Nationalrat beschließt Regelungen zur Persönlichen Assistenz

Am 13. März 2008 wurde im Nationalrat u.a. das Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG) geändert. Darin enthalten ist eine wichtige Bestimmung für Persönliche Assistenz. Wie lautet der konkrete Gesetzestext?

Bundesgesetzblatt
BIZEPS

In dieser Novelle wurden die Kompetenzen der Betreuungskräfte nach dem Hausbetreuungsgesetz sowie von Persönlichen Assistentinnen und Assistenz festgeschrieben.

Gesetzestext

Folgender Text „§ 3c. Persönliche Assistenz“ wurde beschlossen:

  1. Einzelne pflegerische Tätigkeiten an Menschen mit nicht nur vorübergehenden körperlichen Funktionsbeeinträchtigungen oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet sind, diesen Menschen eine gleichberechtigte und selbstbestimmte Lebensführung zu verwehren, dürfen von Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege im Einzelfall nach Maßgabe der Abs. 2 bis 5 Laien angeordnet und von diesen ausgeübt werden. Dies gilt nicht
    1. im Rahmen institutioneller Betreuung, wie in Krankenanstalten, Wohn- und Pflegeheimen sowie
    2. bei einem Betreuungsverhältnis des Laien zu mehr als einer Person.
  2. Eine Anordnung gemäß Abs. 1 ist nur zulässig, sofern
    1. eine nach den Regeln über die Einsichts- und Urteilsfähigkeit gültige Einwilligung durch die betreute Person selbst oder durch die gesetzliche Vertretung oder den Vorsorgebevollmächtigten vorliegt,
    2. eine Anleitung und Unterweisung durch einen Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege erfolgt ist,
    3. ein Angehöriger des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege unter ausdrücklichem Hinweis auf die Möglichkeit der Ablehnung der Übernahme der Tätigkeit diese Tätigkeit schriftlich, in begründeten Fällen und, sofern die Eindeutigkeit und Zweifelsfreiheit sichergestellt sind, mündlich bei unverzüglicher, längstens innerhalb von 24 Stunden, erfolgender schriftlicher Dokumentation, anordnet.
  3. Der Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege hat sich im erforderlichen Ausmaß zu vergewissern, dass die Person gemäß Abs. 1 über die erforderlichen Fähigkeiten verfügt. Dies ist ebenso wie die Anleitung und Unterweisung und die Anordnung gemäß § 5 zu dokumentieren.
  4. Die Anordnung ist nach Maßgabe pflegerischer und qualitätssichernder Notwendigkeiten befristet, höchstens aber für die Dauer des Betreuungsverhältnisses, zu erteilen. Sie ist schriftlich zu widerrufen, wenn dies aus Gründen der Qualitätssicherung oder auf Grund der Änderung des Zustandsbildes der betreuten Person erforderlich ist; in begründeten Fällen und, sofern die Eindeutigkeit und Zweifelsfreiheit sichergestellt sind, kann der Widerruf mündlich erfolgen. In diesen Fällen ist dieser unverzüglich, längstens innerhalb von 24 Stunden, schriftlich zu dokumentieren.
  5. Die Person gemäß Abs. 1 ist verpflichtet, der anordnenden Person unverzüglich alle Informationen zu erteilen, die für die Anordnung von Bedeutung sein könnten, insbesondere Veränderung des Zustandsbilds der betreuten Person oder Unterbrechung der Betreuungstätigkeit.

Erläuterungen des Gesetzgebers

Wir bringen hier auszugsweise die Erläuterungen des Gesetzgebers:

Um dem Erfordernis des Funktionierens einer 24-Stunden-Rund-um-die-Uhr-Betreuung bzw. der Ermöglichung eines selbstbestimmten Lebens von Menschen mit nicht nur vorübergehenden körperlichen Funktionsbeeinträchtigungen oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen Rechnung zu tragen, sind insbesondere entsprechende Regelungen im GuKG, im ÄrzteG 1998, im Hausbetreuungsgesetz, in der Gewerbeordnung 1994 und im Bundespflegegeldgesetz zu treffen.

Auf Wunsch des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz und der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend wird Folgendes festgehalten:

‚Man kommt überein, dass die vorliegende Novelle zum GuKG mittels Abänderungsantrag im zuständigen Ausschuss des Nationalrates oder gemäß Nachtragsregierungsvorlage gemäß § 25 GOG um jene Bestimmungen ergänzt wird, die im Sinn des Entschließungsantrages vom 16. Jänner 2008 betreffend Befugnisse der Betreuungspersonen vom NR beschlossen wurden.

Durch das BMGFJ wird dazu ein Begutachtungsentwurf vorgelegt und spätestens Mitte Februar in Begutachtung versandt. Die Behandlung und Beschlussfassung der vorliegenden Novelle soll am 12. (oder 13.) März 2008 im Plenum des Nationalrates erfolgen, damit entsprechend dem Entschließungsantrag ein Inkrafttreten mit 1. April sichergestellt ist.’

