„Licht ins Dunkel“ – heiligt der Zweck die Mittel?

Mitleidserregung als Mittel? Wird das menschliche Bedürfnis zu helfen genutzt oder benutzt? Der Kampf um das "mitteilende" Leben - in der Kritik.

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Verein Licht ins Dunkel

Von NR-Abg. Dr. Huainigg, der aufgrund schwerer Behinderung selber auf umfangreiche Assistenzleistungen in Beruf und Alltag angewiesen ist, wurde kürzlich ein Aufruf zur Reform, der alljährlich in der Vorweihnachtszeit stattfindenden Spendenaktion „Licht ins Dunkel“ (LiD) gestartet. Diese Aktion „Nicht ins Dunkel“ erfreut sich wachsenden Zuspruchs durch Anzünden eines Lichtermeers von inzwischen über 4.000 Gleichstellungskerzen.

Kritik an der Kritik

Die Träger der Spendenaktion sind verständlicher Weise über diese Störung des Weihnachtsfriedens nicht erfreut, die Verunsicherung von Spendern kann letztlich zu Einbrüchen des Spendenaufkommens führen. Der Leiter von „LiD“, versteht die Kritik nicht: „Jährlich würden 400 Behindertenprojekte gefördert“. Es wird versucht, die Stellung zu halten und sämtliche Register einer guten Reputation dieser 35-jährigen „Wohlfahrts-Institution“ werden gezogen. Der Kritik wird Destruktivismus unterstellt.

Ist „LiD“ kritikfähig?

Nach der bisherigen Verteidigungsstrategie zu schließen, scheint der Reformaufruf vorerst noch nicht richtig angekommen zu sein. Wenn weiterhin etwa minütlich ein Stimme gegen diese Selbstgefälligkeit, vor allem aus dem Kreis der angeblich „Profitierenden“ erhoben wird, haben die LiD-Organisatoren bald einen Erklärungsnotstand über „Schein und Sein“ dieser Aktion.

Stimmt das Ziel, gibt es Reformbedarf?

Förderschwerpunkt von „LiD“ sind Ausstattungen und Einrichtungen für Sonderschulen, Werkstätten für behinderte Menschen, Behinderten- Wohngemeinschaften, Behinderten-Pflegeheimen und Kinderheime.

Wieweit solche Projekte, die teilweise an sich auch ihre Berechtigung haben und auch finanziert werden müssen, jedoch dem Ziel umfassender Inklusion dienen, ist zu hinterfragen. Eine längst überholte Vorstellung, behinderte Menschen seien in aussondernden, „schützenden“ Sonderwelten gut „aufgehoben“, wird dadurch gefestigt.

Mitleidserregung als Mittel?

Die alte Frage – heiligt der Zweck die Mittel? – steht im Raum. Um das Spenderherz wurde vordergründig mit dem Einzelschicksal, meist des „armen Behinderten“ mit dem Hilferuf „ist da jemand?“ geworben. Diesbezüglich dürfte Kritik von Menschen mit Behinderung, die sich dadurch in ihrem Selbstverständnis verzerrt dargestellt und diskriminiert fühlten, bereits etwas Veränderung gebracht haben. Die Art der Umsetzung des Spendenaufrufs – das Marketing – bietet jedoch weiterhin Angriffsflächen für Kritik.

Direkthilfe bloßer Werbeträger?

In der Werbedarstellung steht im Vordergrund, dass Hilfe direkt Betroffenen zugute kommt. In den Botschaften an das Spenderherz steht dies oft an erster Stelle. Auf der LiD-Homepage ist nachzulesen: „Licht ins Dunkel – für viele Menschen Hilfe in einer ausweglosen Situation“. Diese Direkthilfe (Soforthilfe) an betroffene Familien führt jedoch tatsächlich ein Schattendasein. Sie beträgt nur 15 % bis 18 % des Gesamtvolumens.

Durchschnittlich sind das gerade mal ein paar hundert Euro Einmalförderung je in existenzieller Not (!) befindlicher Familie. Diese einmaligen Zuwendungen aus der Direkthilfe sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein und können in den meisten Fällen keine wirkliche Verbesserung der Notsituation bewirken, denn es handelt sich fast immer um permanente Bedürfnisse.

Missbrauch bürgerlichen Engagements?

Bei genauer Betrachtung mancher Projekte stellt sich die Frage, ob mit den Spendengeldern die verschiedenen Töpfe des Staatshaushalts zu unrecht entlastet werden, wo nämlich selbstverständlich öffentliche Leistungen und Förderungen greifen müssten.

