Parlament

Pflegepaket: Hitzige Diskussion im Parlament

Knapp nach 14 Uhr begann am 6. Juni 2007 die Debatte um das Hausbetreuungsgesetz sowie die Förderung durch das Pflegegeldgesetz.

Die Debatte beherrschte in den letzten Tagen die Medienberichterstattung. Nun fand die Sitzung im Nationalrat statt. Sie verlief sehr emotional, was nicht verwundert.

Mandak: „Name so schlecht wie das Gesetz“

Die erste Rednerin, Sabine Mandak (GRÜNE), kritisiert das Hausbetreuungsgesetz massiv: „Der Name des Gesetzes ist so schlecht wir das Gesetz selbst“, meint sie und fordert: „Reden Sie einmal mit Menschen, die selbst betreut werden!“

Die öffentliche Diskussion und der Schlagabtausch zwischen den Ministern Bartenstein und Buchinger war verheerend, erinnert sie. Die betroffenen Menschen „sind wirklich massiv verunsichert“, berichtet die GRÜNE. „Die Verlängerung halten wir für unbedingt notwendig“, so die Abgeordnete und bringt einen Entschließungsantrag ein, der zum Ziel hat, dass Amnestie-Regelung zeitlich ausgedehnt wird.

„Was werden Sie tun mit den 19.000 Personen, die sie im Regen stehen lassen“, fragt sie Sozialminister Buchinger und erinnert: Man sei von 20.000 Personen ausgegangen und nun solle es eine Regelung für wahrscheinlich 1.000 Personen geben. Die GRÜNEN würden nicht zustimmen, so Mandak.

Lapp: „Wichtiger Mosaikstein“

Mandak habe zur „Verunsicherung der betroffenen Menschen beigetragen“, replizierte die SPÖ-Behindertensprecherin, Mag. Christine Lapp. Für Sie ist es ein „wichtiger Mosaikstein“ im Pflegebereich. Es ist wichtig, dass „wir weiterschreiten bei den Maßnahmen“. Der ÖVP warf sie vor, sich immer im „Warteraum“ befunden zu haben.

Sie behauptete, dass die Regelung gemeinsam mit den Beamten und den Betroffenen entworfen worden wäre; was mehrfach öffentlich bestritten wurde.

Hofer: „Betroffene haben keine anderen Möglichkeiten“

Ing. Norbert Hofer, der Behindertensprecher der FPÖ, erinnert daran, was Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer in einem Interview versprochen hatte. Das Pflegegeld werde jährlich valorisiert werden, hätte dieser angekündigt; was nun nicht eingehalten werde.

Zum Hausbetreuungsgesetz meint Hofer: „Wir müssen erkennen, dass hier keine 24-Stunden Betreuung“ umfasst wird. Es seien weit weniger Stunden, legt der Abgeordnete dar. „Es wird weiter illegale Pflege geben“, vermutet er, „weil die Betroffenen keine anderen Möglichkeiten haben“.

Er bringt folgenden Antrag ein: „Die Bundesregierung wird aufgefordert, schnellstmöglich alle erforderlichen Schritte zu setzen, um das Pflegegeld so anzupassen, daß es inflationsbereinigt dem Wert bei dessen Einführung im Jahr 1993 entspricht. In Zukunft soll zudem eine jährliche Valorisierung des Pflegegeldes sichergestellt werden.“

Haubner: „Kläglich gescheitert“

BZÖ-Sozialsprecherin Ursula Haubner zeigte auf, dass eine Lösung, die für nur 1.000 Personen zugute komme beschämend ist und sie sagte in Richtung Regierung, dass sie „bereits kläglich gescheitert“ sei.

Sie erinnerte daran, dass Hilfs- und Behindertenorganisationen massive Kritik üben. Sie möchte „endlich“ auch wissen, welche Förderungen es geben und welche Kosten auf die Betroffenen zukommen werden. Sie wiederholte die BZÖ-Forderung nach Erhöhung des Pflegegeldes. „Man kauft heute mit einer Beschlussfassung die Katze im Sack“, weil weder die Richtlinien für die Förderungen noch die Details bekannt sind.

„Altwerden daheim wird mit diesem Modell nicht möglich sein“, so die Abgeordnete. Sie urgierte auch ein Gesamtkonzept für die Pflege, weil „es genügt nicht, im Wahlkampf den Pflegenotstand auszurufen“.

Bartenstein: „Erster Schritt“

„Was wir vorlegen ist ein erster Schritt; nicht mehr und auch nicht weniger“, meint Wirtschaftsminister Dr. Martin Bartenstein (ÖVP). Er hält „einen zweiten Schritt ab den 4. Juli für möglich“, kündigt er an.

Das Hausbetreuungsgesetz solle „einen Rahmen für eine 24-Stunden Betreuung“ schaffen, erklärt er. Dies sei selbstständig wie auch unselbstständig möglich. Kritisch erwähnt er, dass im Richtlinienentwurf des Sozialministeriums enthalten ist, nur unselbstständige Betreuung zu fördern. Weiters hatte es mit den Ländern „kein tragfähiges Verhältnis“ gegeben. Man wolle „nicht sehenden Auges ein Minderheitenprogramm beschließen“, so Bartenstein zu den Abgeordneten.

