Das war „<A-Tag>07: Barrierefreie Medien“

Auch die heuer vom Verein accessible media organisierte Informationsveranstaltung zum Thema barrierefreies Internet war ein voller Erfolg. Rund hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen ins Wiener Techgate. Ein Rundblick.

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Das Programm war viel versprechend und so fanden sich – auf Einladung der Plattform „accessible media – Zugang für alle“ wieder viele Expertinnen und Experten ins Wiener Techgate ein. Im Vorjahr lautete das Motto „Warum barrierefreies Internet?, heuer war der Focus auf „Barrierefreie Medien“ gelegt.

Silhavy: „Barrierefreiheit bedeutet Chancengleichheit“

Die zuständige Staatssekretärin Heidrun Silhavy (SPÖ) hielt in ihrem Eröffnungsreferat den Stellenwert von Barrierefreiheit im Internet fest und sieht in den Webauftritten der Verwaltung deren Visitkarten.

„Barrierefreiheit bedeutet Chancengleichheit. Eine moderne Verwaltung bietet ihre Leistungen im Internet an und hat sie so zu gestalten, dass sie für alle Menschen einfach, schnell und komfortabel zugänglich sind“, betonte Silhavy.

Im Anschluss zeigte Dr. Günther Schuster vom Bundessozialamt auf, warum Gleichstellung ein Organisationsziel sein sollte.

Erfolgsfaktoren

Der blinde deutsche Accessibility-Experte Jan Eric Hellbusch zeigte anhand von zwei durch ihn begleiteten Web-Projekten die Erfolgsfaktoren bei der Entwicklung barrierefreier Internetseiten auf. Er berichtete von deutschen E-Government-Projekten, die zu BIENE-Preisträgern wurden. Eines dieser Projekte war die Website www.profile-hh.de.

Captcha am Ende?

Eines der Highlights des Tages war sicherlich die Auftritt von Dr. Peter Purgathofer vom Institut für Gestaltungs- und Wirkungsforschung der TU Wien, der über Sinn und Unsinn von Captchas sprach. Mit Captcha sollen beispielsweise Masseneinträge in Foren verhindert werden. Die Idee dahinter ist, dass erkannt wird, ob ein Mensch oder eine Maschine einen Eintrag versucht. Purgathofer „zeigte anhand verschiedener Beispiele und stellte begreiflich dar, wieso Captchas im Grunde genommen kontraproduktiv sind“, schreibt Georg-Armin Petre im Webstein-Blog.

Captchas sind für Maschinen kaum mehr eine Barriere; für Menschen stellen sie aber teilweise eine unüberwindbare Hürde dar.

„Schlussendlich ist dieser Weg nur beschränkt haltbar, da die Erkennungsalgorithmen immer besser werden“, resümiert Robert Lender den Vortrag in seinem Blog und gibt ein dargebrachtes Beispiel wieder: „So gibt es schon Erkennungsraten von 98 Prozent für manche grafischen Captchas! Aber eigentlich reicht schon ein Prozent oder weniger. Denn das hieße bei einem massiven Angriff auf ein Blog von sagen wir 500.000 Trackbacks, Kommentaren, … dass immerhin 5.000 (!) durchkämen.“

Status in der Schweiz

Eine aktuelle Erhebung über den Status öffentlicher Websites in der Schweiz erläuterte Markus Riesch (Leiter Technologie, Accessibility und Forschung der Stiftung „Zugang für alle“).

Das Ergebnis ist auch in der Schweiz ernüchternd. Kaum eine Seite erfüllt die Level AA der WCAG. Bundesseiten sind eine Spur besser als jene der Kantone.

Caspers: „javascript ist nicht böse“

Wie schon im Vorjahr fesselte Tomas Caspers, freier Berater aus Much/Deutschland mit seinem Vortrag „Das Web zum Mitmachen: Barrieren in der Praxis“.

Er zeigt auf, dass „Flash und Ajax nicht per se schlecht sind“, hält Robert Lender fest und ergänzt: „Es ist wie bei Webdesign mit HTML und Co. Auf den Programmierer kommt es an, ob das Endergebnis akzeptabel ist oder nicht.“

Wann kommt WCAG 2.0?

Der Beitrag von Shadi Abou-Zahra, W3C Web Accessibility Spezialist für Europa, stand unter dem Titel „AJAX, Microformats und HTML5 – wie können die Anforderungen von Menschen mit Behinderung in diese Technologien eingebaut werden?“.

