12 Millionen Arbeitsplätze in der EU durch barrierefreien Tourismus

Hierfür sind nach Ansicht der Nationalen Koordinationsstelle Tourismus für Alle (NatKo) jedoch mehr öffentliches Engagement und eine bessere Koordination der Maßnahmen die wichtigsten Erfolgsfaktoren.

Rollstuhlfahrerin sieht auf den Traunstein
Oö. Tourismus/Erber

In der von der EU-Kommission in Auftrag gegebenen Studie „Economic Impact and Travel Patterns of Accessible Tourism in Europe“ kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass im barrierefreien Tourismus große wirtschaftliche Potentiale zu heben sind.

Die Teilnehmer der während dieses Forschungsprojekts durchgeführten Fokusrunden wiesen nach Informationen der NatKo insbesondere auf die Notwendigkeit besserer Koordination zwischen allen Akteuren und auf die Schaffung eines – möglichst europaweit – einheitlichen Kennzeichnungssystems für barrierefreie touristische Angebote hin. „Die Studie bestätigt“, so der NatKo-Vorsitzende Dr. Rüdiger Leidner, „erneut die wirtschaftliche Bedeutung des barrierefreien Tourismus auf europäischer Ebene. Dass Dialog und Koordination des Vorgehens ebenso unverzichtbar sind wie die verlässliche Kennzeichnung barrierefreier touristischer Angebote, hat sich die NatKo schon bei ihrer Gründung vor 15 Jahren auf die Fahnen geschrieben.

Die von den Forschern auf der Basis von 12 EU-Ländern und 11 Nicht-EU-Ländern angestellten Berechnungen kommen nach Informationen der NatKo im Wesentlichen zu folgenden Ergebnissen:

Bereits heute führen EU-Bürger mit Behinderung im Erwerbsalter (15‑64 Jahre) innerhalb der EU jährlich etwa 340 Millionen Tagesreisen und Reisen mit Übernachtung durch. Da etwa die Hälfte der Menschen mit Behinderung älter als 65 Jahre ist, wurde auch das Reiseverhalten der über 65jährigen untersucht, da sie ebenfalls von barrierefreien Angeboten profitieren. Damit werden insgesamt heute bereits jährlich 783 Millionen Tagesreisen und Reisen mit Übernachtung durchgeführt, für die barrierefreie Angebote wichtig sind. Hinzu kommen über 7 Millionen Reisen von Menschen mit Behinderung aus den 11 untersuchten Nicht-EU-Ländern. Das entspricht einem Beitrag zum EU-Bruttoinlandsprodukt von 164 Milliarden EUR bzw. 4,2 Millionen Arbeitsplätzen in der europäischen Tourismuswirtschaft. Einschließlich der Ausstrahleffekte auf die anderen Branchen erhöht sich dieser Beitrag auf insgesamt 411 Milliarden EUR. Dies entspricht über des Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) der 27 EU Staaten, bzw. 9,2 Millionen Arbeitsplätze, die in der EU auf Tourismusaktivitäten beruhen.

Allein aufgrund der demografischen Entwicklung, also ohne die in der Studie empfohlenen zusätzlichen Maßnahmen zur Förderung des barrierefreien Tourismus, würden sich die Reisen behinderter und über 65jähriger EU-BürgerInnen innerhalb der EU der Studie zufolge bis 2020 auf 862 Millionen und die Reisen aus Nicht-EU-Ländern in die EU auf 21 Millionen erhöhen.

Käme das dritte der von den Forschern entwickelte Szenario mit fast vollständiger Barrierefreiheit entlang der touristischen Servicekette zum Tragen, würden sich die Reisen von EU-BürgerInnen, die grundsätzlich von barrierefreien Angeboten profitieren, zusätzlich um 43 Prozent auf 1.231 Millionen Reisen jährlich, die von Reisenden aus Nicht-EU-Ländern sogar um 74 Prozent erhöhen. Der Beitrag zum EU-BIP würde dadurch bis 2020 um weitere 537 Milliarden EUR wachsen. Damit wären dann 12,1 Millionen Arbeitsplätze in Europa vom Tourismus abhängig.

Unternehmen, die von diesem Potentialwachstum in Europa profitieren wollen, müssen nach Ansicht der NatKo frühzeitig geeignete Angebote entwickeln. Die Forscher betonen in ihren Handlungsempfehlungen, dass isolierte Maßnahmen nicht zu diesen Ergebnissen führen können. Vielmehr ist dazu, neben finanzieller Unterstützung mehr Kommunikation zwischen den Akteuren und ein koordiniertes Vorgehen notwendig.

„Diese Studie“, sagt Dr. Rüdiger Leidner, „unterstreicht die Rolle der NatKo als Schnittstelle zwischen Behindertenselbsthilfe, Tourismuswirtschaft und -politik. Schade nur, dass Deutschland nicht zu den repräsentativ untersuchten 12 EU-Ländern gehört. Das ist ein Grund mehr, die vom Bundeswirtschaftsministerium 2004 veröffentlichte Studie zum barrierefreien Tourismus in Deutschland zu aktualisieren.“

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