Diskussion um Arbeitslosigkeit wird ruppiger – Sozialminister als Bremser

Zahlreiche Vorschläge zur Verbesserung der katastrophalen Beschäftigungssituation werden derzeit in der Öffentlichkeit diskutiert. Auch der Arbeits- und Sozialminister mischt sich ein und fordert ein Ende der Diskussion. Ein Kommentar.

Rudolf Hundstorfer
Sozialministerium

Es gibt an den Zahlen nichts zu beschönigen: Die Arbeitslosigkeit steigt – unter behinderten Menschen noch viel schneller als unter nichtbehinderten Menschen.

Seit 2008 ist Sozialminister Rudolf Hundstorfer für diesen Bereich zuständig und seine Bilanz ist – sagen wir es in aller Deutlichkeit – blamabel.

Tarnen, täuschen und ignorieren

Bei aller Kritik am Sozialminister – was man ihm nicht vorwerfen kann, ist, dass ihm dieses Thema egal wäre. Als ehemaliger ÖGBler hat er natürlich einen Zugang zu diesem Thema. Umsomehr schmerzt seine vernichtende Bilanz im Beschäftigungsbereich von Menschen mit Behinderungenvon 2008 bis heute.

Man mag ja noch verstehen, warum 2010 – übrigens unter kontroverser Diskussion – der Versuch gestartet wurde, den erhöhten Kündigungsschutz nicht nach sechs Monaten, sondern erst nach vier Jahren einsetzen zu lassen. Die Wirtschaft hat das immer gefordert und evtl. hätte es ja auch funktionieren können.

Die gleichzeitig notwendige wirklich deutliche Anhebung der Ausgleichstaxe (bei Nichtbeschäftigung behinderter Menschen) war von Hunstorfer angedacht (von der Behindertenbewegung aber immer verlangt). Als dann sogar noch die von ihm geplante, sehr moderate Erhöhung vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes kritisiert wurde, kam überhaupt nur mehr eine Minierhöhung heraus, die noch immer Welten von dem geforderten Durchschnittslohn entfernt liegt.

Doch die negativen Auswirkungen davon zeigten sich schnell. Schon im ersten Jahr nach der Novelle war überhaupt kein positiver Effekt nachweisbar. Danach wurde dem Bundessozialamt das Budget um rund 15 % gekürzt. Da hieß es noch, dies seien nur Umschichtungen in Richtung AMS, die einer besseren Aufgabenverteilung zwischen AMS und Bundessozialamt dienen würden.

Das AMS musste laufend schlechtere Zahlen melden – „Die neue Regelung gibt es erst seit knapp einem Jahr. Das gehört einmal erprobt, ehe man voreilig Schlüsse zieht“, meinte die Wirtschaft.

Regelmäßig musste das Ministerium vermelden, dass die Gesamtarbeitslosigkeit stieg und die unter behinderten Menschen sogar noch viel stärker als Durchschnitt. Passiert ist – erraten – nichts. Obwohl, ganz stimmt das auch nicht. Das Ministerium begann, die Zahlen schönzureden. Es seien nur statistische Probleme.

Nicht nur Behindertenorganisationen, sondern auch die Arbeiterkammer und der ÖGB sprachen sich für eine Anhebung der Ausgleichstaxe und auch andere Maßnahmen aus.

„Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.“

Diesen Satz machte den Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick populär. Er umschreibt meiner Meinung nach recht gut die derzeitige Situation.

Nicht anders ist die kopflose Haltung des Sozialministers zu erklären. Wegen der Untätigkeit des Ministeriums thematisierte der Behindertenanwalt Hansjörg Hofer den Misstand und trat für eine Änderung des Behinderten-Einstellungsgesetzes ein.

Klaus Voget (Präsident des ÖZIV) stimmte Hofer zu und präzisierte seine Vorstellungen (1.200 Euro Ausgleichstaxe statt 350 Euro) einer Novelle des Behinderten-Einstellungsgesetzes.

Die Wirtschaftskammer wies dies umgehend zurück. Martin Gleitsmann, der Leiter der Sozialpolitik in der Wirtschaftskammer, forderte stattdessen einen Ausbau der Lohnzuschüsse.

Wann gedenkt der Sozialminister aktiv zu werden?

Wer nun denkt, dass der zuständige Sozialminister – wenn schon nicht aktiv – dann zumindest nach dieser Vorlage, das Thema aufnimmt, irrt gewaltig. Er sieht schlicht keinen Handlungsbedarf.

Er „grantelt“ dafür aber herum – berichtet die Presse und spricht davon, jetzt nichts machen zu wollen und auf allfällige Ergebnisse einer Evaluierung zu warten. Er hält weiters fest, dass dieses Nichtstun angeblich auf eine gemeinsame Vereinbarung zwischen Behindertenorganisationen und Wirtschaftskammer beruhe: „Der gleiche Herr Voget hat der jetzigen Regelung zugestimmt“.

Ein Blick in Aussendungen der Behindertenorganisationen der letzten Jahre lässt dies als nicht sehr wahrscheinlich erscheinen. Seine Aussage dürfte daher unwahr sein. Aber vielleicht überrascht er uns ja doch, legt die Inhalte über diese angebliche Vereinbarung offen und sagt auch, mit wem er diese geschlossen haben will.

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