Eine praxisnahe Realisierung der 24-Stunden-Rund-um-die-Uhr-Betreuung erfordert darüber hinaus auch die Schaffung der Möglichkeit der Übertragung einzelner pflegerischer und ärztlicher Tätigkeiten an Personenbetreuer/innen im Einzelfall.

Diese Problematik stellt sich auch im Zusammenhang mit der Begleitung und Unterstützung von Menschen mit nicht nur vorübergehenden körperlichen Funktionsbeeinträchtigungen oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet sind, diesen Menschen eine gleichberechtigte und selbstbestimmte Lebensführung zu verwehren.

Insgesamt hat dieses Regelungsvorhaben einerseits dem Erfordernis des Funktionierens einer 24-Stunden-Rund-um-die-Uhr-Betreuung bzw. der Ermöglichung eines selbstbestimmten Lebens von Menschen mit nicht nur vorübergehenden körperlichen Funktionsbeeinträchtigungen oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen Rechnung zu tragen und andererseits zu gewährleisten, dass nur Tätigkeiten, die keine gesundheitliche Gefahr für die betreuten Menschen sowie die Betreuer/innen darstellen, durch medizinische Laien durchgeführt bzw. an diese übertragen werden. Entsprechende Regelungen bzw. Anpassungen sind auch Ärztegesetz 1998, im Hausbetreuungsgesetz, in der Gewerbeordnung 1994 und im Bundespflegegeldgesetz zu treffen.

Zur persönlichen Assistenz ist Folgendes festzuhalten: Auch die Begleitung und Unterstützung von Menschen mit nicht nur vorübergehenden körperlichen Funktionsbeeinträchtigungen oder Beeinträchtigungen der Sinnesfunktionen zur Ermöglichung einer gleichberechtigten und selbstbestimmten Lebensführung durch Laien erfordert die Übertragungsmöglichkeit im Einzelfall.

Der neu geschaffene § 3c GuKG trägt diesem Bedarf unter Wahrung der erforderlichen Qualitätsstandards und des Patientenschutzes Rechnung: In diesem Sinne ist nicht der Erwerb einer Berechtigung zur Durchführung pflegerischer Tätigkeiten durch die genannten Laien vorgesehen, sondern es soll eine befristete Einzelermächtigung zur Durchführung einzelner pflegerischer Tätigkeiten ausschließlich an einer betreuten Person ermöglicht werden.

Diese Ermächtigung ist einerseits vom konkreten Willen der betreuten Person bzw. ihrer gesetzlichen Vertretung oder ihres/ihrer Vorsorgebevollmächtigten und andererseits von der entsprechenden Anleitung sowie Anordnung eines/einer Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege abhängig. Die Ermächtigung kann nicht für die intramurale Behandlung, Pflege und Betreuung erteilt werden, sodass eine pflegerische Tätigkeit dieser Laienbetreuer/innen insbesondere in Krankenanstalten und Pflegeheimen jedenfalls ausgeschlossen ist.

Zur Regelung, dass eine Anordnung u.a. nur zulässig ist, sofern eine nach den Regeln über die Einsichts- und Urteilsfähigkeit gültige Einwilligung durch die betreute Person selbst oder durch die gesetzliche Vertretung oder den Vorsorgebevollmächtigten vorliegt, ist klarzustellen, dass die gültige Einwilligung im Wesentlichen davon abhängt, ob eine allfällige Beeinträchtigung einer Sinnesfunktion es ausschließt, über die erforderlichen Entscheidungsgrundlagen zu verfügen.

Die Anordnung ist nach Maßgabe der pflegerischen und qualitätssichernden Erfordernisse zu befristen und kann jederzeit widerrufen werden, wobei hiefür sowohl Gründe im Bereich des/der Betreuers/-in als auch im Zustandsbild des/der Betreuten in Frage kommen.

Die Regelungen über die persönliche Assistenz enthalten zwar keine zeitliche Limitierung wie bei der Personenbetreuung, es ist aber jedenfalls davon auszugehen, dass die vorgesehene Möglichkeit der Anordnung einzelner pflegerischer Tätigkeiten an Laien die Regelmäßigkeit des Betreuungsverhältnisses voraussetzt.

Für den Pflegeprozess ist ebenfalls die Normierung einer Informationspflicht des/der Betreuers/-in über alle Umstände, die für die Anordnung relevant sein können, unabdingbar.

Diese umfasst insbesondere alle erkennbaren Veränderungen und nicht nur Verschlechterungen (vgl. § 5 Abs. 2 HBeG, § 160 Abs. 2 Z 1 GewO) des Zustandsbilds der betreuten Person sowie allfällige Unterbrechungen der Betreuungstätigkeit, etwa auf Grund eines Krankenanstalten- oder Kuraufenthalts der betreuten Person oder aber eines Wechsels der Betreuungsperson bzw. des Endes der Betreuungstätigkeit.

Die erforderliche begleitende Kontrolle im Sinne eines Case-und-Care-Managements durch den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege ergibt sich insbesondere aus dessen für den Pflegeprozess im Sinne des § 14 GuKG gegebenen Verantwortung, der Befristung der Anordnung sowie der Informationspflicht des/der Persönlichen Assistenten/-in.

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