Gewitterwolken über dem ORF?

Unter dem Titel "Über Gebühr" berichtet Profil über "mutmaßlich unsaubere Verwendung von Rundfunkgebühren" bei öffentlich-rechtlichen Sendern in der EU. Ein Thema, dass gerade für behinderte Menschen von großem Interesse sein könnte.

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BIZEPS

Die EU-Kommission ermittelt gegen eine Reihe von öffentlich-rechtlichen Sendern wie z.B. ARD und ZDF, wegen dem Verdacht der mutmaßlich unsauberen Verwendung von Rundfunkgebühren, berichtet das Nachrichtenmagazin Profil in der aktuellen Ausgabe.

Der 65-seitige Bericht der EU-Kommission spricht von „unerlaubten Quersubventionen“, „mangelnder Transparenz“ und „wettbewerbsverzerrenden Geldflüssen“ und betrifft die öffentlichen-rechtlichen Sender in Deutschland, Irland und den Niederlanden. Kritisiert wird unter anderem auch die „kostspieligen Internetaktivitäten“, die nicht Teil des öffentlichrechtlichen Auftrags seien.

„Auch der ORF ist betroffen“
Die EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes zeige wachsendes Interesse an den Aktivitäten des ORF, berichtet Profil. „Die Untersuchungen sind jedoch in einem sehr frühen Stadium“, wird eine Sprecherin der Kommission zitiert, doch es geht um die Frage, ob der ORF seine Online-Dienste mit Gebühren quersubventioniert.

„Tatsächlich erscheint es wenig glaubwürdig, dass der ORF eine 90-köpfige Online-Redaktion nur aus den Einnahmen einiger so genannter Banner-Inserate auf den Internetseiten finanziert“ berichtet Profil. Weitreichende Auswirkungen könnte dies deswegen haben, weil die Kommission nämlich eindeutig festhält, „dass es sich bei der Finanzierung durch Rundfunkgebühren um eine staatliche Beihilfe handelt“.

Konkret müssten die Leistungen dann klar aufgegliedert und transparent abgerechnet werden. Auch könnte der Staat noch klarere Vorgaben an die zu erbringenden Leistungen knüpfen.

Leistungen klar vorschreiben
Wenn man bedenkt, dass die Online-Aktivitäten des ORF fast durchgehend nicht barrierefrei programmiert sind, ergibt sich hier ein weites Feld an Vorgaben. Auch hat der ORF – im Gegensatz z. B. zur BBC – bisher keine Vorgaben erhalten, in welchem Ausmaß und in welchem Zeitraum er seine Untertitelungsquote zu steigern hat.

Verfassungsgerichtshof entscheidet
Doch auch an einer anderen Front könnte es Veränderungen geben. Auf die GIS – „Gebühren Info Service GmbH“ -, eine 100 % Tochter des ORF, könnte Ärger und ein Millionenausfall an Gebühren zukommen.

Matthäus Auer, ein gehörloser Salzburger, hatte eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof eingebracht, weil er sich diskriminiert fühlt. Er wolle nicht 100 % Gebühr für ein ORF-Programm bezahlen, das er nicht wahrnehmen kann.

„Wenn wir barrierefrei schauen können, zahlen wir gerne voll.“ begründete damals Auer seine Beschwerde. Was er aber nicht versteht und warum er klagt ist der Umstand, dass er 100 % Gebühr zahlen muss und nur einen Bruchteil des TV-Programms mitverfolgen kann. Der Österreichische Gehörlosenbund fordert daher: „Wer 100 % Gebühren bezahlt, muss 100 % Service bekommen„.

Der Verfassungsgerichtshof verhandelte am 10. März 2005 die Beschwerde und wird seine Erkenntnis schriftlich mitteilen.

Interessant wird sein, ob der Verfassungsgerichtshof die vorgeschriebenen 100 % Gebühren für gehörlose Personen als „gleichheitswidrig“ ansieht oder nicht und ob der Gesetzgeber in Folge die Gebühren an das angebotene Service knüpft oder dem ORF gleich einen Stufenplan zur Erhöhung der Untertitelungsqoute vorschreibt.

Da aber die Pflicht zur Zahlung der Gebühren „unabhängig von der Häufigkeit und Qualität der Sendungen bzw. des Empfangs zu entrichten“ ist, müssen sie auch bei NUR Satelliten- oder Kabelempfang bezahlt werden. Es könnte also auch passieren, dass die Beschwerde völlig abgewiesen wird.

Kommt typisch österreichische Entscheidung?
Über eine vielleicht typisch österreichische Entscheidung berichtet die APA, wenn sie den Verfassungsrichter Rudolf Müller zitiert, der bei der Verhandlung von Teletext als „kompensatorische Maßnahme“ für Radio gesprochen hat. Skurril aber denkbar wäre damit, dass gehörlose Personen Radiogebühr bezahlen müssen, obwohl sie Radio nicht hören können. Dafür aber keine Fernsehgebühr bezahlen müssen, weil sie den nur eingeschränkt benutzen können.

Wie die Entscheidung der Verfassungsrichter auch immer aussehen mag. Interessant wird auf jeden Fall die Begründung ihrer jeweiligen Entscheidung sein.

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