Selbstbestimmt-Leben-Initiative Wien

Diskriminierende Zustände bei den Wiener Festwochen 2005

Rückschritt um 25 Jahre

Dienstag, 10. Mai 2005, endlich ein freier Abend! Die Wiener Festwochen, am Spielplan steht Tierno Bokar im Ronacher. Nachdem ich endlich den Rollstuhlzugang zum Theater gefunden habe und mir nach einiger Zeit die Hintertüre geöffnet wurde, will ich zu dem mir zugewiesenen Rollstuhlplatz fahren.

Aber es gibt keinen Rollstuhlplatz!
Meine suchenden Blicke werden von einem Techniker der Produktion bemerkt, es soll gleich jemand kommen, der mich die zwei, übers Eck gehende, Stufen heben wird.

Ich benutze einen Elektrorollstuhl, der gemeinsam mit mir ca.275 Kilo wiegt. Es ist daher völlig unmöglich und für alle Beteiligten viel zu gefährlich, diesen Rollstuhl zu tragen. Neben der Verletzungsgefahr ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass der sehr teure Rollstuhl beschädigt wird zu groß.

Eine andere Stellmöglichkeit gibt es aufgrund der Bühnenaufbauten nicht. An jedem anderen Platz würde ich die Sicherheit der anderen BesucherInnen gefährden, weil der Fluchtweg blockiert wäre bzw. die Sicht auf die Bühne für mich nicht gegeben ist.

Wieso kann ein derartiger „Rollstuhlplatz“ genehmigt werden, es ist unfassbar dass 2005 nicht daran gedacht wurde, dass manche von uns kulturinteressierten Menschen elektrische Rollstühle verwenden.

Ich musste daher mit meiner Begleitung das Theater verlassen. Zusätzlich zur Enttäuschung über einen verpatzten Theaterabend kommen für mich als Rollstuhlfahrerin weitere Aspekte dazu. Es ist ein für Nichtbehinderte schwer vorstellbarer Aufwand, einen solchen Abend zu organisieren, der auch mit zusätzlichen Kosten verbunden ist,. Die Fahrt ins Theater, die persönliche Assistenz, in meinem Fall die Organisation des Babysitters etc., sind neben dem Ärger und den Kosten für die Theaterkarten zu bestreiten.

Als Leiterin der Arbeitsgruppe „Kultur ohne Barrieren“ kämpfe ich seit 25 Jahren für die Zugänglichkeit von Kulturstätten. Die Planungsgrundsätze für behindertengerechte Gestaltung sind seit 1983 in nationalen und internationalen Normen festgelegt. Das Veranstaltungsstättengesetz i.d.F. vom 22.03.1999 (das u.a. unter Mitwirkung der Arbeitsgruppe „Kultur ohne Barrieren“ novelliert wurde) legt die Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen genau fest.

Dieser „Rollstuhlplatz“ im Ronacher entspricht nicht den gesetzlichen Bestimmungen und ist auch laut Verfassung eine grobe Diskriminierung. Der zuständige Beamte der Veranstaltungsbehörde zeigt durch die Genehmigung dieses Platzes völlige Unwissenheit und betreibt dadurch Missbrauch seines Amtes.

Wir sind angesichts dieser menschenverachtenden Diskriminierung durch die international angesehenen Wiener Festwochen sprachlos.

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