Passen Sonderschulen in eine Menschenrechtsstadt Wien?

Am 19. Dezember 2014 beschloss der Wiener Gemeinderat die Deklaration "Menschenrechtsstadt Wien". Was bedeutet das konkret?

Ortschild mit Aufdruck Wien
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Es ist grundsätzlich sehr gut, wenn man das eigene Tun unter menschenrechtlichen Aspekten prüft und kritisch hinterfragt, um besser zu werden.

So gesehen ist es positiv, dass der Wiener Gemeinderat die Deklaration „Menschenrechtsstadt Wien“ am 19. Dezember 2014 beschlossen hat. (BIZEPS berichtete)

„In Wien gibt es immer noch Sonderschulen. Passt das mit dem Menschenrechtsanspruch zusammen?“

Schon am Tag der Beschlussfassung wollte der Standard von Wiens Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) wissen, ob Sonderschulen zu einer Menschenrechtsstadt passen.

Sie antwortete zuerst mit: „Es wäre ein Problem, wenn Kinder mit Migrationshintergrund automatisch in Sonderpädagogischen Zentren landen. Hier gibt es andere Fördermaßnahmen. Das kann aber noch ausgebaut werden. Die einzige Lösung ist die gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen.“ – so weit so gut.

Aber der Standard wollte es nun natürlich konkret wissen: „Ziel müsste demnach die Abschaffung der Sonderschulen sein?“

Und dann passierte in der Antwort von Stadträtin Frauenberger genau das, was das Grundproblem der gesamten Kampagne „Menschenrechtsstadt Wien“ werden könnte. Zuerst wird laviert und das Bestehende verteidigt, um Menschenrechte als etwas darzustellen, was eventuell irgendwann in Zukunft relevant werden könnte.

Bei Sandra Frauenberger klingt das so: „Das ist zu kurz gegriffen. Grundsätzlich ist Inklusion und inklusiven Ansätzen der Vorzug zu geben. Sonderpädagogische Zentren haben derzeit aber eine Berechtigung. Wenn Kinder massive körperliche oder geistige Behinderungen haben, werden sie dort sehr gut betreut. Der Begriff Sonderschule ist der falsche.“

Zeitpunkt schwierig

Wenn mit dem Projekt „Menschenrechtsstadt Wien“ wirklich Fortschritte eingeleitet werden sollen, dann wäre dies ein wichtiges Projekt für Wien. Es bedarf dazu allerdings einer kritischen IST-Analyse und eines Plans, wie man die Ziele – die menschenrechtlich vorgegeben sind – auch erreichen will.

Ob genau jetzt im anlaufenden Landtagswahlkampf wirklich dafür Zeit (und Lust) seitens der handelnden Personen in der Politik vorhanden sein wird, muss allerdings bezweifelt werden.

Beispiel gefällig? Wien möchte laut dem Projekt „Menschenrechtsstadt Wien“ und auch laut dem seit 2010 gültigen Koalitionsübereinkommen von Rot-Grün die UN-Behindertenrechtskonvention umsetzen – völkerrechtlich muss das Land Wien dies ohnehin. Aktuell ist es aber so, dass sich Wien noch immer weigert, einen Landesaktionsplan zu erstellen.

Menschenrechte sind nicht verhandelbar„, betonten Stadträtin Sandra Frauenberger und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou am Tag der Menschenrechte (10. Dezember) mit Nachdruck. Nun sollten Worten auch Taten folgen.

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