Kontraproduktive Sozialkosmetik

Mit der Direkthilfe wird nur oberflächlich ein Eindruck von Hilfe vermittelt, die Probleme aber nicht an der Wurzel gepackt! Die tatsächliche Not von Familien mit behinderten Kindern (und Erwachsenen) wird dadurch sogar verschleiert.

Die öffentliche Meinung wird regelrecht immunisiert, „hast du noch nicht bei ‚Licht ins Dunkel‘ um Hilfe angefragt?“, ist eine typische Reaktion auf die Schilderung einer Notlage. Die Almosen-Kultur trägt nicht zu gesellschaftlichen Veränderungen bei, ja untergräbt sogar das natürliche Bedürfnis der Menschen zu helfen!

Hauptproblem ist die Sozialpolitik

Mit den alljährlichen Scheinhilfen werden grundsätzlich falsch gestellte Weichen in der Sozial- und Behindertenhilfe nicht verändert.

Warum müssen behinderte Menschen und Familien mit behinderten Kindern in Österreich eigentlich in Not geraten? Durch eine sozial ausgewogene und vorausschauende Politik der Armutsprävention und bedarfsorientierten Behindertenhilfe dürfte es erst gar nicht zu diesen Problemen kommen. Diese Not ist sicher nicht ein Problem des Geldmangels, sondern ein Verteilungsproblem, ein Problem des politischen Willens und Gewissens und der sozialpolitischen Kultur der Ignoranz.

Da treibt LiD leider im selben Fahrwasser und wird dazu von der Sozialbürokratie missbraucht. Folgende Aussage auf der LiD-Homepage ist aufschlussreich: „Soforthilfe – die Einrichtung für schnelle und unbürokratische Hilfe! Der Soforthilfefonds hilft Kindern und deren Familien in Österreich, die unverschuldet in Not geraten sind und wenn die öffentlichen Stellen und Behörden nicht ausreichend Hilfe geben können. Durch die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit den Gemeinde- und Jugendämtern gelingt es uns immer, nach genauer Überprüfung des Ansuchens, rasch und effizient zu helfen.“

Hoffnung bleibt

Möge die begonnene Diskussion, nach Überwindung verletzter Eitelkeiten, zu einem fruchtbaren Dialog führen, der letztendlich das Hilfebedürfnis und das Bedürfnis zu helfen in optimaler Weise zusammenbringt. Das bleibt den „Licht ins Dunkel“-Organisatoren und den Kritikern zu wünschen.

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8 Kommentare

  • Wir fordern endlich einen Rechtsanspruch auf Hilfsmittel und deren vollständige Ausfinanzierung.
    https://www.openpetition.eu/at/petition/online/gesetzlicher-rechtsanspruch-auf-hilfsmittel-und-deren-vollstaendige-ausfinanzierung

  • Wenn man sich an die Konvention zur Gleichbehandlung behinderter Menschen halten würde – so wie man es unterschrieben hat – dann wäre es nicht notwendig mit mitleidheischenden Sendungen diese Menschen in den Fokus der Allgemeinheit zu zerren. Und jene, welche sich aufgerufen sehen zu spenden tun dies vor Weihnachten mit dem inneren Glauben eine gute „Tat“ getan zu haben. Anstatt sich im Alltag dafür einzusetzen, dass behinderte Menschen endlich dort ankommen wo sie hingehören im 21. Jahrhundert, nämlich mitten hinein die Allgemeinheit, kauf man sich einmal im Jahr mit einer Spende frei. Es ist das traurigste Zeugnis unserer heutigen Gesellschaft, dass Menschen mit Behinderungen und Einschränkung immer noch zum großen Teil Randexistenzen führen und Verwahrungsanstalten immer noch mit Eifer gebaut werden, mit der Begründung, dass man damit nur bestmögliche Förderung der Menschen im Auge hat. Dass hinter dem Ganzen eine ganze Maschinerie steckt, bei der sich viele finanziell bereichern und ganze Geschäftszweige sich damit dumm und dämlich verdienen ist leider eine bittere Wahrheit. Aber sowas will man zu Weihnachten nicht hören. Da will man sich gut fühlen und für diesen einzigen Tag im Jahr fühlt man mit diesen besonderen Menschen. Man braucht nicht „mit leiden“ mit diesen Menschen, man braucht sie nur in diese Gesellschaft aufnehmen und sie als einen Teil dieser Gesellschaft akzeptieren – dann würde es solche Geschichten wie „Licht ins Dunkle“ nicht brauchen.

