Flagge Deutschland

Deutschland: Erfolge nur symbolisch

Ein Rückblick auf fünf Jahre Behindertengleichstellungsgesetz in Deutschland. Der Grund zur Freude ist verflogen. Auch in Österreich ist Realismus in der Beurteilung des österreichischen Gesetzes notwendig.

„Genau heute vor fünf Jahren wurde das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) in Deutschland geltendes Recht. Das wurde damals in einem Berliner Festzelt mit Sekt, Saft und Schnittchen gefeiert – Aktion Mensch bezahlte die Rechnung“, schreibt kobinet-nachrichten rückblickend ernüchtert.

Nun ist der deutschen Behindertenbewegung schmerzhaft bewusst geworden, wie stark der Handlungsbedarf ist. „Dabei wurde deutlich, dass das Behindertengleichstellungsgesetz mittlerweile in einigen Bereichen zwar eine wichtige symbolische Bedeutung entfaltet hat, wie dies auch Horst Frehe, der Vorsitzende des Sprecherrates des Deutschen Behindertenrates ausführte. Bei der konkreten Umsetzung hapert es aber noch in vielen Bereichen, wie zum Beispiel bei der Barrierefreiheit der Deutschen Bahn, wie mehrfach berichtet wurde“, so kobinet-nachrichten weiter.

Deutschland: Kritik an mangelnder Barrierefreiheit

Doch die deutsche Behindertenbewegung hat im Rückblick die Schwächen des Gesetzes klar erkannt und will daran arbeiten.

„Heute werden allenfalls noch symbolische Erfolge belobigt. Die Kritik an mangelnder Barrierefreiheit wird im Alltag immer wieder neu bestätigt“, erläutert kobinet-nachrichten und zitiert die Tageszeitung (taz): „Junge Mütter und Väter kennen das: Sie erreichen mit Kinderwagen schweißtriefend den Bahnhof. Da fährt oben die S-Bahn ein, alle rennen los, die Treppe hinauf. Nur der Kinderwagen bleibt unten stehen, samt verschwitztem Elternteil. Junge Eltern haben noch Glück: Kinderwagen kann man zu zweit die Treppe hinauftragen. Ein Rollstuhl mit Erwachsenem ist zu schwer. Und: Menschen mit Behinderungen kämpfen dagegen, ständig auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein.“

Österreich: Auch kein Grund zum Feiern

In Österreich wurde der kritischen Behindertenbewegung – vor allem von der ÖVP – vorgeworfen, dass sie im Gegensatz zu den deutschen Kolleginnen und Kollegen keine Feier anlässlich der Verabschiedung des österreichischen Gleichstellungsgesetzes veranstaltet hat. Besonders der ÖVP-Behindertensprecher, Dr. Franz-Joseph Huainigg, war massiv verärgert.

„Ich bedaure es sehr, dass die Beschlussfassung des Behindertengleichstellungsgesetzes, eine langjährige Forderung der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung, nicht gemeinsam gefeiert werden kann“, so der Abgeordnete damals in seiner Aussendung. Der schwache Entwurf in Deutschland sei hingegen von der dortigen Selbsbestimmt-Leben-Bewegung durchaus begrüßt worden, „er ist ja auch von einer rot-grünen Regierung“, stellte der ÖVP-Behindertensprecher fest und warf den Kritikerinnen und Kritikern Parteipolitik vor.

Selbstzufriedene Beurteilung

Doch die Gefahr der selbstzufriedenen Beurteilung des österreichischen Behindertengleichstellungsgesetzes ist noch nicht gebannt. Es wurde zwar keine Feiern bei der Verabschiedung im Parlament abgehalten, doch nun werden vom Bundessozialamt und dem Sozialministerium Berichte über das Wirken des Gesetzes seit 1. Jänner 2006 erstellt und in Folge veröffentlicht.

BIZEPS hat seit Sommer 2006 eine Sammlung von 40 Ergebnissen von Schlichtungen angelegt und die diskriminierten Personen befragt, wie sie mit den Verfahren zufrieden sind. Weiters werden gerade die ersten Ergebnisse von Klagen bekannt. Wir sammeln auch Informationen, wie es möglich ist, dass noch immer Verkehrsmittel neu in Betrieb gehen, die nicht barrierefrei sind oder dass Stufen bei Geschäften entstehen, die vorher keine hatten.

Wir schreiben gerade die Ergebnisse der ersten zwei Jahre zusammen und hoffen diese im Herbst dieses Jahres in Buchform veröffentlichen zu können.

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