Deutschland zum ersten Mal im Staatenprüfverfahren

Für Menschen mit Behinderungen in Deutschland steht ein bedeutsamer Termin an.

Flagge Deutschland
Trine Juel/Flickr

Vom 26. – 27. März 2015 wird der erste deutsche Staatenbericht über die Implementation der UN Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) vom Fachausschuss zur UN-Behindertenrechtskonvention geprüft. Darauf und Erkenntnisse aus der Forschung hat Prof. Dr. Anne Waldschmidt hingewiesen.

„Nicht nur der Staatenbericht, sondern auch empirische Forschung“, so Professorin Anne Waldschmidt von der Universität zu Köln, „weist sehr deutlich darauf hin, dass Deutschland weiter schwerwiegende Probleme hat, Menschen mit Behinderungen ‚Aktive Bürgerschaft‘ zu ermöglichen.“ Prof. Dr. Anne Waldschmidt leitet die Internationale Forschungsstelle Disability Studies (iDiS) und repräsentiert Deutschland als Partnerin in dem EU-Projekt DISCIT – Making Persons with Disabilities Full Citizens.

Das Forschungskonsortium DISCIT untersucht die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen, die in Europa notwendig sind, um die volle und effektive Partizipation von Menschen mit Behinderungen in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik zu gewährleisten. Dabei benutzt das Projekt ein multidimensionales Konzept von „Aktiver Bürgerschaft“, um den Begriff der „vollen und wirksamen Partizipation“ der Behindertenrechtskonvention zu konkretisieren. Die Forschungsarbeit von DISCIT umfasst Dokumentenanalysen, biografische Interviews mit behinderten Frauen und Männern sowie Experteninterviews. Die bisherigen Untersuchungsergebnisse zeigen nach Informationen von Prof. Dr. Anne Waldschmidt, dass

  • Menschen mit Behinderungen mit schwerwiegenden Hindernissen konfrontiert sind, wenn sie am allgemeinen Arbeitsmarkt teilhaben wollen. Arbeitsplatzanpassungen sind oftmals unzureichend und die Beschäftigungspolitik bietet zu wenig flexible Lösungsansätze;
  • insbesondere Personen mit kognitiven Beeinträchtigungen bzw. Lernschwierigkeiten zumeist institutionelle Wohnsituationen erleben und außerdem davon berichten, dass sie wenig Einflussmöglichkeiten haben, um über ihren Wohnort und ihre Mitbewohner_innen zu entscheiden;
  • Unterschiede im Zugang zu und in der Nutzung von neuen, barrierefreien Technologien die Möglichkeiten der Aktiven Bürgerschaft einschränken oder fördern können;
  • Menschen mit psychosozialen Problemen bzw. psychischen Beeinträchtigungen flexible Unterstützungsstrukturen brauchen, die sowohl die Bedürfnisse als auch die Fähigkeiten des Individuums berücksichtigen;
  • politische Partizipation von Menschen mit Behinderungen barrierefreie Rahmenbedingungen erfordert und auf dem Prinzip der Selbstrepräsentation basieren sollte, nach dem Motto „Nichts über uns ohne uns“.

DISCIT ist ein dreijähriges Projekt, das von 2013 bis 2016 im Rahmen des 7. EU Forschungsrahmenprogramms finanziert wird. An DISCIT beteiligen sich zwei europäische Nichtregierungsorganisationen sowie Universitäten und Forschungseinrichtungen in Deutschland, Irland, Italien, Norwegen, Serbien, Schweden, der Schweiz, der Tschechischen Republik und dem Vereinigten Königreich. Ein wissenschaftlicher Beirat mit namhaften Mitgliedern aus verschiedenen Ländern, ein europäischer Ausschuss und nationale Beiräte unterstützen DISCIT. Weitere Informationen finden Sie unter discit.eu.

Am 26. März von 15 – 18 Uhr und am 27. März von 10 – 13 Uhr ist die Staatenprüfung live über das Internet unter www.treatybodywebcast.org (mit internationaler Gebärdensprache gedolmetscht) zu verfolgen.

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