ENAR veröffentlicht Fact Sheet zu multipler Diskriminierung

ENAR, das Europäische Netzwerk gegen Rassismus, fasst in seinem 33. Fact Sheet den Diskussionsstand zu multipler Diskriminierung zusammen und weist auf nötige Verbesserungen des Rechtsrahmens hin.

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Jeder Mensch hat ein Geschlecht, ein (sich laufend änderndes) Alter, eine sexuelle Orientierung und eine gewisse ethnische Herkunft. Manche haben oder erwerben auch eine Religion oder Behinderung. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass sich Benachteiligungen nicht an die sieben Diskriminierungsgründe des EU-Rechts halten.

Was ist multiple Diskriminierung?

Es gibt eine umfangreiche, vor allem englische, Literatur und Diskussion zum Thema, die auf Grund der unterschiedlichen Fächer (Jus, Ethnologie, Soziologie), methodischen Ansätze und Forschungsinteressen aber sehr unterschiedliche Definitionen und Begriffe verwendet.

Der Fact Sheet nimmt eine gelungene Begriffsklärung vor:

  • Multiple Discrimination (multiple Diskriminierung) im engeren Sinn beschreibt eine Situation, in der Diskriminierung auf Grund zweier oder mehrerer Gründe unabhängig voneinander geschieht.
  • Compound discrimination (verstärkende Diskriminierung – ein prägnanter besserer Begriff wäre wünschenwert) liegt vor, wenn eine Diskriminierung auf Grund zweier Gründe vorliegt, die sich gegenseitig verstärken.
  • Intersectional discrimination (intersektionelle Diskriminierung) ist gemeint, wenn zwei oder mehrere Gründe zu einer Diskriminierung führen, die bei Vorliegen nur eines Merkmals nicht geschehen würde.

Warum dieser sperrige Begriff?

Das Konzept der multiplen Diskriminierung zeigt klarer, wie sich bei Zugehörigkeit zu mehreren benachteiligten Gruppen ein Multiplikatoreffekt einstellen kann und dass gruppeninterne Diskriminierung dazu führen kann, dass Menschen, von Angehörigen einer Gruppe auf Grund anderer Merkmale benachteiligt werden.

Auswirkungen auf das Recht

Der Fact Sheet beschreibt eindrücklich, dass die Antidiskriminierungs-Richtlinien der EU einem „single ground approach„, also der getrennten Behandlung der einzelnen Diskriminierungsgründe, anhängt. Nur Gender Mainstreaming ist ausdrücklich als gruppen- und gründeübergreifendes Prinzip genannt. Gegenmodelle gibt es zum Beispiel im kanadischen und südafrikanischen Recht.

Besonders für Österreich sind ein klares Konzept und breit akzeptierte Begriffe rund um das Phänomen „Mehrfachdiskriminierung“ wichtig. Da die Bekämpfung von Diskriminierung im Bundesrecht auf das Gleichbehandlungsgesetz und das Behindertengleichstellungspaket aufgeteilt sind, können bei unterschiedlichen Diskriminierungsgründen verschiedene Verfahren zur Anwendung kommen. Außerdem ist Mehrfachdiskriminierung bei der Bemessung der Höhe des immateriellen Schadenersatzes zu berücksichtigen.

Wer berücksichtigt multiple Diskriminierung in seiner Arbeit?

So hat das European Roma Rights Center eine eigene Person, die sich auf Gender-Aspekte konzentriert und ILGA, die Internationale Lesben- und Schwulenvereinigung, bietet auf ihren jährlichen Konferenzen spezielle Workshops an, die den Zusammenhang der sexuellen Orientierung mit anderen Diskriminierungsgründen thematisieren.

Die Europäische Kommission will am 7./8. Dezember in Kopenhagen eine Konferenz zum Thema veranstalten, auf der auch eine Studie des Danish Institute for Human Rights vorgestellt werden soll.

Den Fact Sheet finden Sie auf der Website von ENAR.

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