Der Vortragende verrät – nachdem er wiederholt gefragt wurde – den Zeitplan für die überarbeiteten Richtlinien für barrierefreie Internetangebote (WCAG 2.0) „Im Dezember soll, nach der bald abgeschlossenen Überarbeitung, erneut ein Last Call für die WCAG 2.0 eröffnet werden“, hält Markus Riesch im Rückblick fest.

„Seine Rede beschäftigte sich mit dem Thema, wie sich das Web, welches sich durch AJAX und Co. von rein statischen Seiten zu ganzen Applikationen mit dynamischen Inhalten entwickelt hat“, so Petre von Webstein.

Im Anschluss zeigte Prof. Klaus Miesenberger vom Institut Integriert Studieren Methoden zur Evaluierung von Webseiten auf.

Akutelle Webprojekte

Im Jahr 2006 bot die Veranstaltung von accessible media dem Kurier, der Stadt Wien sowie dem Österreichischen Jüdischen Museum die Möglichkeit, über ihre Erfahrung zu berichten. Dieser sehr gut angekommene Programmpunkt wurde auch heuer angeboten.

Ing. Wolfgang Trexler von der Bank Austria-Creditanstalt stellte die akustischen TANs vor, die zur Verbesserung des Angebotes des Online-Bankings für sehbehinderte und blinde Menschen eingeführt wurden.

Zum Thema „Barrieren mit dem Webdienstleister abbauen“ legte Mag. Andrea Frauscher von der Telekom Austria ihre bisher gemachten Erfahrungen dar, ohne den schwierigen Weg zu mehr Barrierefreiheit zu beschönigen.

Das Projekt help.gv.at des Bundeskanzleramtes erhielt im Jahr 2006 eine goldene BIENE. Der erst kürzlich in die zuständige Abteilung gekommene Mag. Johannes Rund, referierte den Weg zu diesem Erfolg. Dass trotz dieser Auszeichnung noch ein Verbesserungsbedarf besteht (nämlich bei der Tastaturnavigation), gab Eva Papst dem Mitarbeiter des Bundeskanzleramtes mit auf den Heimweg.

Zum inhaltlichen Abschluss der Veranstaltung fand eine Expertinnen- und Expertendiskussion über „Heiße Eisen der Accessibility“ statt. Den Ausklang bildete die accessible-media-Lounge, wo noch viele Stunden nachher angeregte Gespräche bei guten Drinks stattfanden.

Resümee

„Acht Stunden geballte Ladung an interessanten Vorträgen zum Thema barrierefreies Internet, die erst noch verdaut werden wollen“, meint etwa Beate Firlinger rückblickend im MAIN-Blog und konkretisiert: „Das Event bot Inhalte auf hohem Niveau. Anspruchsvolle Kost für Accessibility Fachmenschen, die AJAX nicht nur für ein Putzmittel halten.“

Alle Vorträge wurden von Freak-Radio aufgezeichnet und werden in absehbarer Zeit nachhörbar sein und abgetippt werden.

„Alles in allem war das eine sehr gut durchkomponierte Tagung, sehr straff inszeniert, prächtig ausgestattet und zusammengehalten von der Integrationsfigur der Wiener Web Accessibility Szene, der um-, vor- und nachsichtigen Eva Papst“, schreibt Mag. Maria Putzhuber im MAIN_web.

Wir werden über einige der Vorträge noch im Detail berichten.

In „Technikwürze“ (Ausgabe 95 vom 22. Oktober 2007), dem Podcast rund um Webdesign, Webstandards und barrierefreie Webseiten, gab Eric Eggert einen kurzen Rückblick auf die Veranstaltung.

Rückblick Veranstaltung von accessible media
SprecherIn: Eric Eggert
Audioquelle: Technikwürze

Ja, das war hier so eine Konferenz in Wien. Da waren u.a. die zwei Webkrauts Jan Eric Hellbusch und Tomas Caspers. Und es ging den ganzen Tag um Accessibility und es gab auch ein paar sehr nette neue Ansichten. Unter anderem gab es eine Präsentation zu Captchas. Ja, die ganzen Audios gibt es irgendwann im Netz und die Präsentationen auch. Und wer sich für das Thema interessiert, sollte sich das anschauen bzw. anhören.

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