Logo des 20. Weltjugendtag in Köln

Gemeinschaftserlebnis für alle

Zehntausende Jugendliche werden auf Einladung des Papstes von 16. bis 21. August 2005 nach Köln kommen, darunter auch gut 16.000 junge Menschen mit Behinderung.

Sie alle werden gemeinsam dem Motto des 20. Weltjugendtages folgen, und kommen um „IHN anzubeten“. Das ist an sich noch nichts Außergewöhnliches. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man sich für ein derartiges Gemeinschaftserlebnis gerne mit auch ungünstigeren Gegebenheiten arrangiert. Und es oft gelingt, dass die eigene Behinderung in den Hintergrund tritt und gar nicht mehr so spürbar ist. Eine Anmeldung zu solch einer Großveranstaltung kostet jedoch zugegebenermaßen Überwindung, wenn man die körperlichen Strapazen, die auf einen zukommen werden, abwiegt.

Da ich bereits 1997 am Weltjugendtag in Paris teilgenommen habe und ganz erfüllt zurückgekehrt war, habe ich mich heuer wieder zur Teilnahme entschlossen. Außerdem habe ich mir Assistenz organisiert, um nicht das Gefühl zu haben, irgendjemanden der Pfarrgruppe in der Programmteilnahme einzuschränken. Dies weil natürlich klar ist, dass ich auf Unterstützung angewiesen bin, um wirklich möglichst ungehindert dabei sein zu können.

Ich schloss mich also der Pilgergruppe der Pfarre an. Mitte Juli war ich sehr überrascht, als ich auf der BIZEPS-Homepage einen Artikel von kobinet über eine Pressekonferenz zum Thema „Weltjugendtag und Barrierefreiheit“ vorfand. Dem wollte ich natürlich auf den Grund gehen. Ich surfte also auf der offiziellen WJT-Homepage und traute meinen Augen nicht, als mich dort unter anderem eine gebärdende Frau begrüßte.

Auch die Texte lasen sich so, als wären sie in einem Büro der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung verfasst. Von Einbeziehung behinderter Menschen in die Gestaltung der Liturgie und Jugendfestivals, von behinderten Künstlern, von Experten in eigener Sache, die man bei der Planung von nötigen Rahmenbedingungen und Unterstützung zu Rate ziehen muss, war hier die Rede. Auch wurde gleich klargestellt, dass die Autonomie des Einzelnen gewahrt bleiben muss. Aus den Leitlinien „Integration statt Separation“, “ Sichtbarmachen statt Vorführen“, „Selbstbestimmung statt Fremdbestimmung“ ergibt sich fast als logische Konsequenz, dass es keinen eigenen Bereich „Behinderte“ in der Organisation gibt, sondern eine Behindertenbeauftragte, die sich in alle Bereiche „einmischt“.

Das führt des weiteren dazu, dass die Begriffe „Krankheit“ und „Behinderung“ ganz exakt voneinander abgegrenzt werden, man will – so steht zu lesen – Menschen mit Behinderung die Abhängigkeit von Wohlwollen und Verständnis ersparen. Das Expertenwissen holt man sich von inner- und außerkirchlichen Kooperationspartnern. Angeführt sind auf der Homepage der Verband der Katholischen Gehörlosen Deutschlands und das deutsche katholische Blindenwerk.

Die Tatsache, dass man auch Menschen mit Behinderung als Kurzzeitfreiwillige gewinnen konnte, führt zu einem fast völligen Verzicht auf Parallelstrukturen für unsere Personengruppe. Man scheint an alles gedacht zu haben. Pilger mit Mobilitätseinschränkungen werden nach Möglichkeit gemeinsam mit ihrer Pilgergruppe in barrierearmen Unterkünften untergebracht.

Für Sehbehinderte und blinde Menschen ist die Homepage über Braillezeile und Sprachcomputer lesbar, ist der Information zu entnehmen. Es wird ein Workshop „anderssehen“ als Begegnungsmöglichkeit für blinde und sehende Pilger angeboten und nicht zuletzt wird man bei den zentralen Veranstaltungen über Radio neben den Übersetzung in die Weltjugendtagssprachen auch ein Audioprogramm empfangen das visuelle Aspekte kommentiert.

Für schwerhörige Jugendliche läuft auf den Großbildschirmen ein Schriftband mit englischen Untertiteln, es wird auf störschallarme Informationsübertragung geachtet und im Pilgerbuch wird man unter anderem Informationen zu Induktionsanlagen finden. Für Menschen mit Lernschwierigkeiten wird es neben dem allgemeinen Programm, in das sie weitestgehend miteinbezogen werden, die Möglichkeit zur Teilnahme an sogenannten Sternstunden geben, welche die Inhalte des WJT mit allen Sinnen erlebbar machen sollen.

Für mobilitätsbehinderte Menschen hat man neben der möglichst gemeinsamen Unterbringung in der Gruppe für einen Fahrtendienst gesorgt, dem Pilgerbuch werden Informationen zu stufenfreien Zugängen, Türbreiten und barrierefreien Sanitäranlagen zu entnehmen sein. Gehörlosen Menschen werden zumindest die Zentralveranstaltungen in die deutsche, internationale, amerikanische und spanische Gebärdensprache übersetzt. In diesem Zusammenhang ist eindeutig von einem Beitrag zur Gehörlosenkultur die Rede.

Für alle Menschen mit Behinderung werden service points (Servicestellen) eingerichtet sein an denen Ruhezonen mit Betten, Umkleideräume, barrierefreie Sanitäreinrichtungen und zeitweilige Assistenz zur Verfügung stehen, dort können auch Rollstühle repariert und ausgeborgt werden und man wird sich um Fahrtendienstvermittlung kümmern.

Ich habe Sie jetzt mit sehr vielen Informationen überhäuft, einfach deshalb weil ich so begeistert davon bin, dass so vieles berücksichtigt wurde. Ich hoffe wirklich, dass dieses Beispiel Schule macht und bin voller Vorfreude auf ein tolles Gemeinschaftserlebnis.

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