Die ÖBB lieferten zum Nahverkehrszug "Talent" noch immer nicht die für einen Vertrag mit dem Land OÖ notwendigen Informationen; der SPÖ-Verkehrsreferent Haider schreibt den Grünen die Unwahrheit.
„Sticksauer“ – so schreibt die Kronen Zeitung vom 17. September – ist der Klubobmann und Rollstuhlfahrer Trübswasser auf den OÖ Verkehrsreferenten Erich Haider. „Entgegen seiner Zusagen sind die neuen Triebwagengarnituren Talent der ÖBB nicht behindertengerecht“.
Das habe nun Folgen bei den Landesförderungen, schreibt die Tageszeitung.
Der Vertrag über Verkehrsdienste der ÖBB im Bundesland Oberösterreich steht am 21. September 2006 auf der Tagesordnung des Landtages. In Summe geht es um ein Fördervolumen von ca. 30 Millionen Euro. Dem Klubobmann der OÖ-Grünen, Gunther Trübswasser, reicht es. Er will nun mit der ÖVP 30 Millionen Euro Landesförderung für die ÖBB blockieren.
Jahrelange Hinhaltetaktik
Gerade der Nahverkehrszug „Talent“ ist ein Beispiel für die jahrelange Hinhaltetaktik seitens der ÖBB. „Hier wurden viele Entscheidungen bewusst gegen Barrierefreiheit gefällt, die nun Stück für Stück zurückgenommen werden müssen“, erläutert Manfred Srb von BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben in Wien.
Unwahrheiten
Ein ziemlich undurchsichtiges Spiel betreibt der SPÖ-Verkehrsreferent Erich Haider aus Oberösterreich. Zuerst wurde im Frühjahr ein Nahverkehrszug „Talent“ vorgestellt, der eine verbesserte Rampe hatte. Dann stellte sich heraus, dass diese Rampe vorher nie den Behindertenorganisationen gezeigt worden war und nach der Präsentation in Linz umgehend wieder entfernt wurde. (BIZEPS-INFO berichtete)
Erst Anfang Juli gab es, auf Druck der Behindertenorganisationen (Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation-ÖAR und BIZEPS), einen Besichtigungstermin. Damals wurde vereinbart, dass von den ÖBB technische Daten und ein verbindlicher Umrüstplan vorzulegen seien, bevor es eine Zustimmung der Behindertenorganisationen zu dieser Rampe geben könne.
Später schrieb Haider einen Brief an die Grünen, in dem er zusagte, dass die „Talent-Garnituren für Oberösterreich … natürlich der Ausführung des Zuges, der vor einiger Zeit zu Besichtigungszwecken von Salzburg nach Linz gekommen ist“ entsprechen. Auch das ist unwahr, weil es bisher weder eine technische Realisierbarkeit der Rampenbefestigung im Fahrzeug, noch einen Ein- bzw. Umbauplan dafür gibt.
Was Trübswasser fordert
Der Klubobmann der OÖ-Grünen will daher „weitere Versprechungen nicht mehr hinnehmen“ und fordert „konkrete, vertraglich verbindliche Zusagen bzw. Bestätigungen“ bevor die Grünen im Landtag zustimmen würden.
Er fordert
- die Vorlage einer Bestätigung seitens der ÖAR und BIZEPS, dass eine brauchbare, den Grundsätzen der Barrierefreiheit entsprechende Lösung der Einstiegsrampe für die Triebwagengarnitur „Talent“ vorgelegt wurde,
- einen exakten und verbindlichen Zeitplan, innerhalb dessen eine vollständige Umrüstung der „Talent“ – Triebwagen vorgenommen wird und
- eine präzise Liste all jener Bahnsteige und Haltestellen, an denen die „verbesserte Rampe“ wegen ihrer Ausführung (Länge) vorläufig und bis zu allfälligen baulichen Änderungen im Haltestellenbereich nicht eingesetzt werden kann.
Er sei sich mit dem Koalitionspartner ÖVP einig, gibt Trübswasser gegenüber BIZEPS-INFO bekannt.
ÖBB säumig
Damit Zusagen verbindlich werden, legt die Behindertenbewegung auf schriftliche Vereinbarungen mit der ÖBB wert. In der Vergangenheit wurden schon Vereinbarungen zwischen der ÖBB und den Behindertenorganisationen (ÖAR und BIZEPS) beispielsweise für den bestehenden Doppelstockwagen abgeschlossen. Eine für den Multifunktionswagen steht knapp vor dem Abschluss.
Die Verhandlungen zum „Talent“ gestalten sich aber sehr mühsam, weil die ÖBB seit Juli 2006 säumig sind. „Die technischen Beschreibungen und verbindliche Umrüstzeitpläne wurden noch immer nicht vorgelegt“, kritisieren die Interessensvertreter der Behindertenorganisationen.
„Seitens der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation sowie BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben kann daher zum jetzigen Zeitpunkt keine Zustimmung zum Nahverkehrszug Talent – in Bezug auf Barrierefreiheit – erfolgen, weil uns wichtige Informationen und ein Entwurf für die schriftliche Vereinbarung noch immer nicht übermittelt wurden“, geben die Behindertenorganisationen auf Nachfrage bekannt.
Unterstützung erhält Trübswasser auch von der Selbstbestimmt-Leben-Initiative Linz und anderen oberösterreichischen Behindertenorganisationen.
„Klubobmann Trübswasser soll aufhören, Verbesserungen im öffentlichen Verkehr zu bremsen oder zu verhindern“, kontert nun Verkehrsreferent Erich Haider in der Kronen Zeitung vom 20. September sichtlich verärgert.