Morgen, am Tag der Menschenrechte, soll im Parlament der erschwerte Zugang zum Pflegegeld beschlossen werden. Was das in der Praxis für bis zu 6.000 Menschen jährlich in Österreich bedeuten kann, zeigt eine illustrative Geschichte.
Frau K. bezieht eine Mindestpension. Ihre Ersparnisse hat sie für Hilfe im Haushalt schon aufgebraucht. Sie hat einen Pflegebedarf von bis zu 64 Stunden im Monat, den sie ab 2015 selbst finanzieren müsste. Wie das gehen soll, steht nicht einmal in den Sternen, geschweige denn in den Erläuterungen zur Novelle des Pflegegeldgesetzes. Denn Frau K. kann unter anderem nicht mehr selbst einkaufen gehen, die Wohnung nicht aufräumen und sich selbst kein Essen zubereiten.
Der Bezug von Pflegegeld wäre für Frau K. die Voraussetzung, um Förderungen für die Hilfe bei der Führung des Haushaltes durch ambulante Dienste zu erhalten. Freunde und Bekannte sind schon gestorben und sie erhält keine private Hilfe. So trinkt und isst Frau K. zu wenig, was einen Krankenhausaufenthalt zur gesundheitlichen Stabilisierung erforderlich macht.
Mit der ÖAR gemeinsam zweifelt Frau K. jetzt an der wirtschaftlichen Kompetenz der Regierung: Pflegegeld der Stufe 1 beträgt derzeit Euro 154,20 monatlich und wird 12mal jährlich ausbezahlt, was Euro 1.850,40 im Jahr kostet (Pflegegeldstufe 2 jährlich Euro 3.411,60). Ein einfaches Krankenhausbett ist in Österreich ab etwa Euro 680,- pro Tag zu haben, Intensivbetten kosten bis zu etwa Euro 2.040,-. Drei Tage Krankenhaus kosten etwa so viel wie ein Jahr Pflegegeld der Stufe 1., ein Tag Intensivstation kostet mehr.
Diese simple Darstellung zeigt, dass es sich rechnet, mit der Gewährung von Pflegegeld Krankenhausaufenthalten vorzubeugen. Das wird von Entscheidungsträgern auch nicht in Abrede gestellt. Das „Schildbürger-Argument“ aber lautet, dass es unbeachtlich wäre, da es sich um den Topf der Gesundheitsministerin handle.
Nun wie geht die Geschichte weiter: Frau K. kommt leidgeprüft und sehr geschwächt nach einem vermeidbaren Krankenhausaufenthalt heim und hat zum Glück keinen Spitalskeim erwischt. Im Gesundheitswesen sind Kosten angefallen, die höher waren als jene für ein Jahr Pflegegeld der Stufe 1, das man ihr nicht gewährt hat. Frau K. geht es jetzt um vieles schlechter und schon im Krankenhaus hat man für sie den Antrag auf Pflegegeld vorbereitet. Sie erhält jetzt voraussichtlich ein Pflegegeld von Stufe 3 aufwärts. Frau K. ist erleichtert, jetzt bekommt sie monatlich mindestens Euro 442,90 Pflegegeld oder jährlich Euro 5.314,80 in der Pflegeldstufe 3 (bis zu Euro 19.869,60 in Pflegegeldstufe 7). Jetzt hat sie endlich Zugang zur geförderten Hilfe im Haushalt, die sie sich, seit ihre Ersparnisse aufgebraucht sind, nicht mehr leisten konnte.
Frau K. denkt zum Glück nicht darüber nach, dass ihr Leid und ihre Not durch den letztlich höheren Pflegegeldbezug nichts zu dem „Kostendämpfungseffekt“ von 50 Mio pro Jahr betragen.
Frau K. ist zufrieden, denn sie hat die unsägliche Geschichte unseres Landes, in der Menschenrechte nichts galten, noch erlebt! Frau K. ist müde und erinnert sich lieber nicht daran, dass es damals auch damit begonnen hat, dass man Menschen das Notwendigste zum Leben nahm.