher fordert er in seiner heutigen Aschermittwochrede nicht nur die Tauglichkeit beim Bundesheer, sondern auch die Tauglichkeit der Behindertenpolitik upzudaten. „Wir brauchen einen Paradigmenwechsel, weg von Fürsorge, Mitleid und Almosen hin zu Gleichstellung, selbstbestimmtem Leben und Inklusion. Dafür muss vor allem die Persönliche Assistenz  bundesweit einheitlich geregelt werden.“ Huainigg appelliert hier an den Sozialminister: „Lieber Rudi, setz di bitte mit dem Hansi, Franzi, Michi, Erwin, Pepi, Gerhard, Günther, der Gabi und dem Markus zsamm und macht’s was G’scheits.“

Wörtliche Zitate aus den sieben Wahrheiten, die Huainigg heute in seiner Aschermittwochrede im Parlament ansprach:

Neulich sprach mich in der U-Bahn eine ältere  Frau an. „Sind Sie dieser Abgeordnete, der durchgesetzt hat, dass persönliche AssistentInnen Pflegeleistungen durchführen dürfen? Das ist kriminell!“ Ich: „Sind Sie von der Gewerkschaft der Krankenschwestern?“ Die Dame nickte und wandte sich an die Assistentin: „Sie wissen, dass Sie mit Ihrer Tätigkeit für diesen Herrn mit einem Fuß im Gefängnis stehen!“

Ich: „Wollen Sie jetzt übernehmen? Man müsste meine Kanüle eh gleich absaugen.“ Da war sie plötzlich zwischen den Fahrgästen verschwunden.

„In Österreich gibt es 1500 beatmete Menschen, 500 davon haben ein Heimbeatmungsgerät und leben zu Hause. Die Pflegegewerkschaft war immer dagegen, dass persönliche AssistentInnen Pflegetätigkeiten durchführen dürfen. Sie haben 2008 mit Totenscheinen und Särgen vor dem Parlament demonstriert. Wer denn nicht alles sterben wird, wenn Assistentinnen die Atemkanüle absaugen dürfen. Ich kann verstehen, dass die Krankenschwester neulich in der U-Bahn schockiert war, da ich noch immer lebe. Aber es sollten noch mehr beatmete Menschen zu Hause leben können. Dazu braucht es bessere Unterstützung und Einschulung der pflegenden Angehörigen, einen leichteren Übergang vom Krankenhaus nach Hause, und beatmete Kinder müssen den Kindergarten und die Schule besuchen können.“

„Wenn es um Lebensperspektiven geht, fällt mir auch die 32-jährige Michaela ein, die zum Mittagessen Brei bekommt, obwohl ihre Zähne vollkommen in Ordnung sind. Den ganzen Tag läuft der Fernseher, während sie von ganz anderem träumt. Um 22 Uhr heißt es Licht aus. Nein, Michaela hat nichts verbrochen, sie empfindet aber ihre Wohnumgebung als Gefängnis. Es ist ein Altenheim. Michaela ist kein Einzelfall. Es gibt in Österreich schätzungsweise 1000 junge Menschen, die aufgrund mangelnder adäquater Einrichtungen in Altenheimen leben müssen.“

„Was wir brauchen sind mehr Rollmöpse! Ich meine die Rollmöpse, die ich am Flughafen Berlin kennengelernt habe. Die Flughafen-AssistentInnen dort heißen Rollmöpse und ihr Motto lautet: Geht nicht, gibt’s nicht! Erkennen wir den Rollmops in uns. Beim gemeinsamen Überwinden von Barrieren macht sich in uns ein echt tolles Rollmopsgefühl breit.“

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