  • Liebe Frau Kellner, vielen Dank für den exzellenten Beitrag und die gute Recherche über Mitleid. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass mir Empathie in diesem Zusammenhang sehr wichtig ist und sehr viele behinderte Menschen eben unglücklich mit der Umsetzung eines guten Grundgedankens sind. Es geht um ein Zusammenbringen von Hilfebedürfnis und dem Bedürfnis zu helfen. In Ihrer Kritik „Privatinitiativen die Versäumnisse des Sozialstaats anzulasten“ kann ich mich aber nicht finden, weil ich darauf hinweise, dass die Initiative missbraucht wird und sich missbrauchen läßt.
    Auch nach nochmaliger selbstkritischer Betrachtung meiner Ausführungen vor zwei Jahren und Berücksichtigung Ihrer geschätzten Hinweise, stehe ich zu allen meinen Aussagen mehr denn je.

  • Danke frau Kellner!
    Ihr Beitrag trifft den Nagel auf den Kopf und war M.E. in den Diskussionen der letzten 3 Jahre über LID mit Abstand der Informativste und beste Kommentar. Lediglich ob LID als „Privatinitiative“ bezeichent werden kann ist zu hinterfragen. Ich glaube ja, weil es 1971 mit einer einstüdnigen Sendung auf Radio Niederösterreich begann und die Initiative damals fasts ausschließlich von Kurt Bergmann ausging.

  • Der Begriff „Mitleidserregung“ ist interessant. Über fast 2000 Jahre christlicher Ethik war das Mitleid als verbindendes Element der Gesellschaft unumstritten. In der Aufklärung (Lessing) wurde es in einer vernunftzentrierten Welt zum grundlegenden Gefühl, das vernunftmäßiges Handeln anregen sollte. Schopenhauer erhob die Fähigkeit zum Mitleiden zum Kernelement seiner Morallehre: „Im Anderen das Eigene erkennen“ lautete die Devise.

    Dann kam die radikale Wende: Nietzsche glaubte im Mitleid nur noch Schwäche zu erkennen. Im Altruismus sitze der Egoismus.

    Im Marxismus ist für Mitleid kein Platz mehr. Solidarität fußt auf gemeinsamen Interessen. Wer diese nicht teilt, kann nicht solidarisch sein.

    Im Sozialdarwinismus wird die Vertreibung des Mitleids auf die Spitze getrieben. „The survival of the fittest“, das Prinzip der natürlichen Auslese, von einem deskriptiven Gesetz der Biologie in ein präskriptives der Ethik umgewandelt wird.

    Nietzsche hastig gelesen, Marx den Kopf verdreht und Darwin vom hörensagen kennend, ergab das dann im 20. Jahrhundert den Leitspruch „was fallen will, das stoße“.

    Nach den Katastrophen des 20. Jahrhunderts wähnte man die Verächtlichmachung des Mitleids schon fast am Ende. Doch ab und an blitzt sie noch durch, die Aversion gegen die Empathie, dagegen „im Anderen das Eigene“ zu erkennen.

    Es mag viele ästhetische Einwände gegen Charity-Veranstaltungen der Marke Licht ins Dunkel geben. Wo verteilt wird, fällt unausweichlich die Frage nach der Verteilungsgerechtigkeit. Und Kritik ist das Öl in der Maschinerie des öffentlichen Diskurses.

    Doch sollte bei allem Eifer auf gewisse Standards in der Auseinandersetzung nicht vergessen werden. Privatinitiativen die Versäumnisse des Sozialstaats anzulasten, ist argumentativ unredlich.

    Auch würde es sich als Fehler erweisen, das Kind mit dem Bade auszuschütten und mit der punktuellen Kritik des Spendenwesens die Fähigkeit zur Empathie, zum Mitleid zu diskreditiere

  • Sehr geehrter Her ing Lichtenauer ! Ich habe ein Problem ! Eine Freundin von mir hat einen Lebensgefährten der Alkoliker und Gewalttätig ist. Und alleine kommt sie aus dieser Sache nicht raus . Sie geht zwar Arbeiten aber verdient zu wenig das sie eine eigene Wohnung nehmen könne. Sie hat auch 3 kinder ! Dadurch der Lebensgefährte so Gefärlich ist dürfen ihre Kinder nur ausserhalb treffen. Der älteste von den 3 lebt der grossmutter , die zweite in einem Heim in bez Krems und die 3 ist die kleinere sie lebt bei ihrem Vater . Deswegen möchte ich iht gerne irgendwie helfen da mir auch die finazellen möglichkeit nicht bietet möchte ich sie um hilfe bitten . Das sie endlich in ruhe mit ihren Kinderen Leben kann . Sie hat durch den ganzen stress eine chronische Gastritus bekommen und sie wied immer dünner ! Ich hoffe und bete für sie das mir jenmand helfen kann für sie und ihre Familie eine neue Zukunft aufbauen kann. Bitte geben sie mir bescheid ob sie , meiner freundin aus dieser Lage helfen können ! Mit lieben grüssen Manuela Auinger

  • Bezüglich „Missbrauch bürgerlichen Engagements“ bin ich auch der Meinung, dass der Staat die sozial engagierten Bürgerinnen und Bürger ausnutzt. Ich bin selber Mitbegründer des sozial karitativen Vereines „CURA“ im Burgenland.

