Aktuelle ÖZIV-Einkaufsstraßen-Studie: Barrierefreiheit in Einkaufsstraßen weiterhin mangelhaft

Nur jedes zweite Geschäftslokal barrierefrei zugänglich – große Unterschiede in einzelnen Landeshauptstädten

Wiener Geschäft (Libro) mit Stufe beim Eingang
BIZEPS

Seit 2016 müssen unter anderem öffentlich zugängliche Geschäftslokale nach dem Behindertengleichstellungs-Gesetz barrierefrei zugänglich sein. Die Realität hinkt dem Gesetz allerdings weit hinterher und Verbesserungen erfolgen nur äußerst schleppend.

Das Gesamtergebnis zeigt, dass ziemlich genau die Hälfte der Geschäftseingänge (exakt 50,9%) stufenlos zugänglich ist. Die andere Hälfte der Geschäfte verfügt über zumindest 1 Stufe, die höher als 3 cm ist. Damit ist bei fast jedem zweiten Geschäft kein stufenloser Zugang möglich, obwohl dieser gesetzlich eigentlich vorgeschrieben wäre.

In der aktuellen Studie untersucht wurden Einkaufsstraßen in den Landeshauptstädten Eisenstadt, Innsbruck, St. Pölten und Salzburg. In der Studie von vor 2 Jahren lag der Anteil der stufenlos zugänglichen Geschäfte bei 50,8% – somit gab es seit damals so gut wie keine Verbesserung bezüglich der Barrierefreiheit.

St. Pölten Top, Salzburg Flop

Bei den vier untersuchten Städten zeigen sich jedenfalls deutliche Unterschiede. So sind in St. Pölten 61% der Geschäfte stufenlos erreichbar, in Innsbruck 58,3% – in Eisenstadt hingegen nur 41,4% und Salzburg reiht sich mit lediglich 40% barrierefreien Geschäften am letzten Platz der untersuchten Landeshauptstädte ein.

Während Salzburg schon vor zwei Jahren am letzten Platz landete wurden an der Spitze die Plätze getauscht: bei der letzten Studie im Jahr 2017 lag Innsbruck mit 58% barrierefreien Geschäften noch knapp am besten, heuer hat sich St. Pölten dank der Steigerung von 57,6% auf 61% stufenlos zugängliche Geschäfte auf den ersten Platz vorschieben.

Die verbesserte Position von St. Pölten ist wohl auf den Umbau der Kremser Gasse in der niederösterreichischen Landeshauptstadt zurückzuführen. Dies zeigt jedenfalls, dass Verbesserungen bei der Barrierefreiheit bei politischem Willen der Kommunen möglich sind.

Im Branchenvergleich ergeben sich ebenfalls große Unterschiede. Einzig Einkaufszentren und der orthopädische Fachhandel verfügen zu 100% über stufenlose Eingänge. Ziemlich gut schneiden die Branchen Banken/Post (82,6% stufenlos und gegenüber der Vorgängerstudie (66,7%) eine deutliche Verbesserung) und Veranstaltungsstätten (87,5% stufenlos) ab.

Die Gastronomie (mit nur 46,3% stufenlosen Geschäftslokalen) und die Branche Körperpflege, in der viele Friseure erfasst sind (45,4% stufenlos), schnitten hingegen besonders schlecht ab – hier hat sich verglichen mit der Vorgänger-Studie leider keine Verbesserung eingestellt.

Im Vergleich zur im Vorjahr durchgeführten Studie der Wiener Einkaufsstraßen (44,6% stufenlose Geschäfte), lagen St. Pölten und Innsbruck besser als die Bundeshauptstadt, Eisenstadt und Salzburg hingegen schlechter.

Erhoben wurden die Daten in der zweiten Jahreshälfte 2019 bzw. im Jänner 2020. Berücksichtigt wurden in der Studie die Bewertungen von 1.388 Geschäftslokalen in den Städten Eisenstadt, Innsbruck, Salzburg und St. Pölten wurden.

Koordiniert und zusammengeführt wurden die Daten im Team ÖZIV ACCESS beim ÖZIV Bundesverband. Schon mehrmals waren von ÖZIV in den vergangenen Jahren Einkaufsstraßenstudien in Wien bzw. in Landeshauptstädten durchgeführt. Geplant ist, die Studie künftig auf weitere Landeshauptstädte auszuweiten. Die gesamte Studie kann bei Interesse beim ÖZIV Bundesverband angefordert werden.

Insgesamt ist festzustellen, dass die gesetzlich verankerte Barrierefreiheit noch bei weitem nicht umgesetzt ist. Für die Kommunen und Einkaufsstraßen gibt es noch jede Menge Verbesserungsbedarf. Eine Reihe von Geschäften verfügt über Stufen zwischen 3 und 15cm.

Sie gelten nicht als barrierefrei/stufenlos, jedoch könnten diese Stufen mit wenig Aufwand – beispielsweise durch Rampen – beseitigt werden. In vielen Fällen wäre der Platz dafür jedenfalls gegeben. Im Durchschnitt betrifft dies 14,8% der Geschäftslokale – in Salzburg sogar mehr als 22%.

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Ein Kommentar

  • Mich stört besonders, dass Firmen wie die Schokofirma am Naschmarkt oder Wein & Co NACH einem Umbau nicht barrierefrei erreichbar.
    Gibt es keine Möglichkeit, diese Firmen zu zwingen? Wir schreiben 2020 und es sind noch immer die gleichen blöden Themen, es ist unglaublich!!
    Und ich frage mich, WER genehmigt und kollaudiert diese Umbauten??

    Es ist ermüdend, an irgendwelchen Klingeltasten zu hängen (Wein & Co Naschmarkt) und dann nach 15 min. (wo Gäste drinnen sich für mich beschwerten) gesagt zu bekommen, dass die Klingel eh nicht funktioniert und dass die Mitarbeiter nicht wissen, ob es eine Rampe gibt.

    Ich erinnere mich an meine Reisen nach Kalifornien, wo ich NIE einen Gedanken daran verschwenden musste, ob ich in einem Lokal essen (und das WC benützen kann), ob ich wo einkaufen, wo hinfahren, etc. kann. Es war einfach so!
    Und ich erinnere an Pebble Beach, wo Clint Eastwood das Clubhaus nicht barrierefrei gestalten ließ, mit der Begründung, dass dort eh keine Rollstuhlfahrer zum Golfen kommen. Er musste es abreißen lassen.