Schwerhörende Menschen im Krankenhaus

In der Märzausgabe von BIZEPS-INFO haben wir Tips und Forderungen blinder Menschen an MitarbeiterInnen in Krankenhäusern abgedruckt.

Piktogramm Schwerhörigkeit
BIZEPS

Dieser Artikel hat viele positive Reaktionen hervorgerufen, u. a diesen Artikel vom Österr. Schwerhörigen Bund: Was PflegerInnen und PatientInnen beachten sollten, wenn sie mit schwerhörenden Menschen in einem Krankenhaus, einer Klinik oder Sanatorium und in der Hauskrankenpflege zu tun haben:

  • Gut artikuliert sprechen, nicht zu schnell und nicht zu laut. Keinesfalls übertrieben artikulieren.
  • Der schwerhörenden Person beim Gespräch immer ins Gesicht sehen, der Großteil der schwerhörenden Personen braucht das Mundbild (Lippenabsehen). Niemals ins Ohr sprechen oder flüstern (Zischlaute sind ohnehin schwer verstehbar!). Beim Sprechen kein Zuckerl lutschen, nicht rauchen oder die Hand vor den Mund halten, Kopf ruhig halten und durchaus auch Gestik einsetzen. In einem Krankenzimmer in der Nacht vor dem Gespräch das Licht einschalten oder seinen Mund mit einer Taschenlampe beleuchten.
  • Niemals schreien oder zu laut sprechen, schon gar nicht nach einer Nachfrage der schwerhörenden Person. Das Verständnis wird dadurch schlechter und verzerrter und es wird erst recht nichts verstanden. Schreien ist ein großes Problem, auch z. B. das zu laute Anklopfen („Sonst hörst Du ja nichts..“). Nicht verstehbar ist für viele der Umstand, daß schwerhörende Personen lärmempfindlicher sind als Normalhörende. Hartnäckig hält sich die Meinung, bei schwerhörenden Personen alles lauter machen zu müssen.
  • Nicht im Gegenlicht stehen (vor Fenster), Gesicht soll gut beleuchtet sein, es ist sonst keine Mimik erkennbar.
  • Vor dem Gespräch Blickkontakt aufnehmen, nicht im Rücken der schwerhörenden Person sprechen. Eventuell Handzeichen, wenn jemand zu sprechen beginnt. Vor einer Behandlung den Ablauf erklären. Nicht während des Herumgehens sprechen. Niemals leise von hinten nähern, es löst Schrecken aus, wenn man niemanden kommen sieht.
  • Keine leisen Nebenbemerkungen, vor allem nicht in einem Spital bei der Visite und bei Gesprächen zwischen ÄrztInnen und Pflegepersonal. Notfalls PatientInnen darauf hinweisen, daß später Genaueres erklärt wird.
  • Fragt die schwerhörende Person nach, ist keine Änderung der Lautstärke notwendig, Geduld haben und Satz eventuell nochmals einfacher sagen, oder ein bestimmtes Wort durch ein anderes ersetzen: sich auf andere Weise auszudrücken, ist besser, als das Gleiche zu wiederholen.
  • Nicht andere für schwerhörende Personen antworten lassen. Damit wird die schwerhörende Person bewußt abseits gestellt, besser ist es, sich die „Mühe“ mit den Betroffenen zu machen (natürlich auch bei Kindern). Gerade Erwachsene sind dabei oft „überhilfreich“ und antworten für andere. Dadurch wird Vertrauen zerstört und der Betroffene fühlt sich nicht ernst genommen.
  • Nebengeräusche stören und erschweren ein Gespräch. Kein Radio, keine Hintergrundmusik beim Sprechen. Auch wenn ein Auto vorbeifährt oder ein anderer Lärm entsteht (Maschinen, Geräte….), muß der Satz wiederholt werden.
  • Schwerhörende Personen hören in verschiedenen Situationen unterschiedlich gut. Dies hat nichts mit Laune zu tun, eher mit Raum, Witterung, Müdigkeit, Stimmlage. Niemand soll daher behaupten, schwerhörende Personen hören nur, was sie wollen. Hören und Verstehen sind zwei verschiedene Ebenen: Schwerhörende Personen hören oft sehr viel und sehr gut, verstehen aber sehr schlecht.
