110 Jahre Konradinum: Kontinuität ohne Konvention!?

Am 15. Jänner 1907 wurde das Konradinum in Eugendorf (Salzburg/Flachgau) eröffnet. Ganze 110 Jahre später beschließt der Betreiber des „Schwerstbehindertenheimes“, die Landesregierung Salzburg, dass das Konradinum unter „neuen“ Vorzeichen auf einem neuen Grundstück neu gebaut werden soll. Ein Kommentar.

Konradinum Land Salzburg
Land Salzburg

Dem vorausgegangen waren schwere Vorwürfe der Bewohnervertretung und der Volkssanwaltschaft. Zahlreiche Österreichische Medien und auch BIZEPS haben wiederholt davon berichtet. Alles neu, alles gut? Nicht wirklich.

Salzburger Land proudly presents …

In der Salzburger Landeskorrespondenz vom 2. Jänner 2017 berichtet Gesundheits- und Spitalsreferent Landeshauptmann-Stellvertreter Christian Stöckl (ÖVP) „stolz“ über den geplanten Neubau des Konradinums. Das Projekt sei ein „bauliches und inhaltliches Erneuerungsvorhaben“.

Ein neues, 4.000 Quadratmeter großes Grundstück wird um „rund  eine Million Euro“ angekauft. 2017 soll ein Projekt- und Finanzierungspartner gesucht, 2018 mit dem Bau des neuen Konradinums begonnen werden (Kosten: 5,5 Millionen Euro).

Der Einzug der Bewohnerinnen und Bewohner ist für 2019 geplant. In fünf Wohngruppen sollen 36 (früher: 35) behinderte Menschen leben. Förderung und Beschäftigung sollen in „Räumlichkeiten außerhalb“ erfolgen. In dieser Tagesstruktur soll es zusätzlich Plätze für 10 externe behinderte Menschen geben.

Die „neuen“ Pläne aus verstauben Schubladen

36 behinderte Menschen im Wohnbereich und zusätzlich 10 weitere in der (angrenzenden) Tagesstruktur – wiederum eine Großeinrichtung im Behindertenbereich mit all den Problemen, die bestens bekannt sind. Und für die es nur eine Alternative gibt: Zügiger Abbau von Institutionen und hin zu modernen, inklusiven Wohn- und Arbeitsmodellen.

Der Weg dahin steht grundsätzlich offen – schließlich hat Österreich 2008 die Behindertenrechtskonvention ratifiziert. Erst im November 2016 hat der Bundes-Monitoringausschuss eine ausführliche Stellungnahme zur „De-Institutionslisierung“ veröffentlicht.

Was auf jeden Fall zu tun ist

Was es in den nächsten Monaten und 1-2 Jahren unbedingt braucht, ist ein Hinschauen auf die Situation der Bewohnerinnen und Bewohner  im alten, noch weiterlaufenden Heimbetrieb. Sie dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Volksanwaltschaft, Bewohnervertreter, Angehörige und die Zivilgesellschaft haben die Aufgabe, immer wieder hinzuschauen.

Das Land Salzburg wird die Führung des Konradinums an einen privaten Träger übergeben. Doch kann sich das Land seiner Aufgabe, die UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen und bestehende Angebote laufend zu prüfen, nicht entziehen.

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