ORF: Blinde Fußballfans unerwünscht?

Wie hier von mir öfters erwähnt, war ich bis vor kurzem der Überzeugung, dass es eine positive Schlichtung mit dem ORF wegen der schlechten Radioberichterstattung von Fußballspielen geben würde. Ein Kommentar.

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Dies war jedoch ein Irrglaube. Schuld daran war der ORF. Dieser verschob zuerst den Schlichtungstermin, um die Verhandlung EINEN TAG vor dem Termin einfach platzen zu lassen. Die Krönung des Ganzen war, dass der ORF dem Bundessozialamt in Klagenfurt das Schreiben mit der Begründung in einem für Screenreader nicht zugänglichen PDF-Dokument schickte und es nur der guten Arbeit der Mitarbeiterin des Bundessozialamt zu verdanken war, dass ich nach Bekanntgabe des Problems schnell eine lesbare Version bekam.

Ob die zuständige Juristin sich auch einmal mit dem E-Governmentgesetz befasst hat?

In diesem Schreiben des ORF heißt es unter anderem:

(Zitat Anfang)

Der Grund für ein Ersuchen um Terminverschiebung lag darin, dass mehrere Abteilungen und Redaktionen innerhalb des ORF mit dieser Problematik befasst wurden, und diese in vielen Details bereits vor einem Schlichtungstermin diskutiert werden sollte (und auch wurde).

Fernsehen ist ein Medium, das Informationen sowohl im Bild als auch im Ton übermittelt. Erst das Zusammenspiel sowohl von Bild als auch von Ton führt zum Endprodukt. Fußballmatches, die im Fernsehen übertragen werden, werden durch einen Sprecher im OFF (Redakteur des ORF) kommentiert. Die wesentlichen Spielzüge, spielentscheidende Sequenzen und Details rund um das Spiel herum (zB „Was tut sich auf den Zuschauerrängen?“) werden von den Kommentatoren mit Worten geschildert. Selbstverständlich wird nicht die gesamte Spielzeit (zweimal 45 Minuten) durchgehend kommentiert, würde dies doch zu einer „Überladung“ der Übertragung führen und in weiterer Folge zu einem Produkt (Fernsehsendung), das der durchschnittlich Fernsehkonsument nur schwer „verdauen“ könnte, da ein Zuviel an Informationen darin enthalten wäre. Aus diesem Grund setzt der ORF bewusst Pausen in der Kommentierung von Fernsehübertragungen.

Im Hörfunk werden die wesentlichen Spielszenen von Fußballmatches, sei es Bundesliga, sei es Champions League, seien es Ländermatches in den Hörfunkprogrammen übertragen (einerseits auf Ö3 – als zentrale Sendung – wird hier wohl die Sendung „Sport und Musik“ zu nennen sein, andererseits auch in den entsprechenden Regionalradios). Es ist bei jedem Spiel jeweils ein Reporter vor Ort, der die Matches für die Hörfunkübertragung kommentiert und die Vor- und Nachberichterstattung bei den Matches wahrnimmt.

Auch Online wird auf der Plattform www.orf.at über sämtliche angeführten Fußballmatches berichtet und diese ständig entsprechend dem Spielgeschehen aktualisiert.

Der vom Schlichtungswerber angeführte Livestream des Ö1-Info-Radios anstelle des sonst an dieser Stelle üblichen Ö1-Programms, würde nicht nur zu Kritik von jenen Usern führen, die das geplante Ö1-Programm hören wollen, sondern würde für den Schlichtungswerber auch kein „Mehr an Fußball“ bedeuten, wenn die TV-Übertragung gestreamt wird (mit Ausnahme eines zusätzlichen Mediums für die Übertragung).

Selbstverständlich ist der ORF bemüht, sein Angebot auch für blinde Konsumenten und Konsumentinnen möglichst barrierefrei zu gestalten. In diesem Zusammenhang weisen wir zB auf die Vielzahl an Hörfilmen hin, die der ORF ausstrahlt. Dennoch wird der ORF das gegenständliche Schlichtungsansuchen zum Anlass nehmen, diese Problematik intern zu diskutieren und ist weiterhin um Verbesserungen in diesem Bereich bemüht.

Derzeit sieht der ORF keinen Verhandlungsspielraum betreffend das Anliegen des Beschwerdeführers, weshalb der ORF auch davon absehen wird, die morgige Schlichtungsverhandlung zu besuchen.

(Zitat Ende)

Interessante Begriffsdefinition

Der Definition des ORF nach zu schließen führt eine reine Tonberichterstattung also zu keinem Informationsprodukt. Ich denke dem ORF ist bewusst, dass Edi Fingers im Radio gebrülltes „i wer narisch“ den meisten Österreichern auch nach 30 Jahren noch ein Begriff ist und die Information damit sehr wohl bei der Bevölkerung ankam!

Ebenso fragwürdig ist die Behauptung, dass mir durch eine Übertragung im Internet keine zusätzliche Information zukommmen würde. Kennen mich denn die ORF-Mitarbeiter, ohne dass ich es weiß so gut, dass sie meinen, sie könnten sich in meine Situation versetzen? Meinem an Mitsche gerichteten Vorschlag, einmal ein Spiel mit geschlossenen Augen mitzuverfolgen, dürfte kaum Folge geleistet worden sein. Da bei einer Audioübertragung die ja auch vom ORF eingeräumten Kommentarpausen wegfallen, würde es selbstverständlich zusätzliche Information bringen. Die Aussage ist einfach falsch!

Ob man das Hörfilmangebot des ORF wirklich als vielfältig bezeichnen kann, sei einmal dahingestellt.

Keine ausreichende rechtliche Absicherung

An Fällen wie diesen zeigt sich, dass Behindertenorganisationen recht hatten, als sie bereits vor Einführung des Gesetztes scharfe Kritik übten. Wenn eine Organisation nicht bereit ist, sich wirklich mit einem Problem auseinanderzusetzen, was hier offensichtlich der Fall ist, bleibt M.E. nur der äußerst riskante Rechtsweg mit ungewissem Ausgang.

Fazit

Wer sich als Blinder in Österreich WIRKLICH umfassend und live über Fußball informieren möchte, hat eine ganz bestimmte Karte gezogen, deren Namen ich aus Gründen der Höflichkeit nicht aussprechen möchte. Er wird zuerst durch das österreichische Nationalteam und anschließend durch den ORF verärgert.

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