Schulze: Umsetzung der UN-Empfehlungen hat noch nicht wirklich begonnen

Anlässlich des Jahrestages der von der UNO übersandten Handlungsempfehlungen zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen bat BIZEPS-INFO Marianne Schulze um ihre Einschätzung der Fortschritte in Österreich.

Marianne Schulze
Licht für die Welt

Als Vorsitzende des unabhängigen Monitoringausschusses, dem die Überwachung der Einhaltung der Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen auf Bundesebene übertragen ist, war sie Teil der österreichischen Delegation im September 2013 in Genf.

Im Rahmen der Staatenprüfung Österreichs zur Einhaltung der unterschriebenen Konvention erläuterte sie vor dem Fachausschuss der UNO, welche Themen der Monitoringausschuss im Rahmen seiner Tätigkeit von der Zivilgesellschaft aufgriff und nach öffentlichen Sitzungen dazu Stellungnahmen verfasste.

BIZEPS-INFO bat Dr. Marianne Schulze, Vorsitzende des Monitoringausschusses und Menschenrechtskonsulentin aus Wien, im Interview anlässlich des Jahrestages die Bedeutung der Handlungsempfehlungen und die nächsten notwendigen Schritte zu aufzuzeigen. (Der Monitoringausschuss hat kürzlich in einer Presseausendung sein Resümee veröffentlicht und eine Stellungnahme verfasst.)

„Handlungsempfehlungen zeigen Lücken deutlich auf“

Die UN-Handlungsempfehlungen sind ihrer Meinung nach „eine Zäsur“ für Österreich. Dies vor allem deswegen, weil „die unabhängigen internationalen Expertinnen und Experten der Vereinten Nationen die Lücken in der Umsetzung der Konvention in Österreich deutlich aufgezeigt haben“.

Laut ihrer Einschätzung sind Handlungsempfehlungen, „ein Meilenstein, auf dem klar geschrieben steht, was auf dem Weg zum Ziel der Inklusion von Menschen mit Behinderungen passieren muss“.

Auf die Frage, was sich im letzten Jahr verändert hat und wie zufrieden sie mit der Umsetzung ist, zeigt sich Dr. Schulze äußerst skeptisch: „Die Umsetzung der Empfehlungen hat noch nicht wirklich begonnen. Die bisherigen Aktionen sind rein kosmetisch und können nicht darüber hinweg täuschen, dass Bund und Länder sich fälschlich in eine Verwaltung des Status-Quo zurückgezogen haben.“

Lobend erwähnt sie eine Arbeitsgruppe zur Verbesserung der Deutschen Übersetzung der Konvention, deren Arbeiten aber noch nicht abgeschlossen sind.

„Die Diskussionen zu den einzelnen Begriffen der Konvention machen deutlich, dass es noch viel Bewusstseinsbildung braucht“, meint Schulze und verweist damit auf die teilweise schwierige und widerwillige Umsetzung in Österreich. Daher müssen ihrer Ansicht nach „entsprechende Kampagnen die in den Empfehlungen geforderten tiefgreifenden strukturellen Veränderungsprozesse unbedingt begleiten“.

Schulze: Zentrale Empfehlung war die Koordination zwischen Bund und Ländern

Eines der vom UN-Fachausschuss mehrfach aufgezeigten Hindernisse ist die fehlende Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern bei der Umsetzung der Konvention.

„Die erste zentrale Empfehlung fordert eine Koordination zwischen Bund und Ländern“, erinnert sie und führt aus: „Diese gilt es transparent und nachvollziehbar mit einem klaren Mandat und messbaren Zielen zu etablieren.“

Nationaler Aktionsplan Menschenrechte kann etwas beitragen

„Der Nationale Aktionsplan Menschenrechte kann sicher das eine oder andere zur Umsetzung der Konvention beitragen“, hofft sie. Doch auch hier wird es von der Koordination zwischen Bund und Ländern abhängen.

„Wie die Stellungnahme des unabhängigen und weisungsfreien Monitoringausschusses zur Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen deutlich macht, bedarf es jedoch einer wesentlich stärkeren Einbindung der Länder, sowie tiefgreifender struktureller Maßnahmen, um den Nationalen Aktionsplan zu einem bedeutsamen Instrument in der Umsetzung zu machen“, wiederholt sie diesen zentralen Punkt.

Und wie sieht es mit der Partizipation aus? „Für die Einbindung von Selbstvertreterinnen und Selbstvertretern ist jedenfalls noch Luft nach oben“, zeigt Marianne Schulze abschließend auf.

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