WAG Assistenz-Genossenschaft

Managen will gelernt sein

Die TeilnehmerInnen ziehen Bilanz

Zum Abschluss der achtteiligen Seminarreihe „Managen will gelernt sein“, die von der Wiener Assistenzgenossenschaft (WAG) organisiert worden ist, nahmen die TeilnehmerInnen in Interviews Stellung zu ihrem persönlichen Gewinn und Erfahrungsaustausch zum Thema „Persönliche Assistenz“.

Die Wiener Assistenzgenossenschaft hat im April und Mai 2005 acht Blöcke organisiert, die sich mit verschiedenen Fragen rund um das Thema „Persönliche Assistenz“ beschäftigt haben. Die breite Themenvielfalt der Seminare beginnt mit grundlegenden Fragen „Warum Persönliche Assistenz?“ oder „Wie viel Assistenz brauche ich?“ Die eigenen Managementmöglichkeiten wurden genauso angesprochen wie die Durchsetzung der Rechte vor Behörden. Auch die Auswahl und das Anleiten von Persönlichen Assistenten und Assistentinnen, (kurz: die Rolle eines Chefs oder einer Chefin) die es wahrzunehmen gilt, standen auf dem Programm.

Schließlich wurden Fragen nach Kommunikation von eigenen Befindlichkeiten oder Fragen von Nähe und Distanz gestellt und erörtert.

Vortragende waren Mag. Christine Riegler (SLI-Innsbruck), Birgit Stenger (Berlin), Andrea Mielke (Salzburg), Kurt Schneider (Wien), Roswitha Schachinger (WAG) und Mag. Dorothea Brozek (WAG).

Die Seminarreihe fand zum zweiten Mal statt, und zwar ausschließlich für WAG-KundInnen, die sich zum Besuch der Seminarreihe verpflichten, wenn sie Persönliche Assistenz über die WAG organisieren wollen. es ist also als Qualitätssicherung zu sehen, ganz im Sinne der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung, weil auch alle vortragenden Profis eine Behinderung haben …

In der Pause der letzten Einheit haben sich vier TeilnehmerInnen bereit erklärt, in kurzen Interviews Ihre Erfahrungen zu schildern, mit Persönlicher Assistenz im Allgemeinen und dieser Seminarreihe im Besonderen:

Wolfgang Schartel

Wolfgang Schartel möchte in einer eigenen Wohnung leben. Weil er selbständig sein möchte, hat er sich bei der Reihe „Managen will gelernt sein“ alles genau angehört. Ein wichtiges Thema für ihn ist die Ablösung von der Mutter. „Ich möchte leben, so wie ich bin. Ich möchte leben wie alle anderen.“

Mit seinem persönlichen Assistenten fährt er besonders gerne mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln in Wien und erkundet neue Orte. Ein besonderes Erlebnis war da in letzter Zeit auch der Flughafen Wien.

Gerne fährt er auch in den Prater, dort spielt er mit persönlichen Assistenten Badminton oder auch Fußball.

Susanna Schartel

…ist die Mutter von Wolfgang Schartel. Sie wundert sich oft, warum man Menschen mit Lernschwierigkeiten nicht so behandelt wie andere Erwachsene auch. Immer wieder werden Erwachsene von anderen Erwachsenen einfach geduzt oder mit dem Vornamen angesprochen.

Sie möchte ihrem Sohn die Möglichkeit geben, sein eigenes Leben leben zu können. Denn derzeit gibt es mit ihrem erwachsenen Sohn immer wieder Konflikte – und sie versteht auch zumindest teilweise, warum das so ist.

Zehn Monate war ihr Sohn in einer Wohngemeinschaft, doch die Erfahrungen waren negativ: Statt Eigenverantwortung möglich zu machen, werde diese genommen. Es bleibe keine Zeit, sich um individuelle Bedürfnisse zu kümmern, sich um den Einzelnen und dessen Wünsche und Probleme anzunehmen.

Statt dessen werde äußerlich verwaltet: „Fünf Windeln, sieben Medikamente usw.: Das ist das absolute Gegenteil von Selbstbestimmung!“

Wolfgang Schartel habe, so die Mutter, ein gutes Gefühl dafür, woran es kranke. „Sein Verhalten ist wie ein Seismograph“. Wenn etwas nicht stimmt, dann kann er äußerst provokant sein und diejenigen, die ihn schlecht behandeln, sehr in Verlegenheit bringen.

Andererseits zeigt er, so die Mutter und der Persönliche Assistent, ebenso gerne seine Freude – vor allem, wenn er bei etwas durchhält.

Während der Aussagen der Mutter und auch seines persönlichen Assistenten hat Wolfgang Schartel nicht nur genau zugehört, sondern meist seine Zustimmung bekräftigt oder auch da und dort die Meinung korrigiert.

Katharina Müllebner

Das Studium (Pädagogik – Sonder-/Heilpädagogik) hat für sie einen ganz neuen Lebensabschnitt gebracht – und das Leben mit persönlicher Assistenz. Am Seminar selbst schätzt sie sehr, dass sie viel Neues gehört hat. Schon der Erfahrungstausch mit anderen Menschen mit Behinderungen war für sie sehr wichtig: Eine mutigere Lebenseinstellung und ein größeres Selbstbewusstsein habe sie jetzt kennen gelernt, meint Katharina Mühlener. Auch der Austausch von gemeinsamen und unterschiedlichen Erfahrungen sei für sie wichtig gewesen.

In ein oder zwei Jahren plant sie auch eine eigene Wohnung – derzeit lebt sie, wie mehrere Studierende, noch bei den Eltern – vielleicht wird es auch eine WG mit anderen StudienkollegInnen oder FreundInnen. Durch die Persönliche Assistenz beim Studieren habe sich „wahnsinnig viel verändert: Ich traue mich jetzt mehr“.

Nach wie vor als bevormundend erlebt sie allerdings den Wiener „Fahrtendienst“. Doch zum Glück geht es mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln sehr gut.

Mag. Marianne Karner

Sie lebt mit Multipler Skerose, mittlerweile benutzt sie fast immer den Rollstuhl.

Vom Austausch mit anderen Leuten mit Behinderung habe sie durch die Teilnahme an der Fortbildungsveranstaltung „Managen will gelernt sein“, sehr profitiert, so Mag. Karner. Vor allem die Tatsache, dass Betroffene andere Betroffene beraten (Peer Counceling) war ihr wichtig, ebenso Kontakte mit der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung: Denn dass Menschen mit Behinderungen Experten in eigener Sache sind, das hat sich noch viel zuwenig herumgesprochen.

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