Postkartenaktion "100.000 mal einzigartig" soll Regierung an diesbezügliche Koalitionsvereinbarung erinnern
Mit der Postkartenaktion „100.000 mal einzigartig“ rund um den „Tag des Lebens“ am 1. Juni möchte die „Aktion Leben“ die Regierung an ihre in der Koalitionsvereinbarung getroffene Übereinkunft erinnern, behindertes Leben nicht länger als „Schadensfall“ zu bewerten. Diese Zusage müsse endlich rechtlich umgesetzt werden, betonte die Generalsekretärin der „Aktion Leben“, Martina Kronthaler, bei einem Pressegespräch am Donnerstag in Wien.
Das Thema des Schutzes behinderten ungeborenen Lebens gehöre wieder auf die politische Agenda, so Kronthaler. Einen Anstoß dazu soll die aktuelle Postkartenaktion geben. Auf jeweils 50.000 Postkarten, adressiert an Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Josef Pröll, wird die Einzigartigkeit des Lebens betont.
Der Kartentext enthält einen Auszug aus dem Koalitionsabkommen, in dem es heißt: „Das Kind mit all seinen Eigenschaften, selbstverständlich auch mit Behinderungen, ist der Gesellschaft … in höchstem Maße willkommen“. Zugleich enthält die Postkarte die Aufforderung an die Adressaten, das Schadensersatzrecht zu ändern und die Unterstützung für Betroffene und Angehörige auszubauen.
Damit möchte die „Aktion Leben“ zugleich an ihre im Jänner abgeschlossene Bürgerinitiative „Mit Kindern in die Zukunft“ erinnern, die von mehr als 62.000 Bürgern unterzeichnet wurde und neben rechtlichen Reformen auch einen öffentlichen Hilfsfonds für Schwangere in Not und die Aufnahme eines Diskriminierungsverbots von Menschen mit Behinderung und ihren Angehörigen in die Bundesverfassung einfordert.
Es sei bedauerlich, so die Vizepräsidentin der „Aktion Leben“, Gertraude Steindl, dass eine Initiative mit so breiter gesellschaftlicher Unterstützung in der Politik bisher auf so wenig Gehör gestoßen sei.
Konkret fordert die „Aktion Leben“ sozialrechtliche Änderungen sowie Änderungen im Schadensersatzrecht. Sozialrechtlich soll laut Kronthaler die Unterstützung und Absicherung von Familien mit behinderten Kindern festgeschrieben werden, im Schadensersatzrecht seien Änderungen notwendig, damit behinderte Kinder nicht länger juristisch als „Schadensfall“ betrachtet werden können und Klagen auf Unterhalt nach dem Schadensersatzrecht möglich sind.
Hintergrund sind mehrere Urteile des Obersten Gerichtshofes (OGH), in denen die beklagten Ärzte zu Unterhaltszahlungen für die ungewollten behinderten Kinder verurteilt wurden. Erstmals fällte der OGH ein solches Urteil im Jahr 1999, es folgten Urteile in den Jahren 2006 und 2008. In all diesen Fällen haben die Eltern Klage eingereicht; hätten sie von der Behinderung ihres Kindes rechtzeitig erfahren, wäre es abgetrieben worden. Ähnliche Klagen bei unerwünschten nicht behinderten Kindern wurden zurückgewiesen.
Flächendeckendes pränatales Screening?
Laut Steindl beobachte die „Aktion Leben“ vor dem Hintergrund dieser Urteile die steigende Bereitschaft der Ärzte, zur eigenen Absicherung möglichst viele vorgeburtliche Untersuchungen durchzuführen. Um diese Entwicklung zu durchbrechen, sei der Gesetzgeber dringend zum Handeln gefordert.
Steindl wörtlich: „Wir wehren uns gegen die Entwicklung der PND zu einem flächendeckenden Screeningprogramm, um nach behindertem Leben zu fahnden und es zu selektieren.“
Als „erschreckend“ bezeichnete Steindl insbesondere die Ausweitung pränataldiagnostischer Untersuchungen (PND) ohne eine entsprechend professionelle Beratung und Begleitung. Paare seien oftmals überfordert und wenig informiert über die „Automatik“ von immer weiter führenden Untersuchungen und schließlich der Frage einer möglichen Abtreibung, die sich etwa aus einem ersten Negativbefund bei einer Nackenfaltenmessung ergeben. Bei dieser Untersuchung wird mittels Ultraschall die Wahrscheinlichkeit eines Down-Syndroms beim Kind ermittelt.
Huainigg: Gegen Diskriminierung behinderten Lebens
Unterstützung bekommt die „Aktion Leben“ durch den ÖVP-Behindertensprecher Franz-Joseph Huainigg. Konkreten Handlungsbedarf sieht Huainigg neben einer Überarbeitung des Schadensersatzrechts insbesondere bei der Regelung zur „eugenischen Indikation“, die eine Abtreibung des behinderten Kindes bis zur Geburt straffrei möglich macht. Dies stelle eine klare „Diskriminierung und Ungleichbehandlung“ von behindertem Leben dar, so Huainigg.
Zugleich verstoße diese Regelung gegen das Gleichstellungsgesetz und gegen Artikel 7 der Bundesverfassung, der festschreibt, dass niemand aufgrund einer Behinderung benachteiligt werden dürfe.
Die Postkarten mit dem Titel „Ich bin einzigartig. Sie auch?“ zeigen vier verschiedene Sujets: ein kleines Mädchen, das am Bauch einer hochschwangeren Frau lehnt; ein Mädchen mit Down-Syndrom; ein etwa 20 Jahre junger Mann; ein älterer Mann. Die Postkarten können bei der „Aktion Leben“ bestellt werden, oder auch elektronisch als „eCard“ über die Website verschickt werden.