Man werde „als zweiten Schritt“ über eine Verlängerung der Amnestieregelung sprechen, die Förderung von unselbstständigen Betreuern sowie die Fördermöglichkeit auch unterer Pflegestufen. Man werde bei den Förderungen darüber reden müssen, dass diese schon ab der Pflegestufe 3 erfolgen.

Auch wenn „Schritt zwei“ gelingt, müsse das Ziel sein, dass „Pflege und Betreuung daheim möglich sein muss wie im Heim“.

Öllinger: „Das Ergebnis ist jetzt schon absehbar“

Der GRÜNE Sozialsprecher, Karl Öllinger, berichtet von einem Praxisbeispiel und zeigt auf, warum die vorgeschlagene Regelung keine Lösung ist. Den Menschen helfe es nicht, wenn nur gestritten werde.

„Das Ergebnis ist jetzt schon absehbar“, so der Abgeordnete. Sein Vorredner habe schon aufgezeigt, dass die Regelung bald wieder geändert werden müsse. „Auf etwas Illegales einfach ‚legal’ zu schreiben“, hilft Niemandem. Der Entwurf umfasst nur ein ganz, ganz kleines Segment der pflegebedürftigen Personen. Er bringt – im Sinne der GRÜNEN Behindertensprecherin, Theresia Haidlmayr, – einige Abänderungsanträge ein.

Huainigg: „Gleichstellung der Mittel“

Der ÖVP-Behindertensprecher, Dr. Franz-Joseph Huainigg, zitierte zuerst die Kritik des Präsidenten der ÖAR, Dr. Klaus Voget. Er lege Wert auf die Feststellung, dass die ÖVP soziale Werte vertrete.

Dann zeigte er auf, dass viel Geld für Heime aufgewendet wird und er forderte „eine Gleichstellung“ der Mittelverwendung und mehr Mittel für ein selbstbestimmtes Leben daheim.

„Es gibt unter den Betroffenen eine Verunsicherung“, berichtet er und erwähnt die Unsicherheiten bei der Förderung und den Anstellungsvoraussetzungen. Im Sinne des selbstbestimmten Leben sei es wichtig, im Bereich „Laienhelfer“ Regelungen zu schaffen, fordert er abschließend.

Kritik an Buchinger

Drollig waren die Verteidigungsreden der SPÖ-Abgeordneten Laura Rudas und Ulrike Königsberger-Ludwig, die die Kritik an den chaotischen Gesetzesvorlagen in eine Parteikritik umzudeuten versuchten. Viele Punkte der Kritik – so die Abgeordneten – seien nur dazu da, den „beliebtesten Sozialminister“ anzupatzen.

Buchinger: „Regierung schaut erstmals auf diese 24 Stunden Betreuung hin“

„Zuerst zum uneingeschränkt Positiven“ zu dem Sozialminister Dr. Erwin Buchinger (SPÖ) den Umstand zählt, dass das Parlament sich mit dem Thema Pflege und Betreuung auseinandersetzt. Dies sei „die wichtigste soziale Frage“, mit der man sich auseinander setzen müsse.

Die Regelungen sind deswegen so wichtig, weil sie bisher „nicht legal in Österreich angeboten wurden“, erklärt er. Die Regierung „schaut erstmals auf diese 24 Stunden Betreuung hin“, stellt Buchinger stolz fest.

Es gehe darum, jenen „5.000 bis 20.000 Haushalten“ ein Angebot zu machen, so der Sozialminister. Er werde für „1.000 bis 6.000 Fälle“ Förderungen zur Verfügung stellen.

Buchinger stritt ab, dass behinderte Menschen nicht in die Verhandlungen eingebunden waren und verlas eine Reihe von Terminen, zu denen behinderte Menschen ins Ministerium eingeladen worden seien. Die Einbindung sei so stark „wie noch nie„, gewesen behauptete er.

Er ging auch auf die Bedenken der „Scheinselbstständigkeit“ ein. Er lege weiter Wert auf die Feststellung, dass er sich nicht von gemeinsam beschlossenen Punkten distanziere. Hier kritisierte er die ÖVP, die in den letzten Tagen von gemeinsam beschlossenen Punkten abgegangen sei.

Man habe nun die Verpflichtung, die Menschen zu informieren, damit „die gute Nachricht die Menschen erreicht“, meine er abschließend und kündigt ab „nächster Woche“ eine Informationskampagne an.

Neue Gesetzestexte

Das Hausbetreuungsgesetz und die Novelle des Bundespflegegeldgesetzes wurden mit den Stimmen von ÖVP und SPÖ beschlossen. Ebenfalls neu das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2007, welches Verbesserungen bei der freiwilligen Pensionsversicherung für pflegende Angehörige bringt.

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