    Meine Freunde und ich haben selber viel an Zeit und auch an persönlichen finanziellen und materiellen Mitteln investiert, um unseren Mitmenschen auf möglichst unbürokratische und dadurch rasche Art und Weise helfen zu können. Für eine allein stehende Frau das Holz für den Winter zu finanzieren, den Kauf einer dringend benötigten Waschmaschine in einer kinderreichen Familie, die Gewährung eines Zuschusses zur Miete, damit eine Delogierung abgewendet werden kann sind nur einige Beispiele, die vielleicht an sozialer Tragik allgemein gesehen nicht spektakulär sind aber für den Betroffenen/die Betroffene ist es eine Tragödie.

    Viele kleine soziale Vereine und Gruppen, die „nur“ regional wirken, ersparen durch ihren schnellen Einsatz dem Staat viel Geld, weil sie durch ihr schnelles Handeln viele Menschen vor der endgültigen, permanenten Armutsfalle bewahren. Und dann wagt es noch eine Angestellte in der burgenländischen Landesregierung auf die Frage um eine finanzielle Unterstützung für einen Teilzeitangestellten für unseren Verein zu antworten: „Wir haben Sie nicht darum gebeten (sich sozial zu engagieren)“ und hat den Antrag abgelehnt, weil es gesetzlich scheinbar keine Möglichkeiten gibt, Mitarbeiter/innen für soziale Vereine zu finanzieren. Der Staat sollte sich wieder auf das Subsidiaritätsprinzip besinnen und denen die Arbeit im sozialen Bereich überlassen, die engagiert und fähig sind. Seine Aufgabe besteht meiner Meinung nach in der zur Verfügung Stellung finanzieller Mitteln für die Arbeit dieser engagierten Menschen vor Ort. Dringende Ansuchen über 10 Schreibtische laufen zu lassen ist doch nur eine geldverschwendende Aufrechterhaltung eines unnötig großen Beamtenapparates. Armutsbekämpfung braucht direkt Handelnde, keine Zwischenhändler.

  • Sehr geehrt Herr : Ing. Gerhard Lichtenauer

    Ich Frau Kebert Manuela weiß einfach nicht mehr weiter darum schreibe ich Ihnen Herr Ing. Gerhard Lichtenauer und hoffe das Sie mir helfen können.
    Oder es weiterleiten könnten,weiß nicht wo ich mich sonnst hinwenden sollte. BITTE HELFEN SIE MIR,den sonnst verlier ich noch das was ich habe und sitze dann auch auf der Strasse wie so viele Menschen,
    Ich BITTE SIE höflichst darum…

    Ich bin eine erleinerziehende Mutter von viel Kindern.
    Davon wohnt noch ein Sohn bei mir der leider seine arbeit verloren hat und eine arbeitslose von nur 158€ bekommt und davon muß er alimente bezahlen für sein kind,im bleibt nix übrig das er mir helfen könnte. Ich bin leider auch auf arbeitsuche bekomm vom Ams im
    Monat 560€ davon bezahle ich meinen Zins in der höhe von 458€
    und mit dem rest muß ich übers monat kommen


    Bei mir wurde am 29.11.2007 eingebrochen und leider sehr viel
    endwendet an wertgegenstände so wie schmuck kasser Elektrogeräte und den kleine Sef was wir im Kasten versteckt hatten.
    Das ganze ersparte geld ist weg. Ich weiß nicht wie ich meine strom und gas Rechnung bezahlen soll/kann.Ich habe leider keine Haushaltsversicherung das mir das endwendete erstetzt wird.

    Darum bitte ich Sie Höflichst um Hilfe das ich wenigstens meine
    Strom und Gas Rechnung bezahlen könnte in der höhe von 471,60€

    Wir hatten keine Weihnachten weil ja alles endwendet worden ist

    Ps: Sollte bei ihnen vielleicht eine arbeitsstelle frei sein als gehilfin würde ich sie Sehr gerne annähmen.

    Danke im vorhinein

    Meine Adresse.:
    Kebert Manuela
    Wohlmutstrasse 6/6
    1020 Wien
    Tel.Nr.: 0699 12 808 124

    MFG
    Kebert Manuela