  • Wenn schwerhörende PatientInnen nicht allein in einem Zimmer liegen können, dann sollten die MitpatientInnen über die Situation aufgeklärt werden. Schwerhörende Personen verursachen zum Beispiel ungewollt Geräusche, weil sie diese selbst nicht hören. Dadurch entsteht Ablehnung.
  • Das Krankenbett sollte unbedingt mit einer Karte oder eindeutigem Hinweis gekennzeichnet sein (z. B. Tafel: „Ich bin schwerhörend! Bitte sehen Sie mich beim Sprechen an“). Zusätzlich soll dies in der Krankenkartei und bei Überweisung in eine andere Abteilung vermerkt sein. Hilfreich können dabei auch kleine Karten (mit der selben Aufschrift) sein, die PatientInnen mit sich tragen und in Ambulanzen vorweisen können.
  • Hörbehinderte Menschen müssen auch bei Untersuchungen in anderen Abteilungen und Kliniken unterstützt werden. Der bloße Hinweis auf Hörbehinderung nützt nichts, wenn die notwendigen Maßnahmen dem Personal unbekannt sind. Das spielt z. B. beim Röntgen eine Rolle, wo keine Hörgeräte getragen werden können. Wenn kein Sichtkontakt möglich ist, muß eine Kontaktperson eingeschaltet werden, oder die Verständigung mit Mimik und Gestik erfolgen.
  • Auf dem Nachttisch des Krankenbettes sollte immer Schreibblock und Schreibzeug vorhanden sein, um sofort wichtige Dinge notieren zu können, speziell Termine, Zahlen und Adressen, die schwer verstehbar sind.
  • Gerade anläßlich eines medizinisch notwendigen Klinikaufenthaltes erwartet sich PatientInnen eine Berücksichtigung ihrer Situation. Untersuchungen und Diagnosen ohne Kommunikation lösen nicht nur Ängste aus, sie degradieren den Menschen zur Nummer. Zudem löst eine schwierige Kommunikation oft Ärger und Unmut beim überlasteten Personal aus, und die PatientInnen werden noch mehr verunsichert.
  • HörgeräteträgerInnen müssen darauf hingewiesen werden, daß bei bestimmten Untersuchungen die Hörgeräte entfernt werden müssen (Röntgen und Untersuchungen mit magnetischen Feldern, bei Einsatz von Wasser usw. ..).
  • Gerade bei physiotherapeutischen Übungen ist die Erkenntnis wichtig, daß schwerhörende Personen, die auf das Mundlesen angewiesen sind, nicht zugleich hören und eine Übung beobachten können. Wer selbst körperlich tätig ist, kann meist nicht zugleich hören und verstehen. Hier muß das eine nach dem anderen erfolgen.
  • In allen Phasen ist immer wieder darauf zu achten, daß schwerhörende Personen, die ihre Behinderung noch nicht akzeptiert haben, auch nicht darüber reden und die Behinderung möglichst vertuschen. Bei wichtigen Mitteilungen sollte also eher nachgefragt werden, ob es auch verstanden wurde.
  • Gerade bei Aufenthalten in Kliniken und Sanatorien ergibt sich die Möglichkeit, schwerhörenden Personen zu helfen, ihre Behinderung zu akzeptieren. Es sollte jemand da sein, der der schwerhörenden Person Situationen erklärt, das Tragen von Hörgeräten näherbringt und Möglichkeiten zu einer besseren Kommunikation bespricht.

Denn eine schwierige Kommunikation kann nur von zwei Seiten gelöst werden: Schwerhörigkeit ist nicht bloß für die Betroffenen ein Problem, sondern auch für ihre Mitmenschen.

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