Selbstvertreter fordern Lebensassistenz und Unterstützerkreise statt Sachwalterschaft

Runder Tisch Unterstützte Entscheidungsfindung am IASSIDD-Kongress mit Lebenshilfe und Uni Wien

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„Der Sachwalter darf nicht seine Macht an mir ausüben. Besser gefällt mir ein Lebensassistent und Unterstützerkreise. Unterstützung ist wichtig. Alle Menschen brauchen Unterstützung. Aber man muss ausprobieren können. Ein Risiko gehört zum Leben!“ erklärte Selbstvertreter Richard Nägele von der Lebenshilfe Vorarlberg am prominent besetzten Runden Tisch zur unterstützten Entscheidungsfindung im Rahmen der IASSIDD-Konferenz „Wege zur Inklusion“ unter der Moderation von Hemma Mayrhofer (IRKS – Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie).

Volksanwältin Gertrude Brinek konnte der Idee mit der Lebensassistenz zustimmen: „Wir müssen die Probleme mit dem Sachwalterrecht genau benennen und Lösungen finden. Derzeit erhalten die Menschen nicht die Hilfe die sie brauchen. Zu schnell wird auch ein Sachwalter für alle Angelegenheiten bestellt. Damit ist die Selbstständigkeit ganz beendet. Unser Ziel muss sein Lebensassistenz sein.“ Daher begrüßt sie die gute Arbeit der Arbeitsgruppe im Justizministerium.

„Die Politik ist gefordert gemeinsam mit uns Selbstvertreterinnen und Selbstvertretern an der Veränderung der Gesetze zu arbeiten. In einer Arbeitsgruppe im Justizministerium beraten wir gemeinsam über Änderungen im Sachwalterrecht. Menschen mit Lernschwierigkeiten sollen auch heiraten dürfen oder Kinder adoptieren können“, ergänzte Selbstvertreter Andreas Zehetner von der Lebenshilfe Niederösterreich.

Deren Verantwortlicher Sektionschef Georg Kathrein meinte zum Ministeriumsprojekt: „Es muss noch viel getan werden. Die Umsetzung der Unterstützten Entscheidungsfindung ist ein riesiges Projekt. Wichtig ist der laufende Dialog mit betroffenen Personen. Auch die Länder müssen eingebunden werden, weil es auch um die Sicherstellung von sozialen Leistungen der Länder geht.“ Kathrein ist aber zuversichtlich, dass es genügend finanzielle Mittel geben wird, um den Paradigmenwechsel im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention zu erreichen.

Alexander Maly von der Schuldnerberatung forderte den Ausbau des betreuten Kontos über die Grenzen Wien hinaus in ganz Österreich: „Das betreute Konto ist ein Modell das eine Sachwalterschaft vermeiden hilft. Mit dem betreuten Konto können Zahlungen für wichtige Leistungen wie Strom und Miete sichergestellt werden, über den Rest des Geldes darf man frei verfügen.“

Dorothea Gschöpf vom Vertretungsnetz erklärte, dass das Projekt „Clearing Plus – Unterstützung zur Selbstbestimmung“ eine große Chance sei um Sachwalterschaft zu vermeiden. „Beim Clearing Plus schauen wir uns das Umfeld der betroffenen Personen ganz genau an und versuchen Alternativen zu einer Sachwalterschaft zu finden. Dabei zeigt sich leider oft, dass soziale Unterstützungsleistungen der Länder fehlen. Deren Wiederaufbau wäre daher dringend notwendig. Und wir sollten offener für unkonventionelle Lösungen werden.“

Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren sich einig, dass Bund und die Länder sich besser vernetzen müssen und es eine Vielfalt an Modellen für Unterstützung bei Entscheidungen braucht, damit alle Menschen mit Beeinträchtigungen das für sie Passende auswählen können. Wichtig sei, dass diese Modelle wirklich zur Selbstbestimmung und Teilhabe in der Gesellschaft beitragen. „Wir müssen alle zusammenarbeiten, dann kommt etwas Gescheites dabei raus“, ist Selbstvertreter Andreas Zehetner überzeugt.

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