Medikamente

Werdet ja nicht „ganz normal“ krank!

Mitte Februar, Grippewelle in Wiener Neustadt: Es ist Sonntag (Wer wird schon unter der Woche krank?) und mein Fieber bleibt konsequent über 38,5 Grad.

Der Husten quält mich – es ist mehr als nur ein leichter grippaler Infekt. Und so bitte ich meinen Mann, sich bei der Rettung nach dem diensthabenden praktischen Arzt zu erkundigen. Die Handynummer ist schnell eruiert, und die Ärztin erkundigt sich nach den Beschwerden.

Und da macht mein Mann den entscheidenden Fehler: Er sagt: „Meine Frau ist querschnittgelähmt und kann daher nicht richtig abhusten.“ Die Ärztin beschließt daraufhin, nicht zu kommen und verweist mich an die interne Ambulanz.

Mein Mann ist so perplex, dass er zwar noch einmal nachfragt, ob er sich nicht verhört habe, dann legt er auf – nicht ohne laut zu fluchen. Da ich ungern mit hohem Fieber durch die Stadt fahre, beschließe ich, mich mit den Husten- und Fiebermitteln aus der Hausapotheke über das Wochenende zu retten und rufe am Montag meinen Hausarzt an, der das macht, was ich von seiner Kollegin am Vortag erwartet hätte: er hört mich ab, untersucht mich, stellt Rezepte aus und „schreibt mich krank“.

Da ich solche Vorfälle selten auf mir sitzen lasse – so etwas lernt man in 9 Jahren Rollstuhl -, schreibe ich kurz danach einen Beschwerdebrief an die Ärztekammer mit der Bitte um Stellungnahme und der Frage, was ich in so einem Fall tun kann. Zwei Monate lang geschieht einmal gar nichts. Nach telefonischem Urgieren ist es dann Ende April so weit, die Stellungnahme der Ärztin trifft ein.

Frau Doktor versichert hoch und heilig, dass sie „in der Hektik des sonntäglichen Bereitschaftsdienstes geistig nicht registriert hatte, dass ich querschnittgelähmt sei.“ Andernfalls wäre sie natürlich gekommen! Außerdem hätte ich erwähnt, dass ich ohnehin an der internen Abteilung des Wiener Neustädter Krankenhauses bekannt sei. Deshalb hätte sie mir das Spital empfohlen, nicht aus Bequemlichkeit. Es wäre ein anstrengender Wochenenddienst gewesen, und es täte ihr Leid.

Mein Mann hat das Spital nicht ins Gespräch gebracht, und ich war auch nur einmal vor mehr als fünf Jahren ambulant dort, übrigens nicht wegen Grippe.

Was folgern Sie daraus? Kommt die Ärztin jetzt zu mir, weil ich im Rollstuhl sitze, und zu Ihnen nicht, lieber Nicht-Behinderter? Oder ist es umgekehrt und Sie bekommen den Hausbesuch, und ich bin aufgrund meiner Lähmung ein so komplizierter Grippefall, dass ich fiebernd ins Spital rollen muss?

Die Antwort ist einfach: Die Ärztin muss auf jeden Fall kommen, wenn sie Wochenenddienst hat! Und was sagt die Ärztekammer dazu? Nichts, sie hat doch die Stellungnahme der Ärztin schon eingefordert, ist das nicht genug? Was will sie denn noch, die aufmüpfige Rollstuhlfahrerin? Am Ende verlangt sie noch behindertengerechte Ordinationen, wo kämen wir da hin!

Ein Tipp an die behinderten Leser: Bleibt schön bei euren Fachärzten und werdet ja nicht „ganz normal“ krank …

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