Studie zur Österreichischen Gebärdensprache zeigt enormen Reformbedarf

Die Ergebnisse der Studie werden im Rahmen der Tagung "Sprache Macht Wissen" an der Universität Wien am 4. Februar 2008 präsentiert. Erstmals detaillierte Einblicke in gehörlosenpädagogische Praxis.

Sprache Macht Wissen in ÖGS
Krausneker, Dr. Verena

Zwei Jahre nach der Anerkennung der Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS) in der österreichischen Verfassung liegt nun eine sprachwissenschaftliche Erhebung vor, die belegt, dass ÖGS „auch im Gehörlosen/Hörbehindertenbildungswesen noch immer extrem unterrepräsentiert ist“, so Studienautorin Dr. Verena Krausneker.

Im Auftrag des Innovationszentrums der Universität Wien hat sie gemeinsam mit Kollegin Katharina Schalber eine detaillierte Studie vorgelegt, die den IST-Stand der Schulangebote und Schulpraxis für gehörlose Menschen bundesweit dokumentiert.

Gehörlosenschulen und Universität nicht barrierefrei

Die Studie „Sprache Macht Wissen“ zum Status der ÖGS zeigt auf, dass vielfältiger Reformbedarf besteht: An Gehörlosenschulen wird ÖGS noch immer nicht systematisch als Unterrichtssprache verwendet, adäquater Unterricht von hörbehinderten Kindern ist mangels Ressourcen (LehrerInnen-Ausbildung, Sprachkompetenz und Material) nur erschwert möglich.

Weiters konnten gesellschaftlicher Normierungsdruck und stark defizitäre Bilder von Gehörlosigkeit als einflussreiche Faktoren erkannt werden, die von vielen AkteurInnen im Bildungswesen und auch von Eltern gehörloser Kinder unhinterfragt übernommen werden.

„Auch die Integrationspraxis ist an vielen Orten weit davon entfernt, für die SchülerInnen optimal zu sein und vor allem weit von den Idealen der Integrationsbewegung entfernt,“ so Krausneker.

Eingeschränkter und erschwerter Zugang zu Bildung bestehen für gehörlose GebärdensprachbenutzerInnen über die Schulzeit hinaus: An der Universität Wien hat Zweitautorin Katharina Schalber festgestellt, dass der Zugang zu Lehrveranstaltungen und Informationen für derzeit rund 10 gehörlose Studierende noch lange nicht barrierefrei ist: „Doch dieser Bereich war für uns viel leichter zu erheben, denn wir hatten es mit jungen Erwachsenen zu tun, die ihre Bedürfnisse kennen und kommunizieren können. An Gehörlosenschulen hatten wir es mit zum Teil wirklich massiv erschwerten Erhebungssituationen zu tun.“

Interesse an ÖGS groß

Die beiden Sprachwissenschafterinnen konnten parallel zum Reformbedarf auf Seiten hörender Menschen großes Interesse und beständig wachsende Nachfrage nach Qualifikationen, Kursen und Forschung im Bereich der ÖGS und Gehörlosenpädagogik feststellen. Die steigende Nachfrage nach ÖGS-Kursen und immer höheren Kursniveaus zieht einen Bedarf an Forschung nach sich.

An der Universität Wien wird derzeit jedoch noch nicht mit dementsprechender Forschung und Lehre reagiert: Es gibt nur 2 Lehrende, die regelmäßig Lehrveranstaltungen zum Thema anbieten und keine universitäre Forschungstätigkeit. Jedoch gibt es große studentische Aktivität und viele Abschlussarbeiten. Die Einrichtung eines Lehrstuhles scheint dringend geboten.

Studienergebnisse werden der Öffentlichkeit vorgestellt – Ergebnisse sollen zu Aktivität führen

Aus den umfassenden Daten, die über ein Jahr hinweg in ganz Österreich erhoben wurden, konnten 3 Innovationspakete abgeleitet werden, deren konkret formulierte Vorschläge vor allem auf Handlungsbedarf seitens des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur und der Universitätsleitung hinweisen.

Tagung am 4. Februar 2008

Die Ergebnisse der Studie werden im Rahmen der Tagung „Sprache Macht Wissen“ an der Universität Wien am 4. Februar 2008 präsentiert. Sowohl die StudienautorInnen als auch MinisterienvertreterInnen werden bei der zweisprachigen Tagung (Deutsch und ÖGS) anwesend sein und die Ergebnisse vorstellen bzw. diskutieren. TagungsteilnehmerInnen können in Arbeitsgruppen aktiv werden. Siehe Tagungsprogramm

Studie

Die Studie ist als Langfassung (die Vollfassung hat rund 500 Seiten Umfang), Kurzfassung und englisches Abstract von herunterladbar.

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Ein Kommentar

  • Ich Friedrich Graf schreibe gerade eine Masterarbeit über (Voraussetzungen,Möglichkeiten und Erschwernisse für einen gemeinsamen Unterricht von Hörbehinderten und hörenden Schüler und Schülerinnen.)-Gehörlosenpädagogik.Meine Frage an Sie: gibt es schon eine neue Studie zur Österreichischen Gebärdendprache? oder ist die Studie von Fr.Dr.Verena Krausneker von 2008 noch immer aktuell?Könnten Sie mir dazu Infos oder Unterlagen schicken.Danke. Mit freundlichen Grüssen Friedrich Graf 069910599782 friedrich.graf@chello.at