Jagd nach dem Recht

Reaktionen zum Begleitgesetz

Um den Stellenwert des Behindertengleichstellungs-Begleitgesetzes wird diskutiert. Die Einschätzungen gehen von "Meilenstein" bis zum "bloßen Torso". Eine Bewertung ist in einem Wahljahr von den politischen Parteien wahrscheinlich unerwünscht.

Das am 6. April 2006 im Ministerrat beschlossene Behindertengleichstellungs-Begleitgesetze ruft unterschiedliche Reaktionen hervor. Mit diesem Begleitgesetz sollen diskriminierende Bestimmungen in bestehenden Gesetzen – vor allem im Bereich Berufszugang – beseitigt werden.

„Wir haben daher die Einleitung einer Begutachtung für ein Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetz als weiteren wichtigen Schritt begrüßt“, hält das Forum Gleichstellung fest und verweist auf seine diesbezügliche Stellungnahme. Doch „die Herausnahme der geplanten Änderungen des Notariatsaktsgesetzes aus dem Entwurf eines Behindertengleichstellungs-Begleitgesetzes“ hat diesem Gesetzesentwurf massiv geschadet. Das Forum Gleichstellung übermittelte auch einen Vorschlag, wie man aus der Pflicht zum Notariatsakt ein Recht machen könnte.

Krispl: „wieder scheibchenweise abgetragen“

Als „höchst unerfreulich“ wertet Mag. Michael Krispl vom Verein Blickkontakt, dass „so wie beim Behindertengleichstellungsgesetz, wieder nach und nach durchaus begrüßenswerte Gleichstellungsmaßnahmen, wegen der im Begutachtungsverfahren von gesetzlichen berufsständischen Interessensvertretungen deutlich gemachten Widerständen scheibchenweise abgetragen“ werden. Bekanntlich hatte sich die Notariatskammer vehement gegen jegliche rechtliche Verbesserung für behinderte Menschen ausgesprochen.

Für Krispl ist, durch die „ersatzlose Herausnahme der am 6. April im Ministerrat beschlossene Gesetzesentwurf zu einem „bloßen Torso“ geworden.

Huainigg: „Kein Nachgeben ständischer Interessen“

Mit dem Ministerratsbeschluss zum Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetz „hat der nächste Gleichstellungsschritt den Weg ins Parlament gefunden“, erläutert Behindertensprecher der ÖVP, Dr. Franz-Joseph Huainigg, in einer Aussendung.

Er weist den Vorwurf, dass die „Zurücknahme der Änderung zur Notariatsaktspflicht ein Nachgeben ständischer Interessen sei“ zurück. Vielmehr sei im Begutachtungsverfahren klar geworden, dass „niemand mit dem Begutachtungsentwurf glücklich war“, schreibt der Abgeordnete in einer Antwort.

Huainigg lehnt das Beschließen der vom Sozialministerium und Bundeskanzleramt in Begutachtung geschickte Änderung zum Notariatsaktsgesetz als „Husch-Pfusch Lösung ab“ und vermutet, dass diese „offenbar nur so vehement gefordert wird, da sich die Legislaturperiode dem Ende zuneigt“.

Die Idee, aus der Pflicht zum Notariatsakt ein Recht zu machen, sei hingegen positiv aufgenommen worden, berichtet Huainigg. Entsprechend dieses gemeinsamen Übereinkommens – so der Abgeordnete weiter – führt die Sozialministerin in den Erläuterungen zum Begleitgesetz auch aus: „Zur Erwägung steht eine grundlegende Änderung des § 1 Abs. 1 lit. e Notariatsaktsgesetz und zwar in der Richtung, den Notariatsakt für bestimmte Gruppen von behinderten Menschen nicht als eine Zwangsform, sondern – im Interesse der behinderten Menschen – als Serviceangebot zu gestalten.“

„Es wird wohl – sollte dieser Vorschlag zeitlich nicht mehr umsetzbar sein – eine der ersten Aufgaben der neuen Regierung sein, die geforderte Gesetzesmaßnahme umzusetzen. Ich werde gerne weiterhin als Vermittler tätig sein und zu neuen Gesprächen ins Parlament einladen“, schreibt Huainigg und teilt mit, dass „der übermittelte Gesetzesentwurf dabei eine Grundlage zu neuen Regelungen sein wird“.

Keinerlei Reaktion gewürdigt

Weder die GRÜNEN noch die SPÖ haben das Begleitgesetz mit einer Presseaussendung gewürdigt. Auch seitens der Behindertenorganisationen gab es keinerlei Reaktionen. Ein Umstand, der vielsagend ist.

BZÖ einfach nur peinlich

Eine unrühmliche Rolle hatten wiederum die Sozialministerin Ursula Haubner (BZÖ) sowie ihr Staatssekretär Sigisbert Dolinschek (BZÖ) gespielt. Beide schrieben in ihren Aussendungen von „Menschen mit besonderen Bedürfnissen“ und meinten damit behinderte Menschen.

Peinlich ist dies vor allem aus zwei Gründen: Einerseits ist der Grund der Aussendungen, dass behinderte Menschen in Zukunft weniger diskriminiert werden sollen (und da zählt auch der Sprachgebrauch dazu) und zweitens ist es genau das Sozialministerium, das Broschüren finanziert, die Formulierungen wie „Menschen mit besonderen Bedürfnissen“ als schlecht und diskriminierend bewerten. Aber anscheinend sind die Kernaussagen der Broschüren noch nicht zu den Pressesprechern vorgedrungen …

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