15 Jahre Mensch zuerst in Deutschland

Vor 15 Jahren - am 3. Februar 2001 - haben Menschen mit Lernschwierigkeiten den Schritt gewagt und einen eigenen Verein gegründet - Mensch zuerst, das Netzwerk von Menschen mit Lernschwierigkeiten.

Netzwerk People First Deutschland
Netzwerk People First Deutschland

„Als wir uns in Kassel trafen, um einen eigenen Verein von Menschen mit Lernschwierigkeiten zu gründen, hatten wir erste Erfahrungen mit einem vom Bundesgesundheitsministerium geförderten Projekt gemacht. Der Titel des Projektes ‚Wir vertreten uns selbst‘ war für uns Ansporn nun auch die Sache selbst in die Hand zu nehmen“, erklärt Stefan Göthling, der Geschäftsführer der Selbstvertretungsorganisation.

Bis zur damaligen Vereinsgründung waren die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) in Zusammenarbeit mit der Bundesvereinigung Lebenshilfe und der Bundesarbeitsgemeinschaft „Gemeinsam Leben – Gemeinsam Lernen“ Träger des Projekes. Nach der erfolgreichen Arbeit des Projektes war es konsequent, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten das Ruder übernehmen, um zukünftig die Projekte in Eigenregie durchzuführen und ihre Stimme lauter hörbar zu machen.

„Wir haben in den letzten 15 Jahren immer wieder gezeigt, dass in Sachen Selbstvertretung von Menschen mit Lernschwierigkeiten mehr geht, als man uns zugetraut hat. Dabei freue ich mich, dass wir immer wieder auch Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf oder mit Kommunikationsproblemen helfen konnten, sich zu Wort zu melden“, so Stefan Göthling.

Auch wenn es noch sehr viel zu tun gibt, damit Menschen mit Lernschwierigkeiten ernst genommen werden und wie alle anderen auch mit der Unterstützung, die sie brauchen, mitten in der Gesellschaft leben, lernen, arbeiten und ihre Freizeit verbringen können, hat Mensch zuerst immer wieder gezeigt, dass vieles anders geht, als dass es die traditionellen Behinderteneinrichtungen anbieten und für möglich halten. Erst vor kurzem ist es dem Vorstandsmitglied von Mensch zuerst, Josef Ströbl, gelungen, ein persönliches Budget für sein Engagement als Alternative zur Werkstatt für behinderte Menschen zu bekommen.

„Unheimlich anstrengend ist, dass es immer noch keine gute und verlässliche Förderung für die Selbstvertretung von Menschen mit Lernschwierigkeiten gibt. Das kostet uns unheimlich viel Energie, denn wir können nur richtig gut arbeiten, wenn wir die Unterstützung bekommen, die wir brauchen. Deshalb ist der Zusammenschluss der Selbstvertretungsorganisationen in der LIGA Selbstvertretung auch so wichtig“, ist Stefan Göthling überzeugt.

Themen wie die Leichte Sprache und einen entsprechenden Rechtsanspruch darauf, Selbstvertretungsgruppen von Menschen mit Lernschwierigkeiten oder ein selbstbestimmtes Leben mitten in der Gesellschaft hat Mensch zuerst gesetzt. „So sehr wir uns freuen, dass wir hier wichtige Impulse geben konnten und die Themen mittlerweile von vielen anderen Verbänden und Dienstleistungsanbietern aufgegriffen wurden. So sehr ärgern wir uns immer wieder, wenn unsere Ideen verwässert werden und weiterhin über die Köpfe der Menschen mit Lernschwierigkeiten hinweg entschieden und gehandelt wird.“

Deshalb müsse die Selbstvertetung von Menschen mit Lernschwierigkeiten gesetzlich verankert werden. „Denn wie soll eine an der Person orientierte Hilfe aussehen, wenn die Betroffenen selbst meist nichts zu sagen haben und nicht richtig auswählen können,“ ist Stefan Göthling überzeugt.

Doch nun ist für Mensch zuerst erst einmal ein Festtag, denn bei der Gründung des Vereins hätte wohl niemand trotz des größten Optimismus geglaubt, dass der Verein so viel anstoßen und erreichen könnte. Daher ist Luft holen angesagt, denn die Mission von Mensch zuerst ist noch längst nicht beendet, auch wenn sich schon die einen oder anderen grauen Haare bei den KämpferInnen der ersten Stunde zeigen.

„Jetzt geht es eigentlich erst richtig los“, ist sich Stefan Göthling angesichts aktueller Gesetzesdiskussionen sicher. Also: Herzlichen Glückwunsch Mensch zuerst!

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