Viele Fragen

Welchen Stellenwert hat das Begleitgesetz?

Zuerst groß angekündigt, dann massiv zusammengestrichen und den Rest trotzdem als "Meilenstein" gefeiert - allerdings nur von den Regierungsparteien. Ist das geplante Gesetz deswegen wertlos? Die Antwort ist eindeutig: Nein, ist es nicht.

Die Parallelen bei der Gesetzwerdung sind unübersehbar. Wie schon im Vorjahr bei der Beschlussfassung des Behindertengleichstellungsgesetzes wiederholt sich derzeit gerade die Geschichte bei der Gesetzwerdung des Begleitgesetzes zum Behindertengleichstellungsgesetz.

Ein wichtiges Anliegen – die Änderungen diskriminierender Bestimmungen in bestehenden Gesetzen – wurde am 6. April 2006 im Ministerrat beschlossen und dem Parlament übermittelt. Großer Freude kommt bei den Betroffenen trotzdem keine auf. Woran liegt das?

Kurzer Rückblick

Um die Wertigkeit des Behindertengleichstellungs-Begleitgesetzes richtig einzuordnen, muss man einen Blick in die Vergangenheit werfen.

Seit vielen Jahren beklagen Behindertenorganisationen eine Vielzahl von diskriminierenden Bestimmungen in Gesetzen und baten alle Ministerien vor mehr als 10 Jahren um Mithilfe bei der Beseitigung dieser Benachteiligungen. „Es sind mir keine Diskriminierungen behinderter Menschen in meinem Ressort bekannt.“ (Anfragebeantwortung des Sozialministers vom 27. Juli 1995, 1204/AB). Diese und gleichlautende Antworten kamen aus allen Ministerien sowie dem Bundeskanzleramt – wenn gefragt wurde, welche Diskriminierungen in den einzelnen Ministerien bekannt sind.

Es herrschte der Irrglaube „Wir diskriminieren niemanden!“ vor. Verstärkt wurde dies noch durch den Zusatz, dass man selbstverständlich – falls Diskriminierungen bekannt würden – diese beseitigen würde. Doch wir ließen nicht locker und die Diskussion um eine Verfassungsänderung half uns bei unseren Bemühungen.

Im Jahr 1997 wurde die Bundesverfassung um den Text „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten.“ erweitert. Die Behindertenbewegung hatte nun die Möglichkeit endlich gegen diskriminierende Gesetzesstellen in Bundesgesetzen vorzugehen.

Wann wird der Bericht aus dem Jahr 1999 umgesetzt?

Von Jänner 1998 bis Feber 1999, wurde im Rahmen der „Arbeitsgruppe zur Überprüfung der Rechtsordnung hinsichtlich behindertendiskriminierender Bestimmungen“, im Bundeskanzleramt / Verfassungsdienst nach in einschlägigen Gesetzen enthaltenen Diskriminierungen gesucht. Am 4. März 1999 konnte der umfangreiche Gesamtbericht vom Bundeskanzleramt / Verfassungsdienst vorgelegt und dem Parlament übermittelt werden.

Begleitgesetz nur kleiner Schritt

Nun – sieben Jahre später – könnte ein zweites Gesetzespaket folgen. Dieses Mal geht es um Berufszugänge. Alle anderen wesentlichen Bereiche wie Bildung und Mobilität wurden ausgespart.

Der verbleibende Rest ist vom Inhalt her nicht schlecht und wird daher seitens der Betroffenen als „wichtiger und begrüßenswerter Schritt“ gesehen, aber eben nur als ein kleiner Schritt zur Beseitigung von jahrelang bekannten diskriminierenden Gesetzesbestimmungen. Dass wiederum viele wichtige Punkte in dem Begleitgesetz fehlen, wird vielerorts kritisiert.

Es müssen unbedingt bald weitere gesetzliche Änderungen erfolgen. Da sich weitere Änderungspakete aber vor der Nationalratswahl im Herbst „nicht mehr ausgehen können“, wird es solche frühestens im Jahr 2007 geben.

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