Akustische Ampeln in Wien schützen Betroffene und schonen Anrainerohren

Komitee für Mobilität sehbeeinträchtigter Menschen Österreichs zeigt sich erfreut über Einigung mit der Stadt Wien

Im Vordegrund eine akustische Ampel mit erhabenem taktilen Bild und der Schrift warten. Dahinter ein Auto.
BIZEPS

Wie einander entgegengesetzte Bedürfnisse doch noch miteinander vereinbart werden können, haben erst kürzlich die Stadt Wien (MA 33) und die Interessenvertretung KMS – Komitee für Mobilität sehbeeinträchtigter Menschen Österreichs bewiesen. Im Rahmen einer Vereinbarung wurden zehn Punkte über die Funktion der rund 900 Blindenakustikampeln (BLAK) in der Bundeshauptstadt fixiert.

Sicherheit versus Lärmbelästigung

Die Lautstärke der hilfreichen Signale, die es blinden und stark sehbehinderten Menschen ermöglichen ohne Lebensgefahr eine Straße zu überqueren, gibt immer wieder Anlass zu Beschwerden von Anrainern. Dies liegt aber nicht an der häufigen Nutzung durch blinde Fußgängerinnen und Fußgänger.

Vielmehr wird die Lärmbelästigung von sehenden Personen verursacht, die fälschlicherweise annehmen durch Betätigen der BLAK schneller ein Grünsignal zu erhalten. Dadurch sind die Taster rasch abgenutzt und häufig defekt.

Mehr Lautstärke mit Chip oder Schlüssel

Als Reaktion auf diese Problematik wurde 2016 in Wien mit der Errichtung von Ampelanlagen ohne Anmeldetaster begonnen. Hier kann der lebenswichtige Signalton zur Anzeige der Grünphase nur mehr mittels RFID-Chip oder Euro-Key aktiviert werden. Dagegen wehrte sich das KMS erfolgreich und in Kooperation mit der MA 33 wurde nun eine Vereinbarung geschlossen, in der die sogenannte „Vorortauslösung“ bindend vorgesehen ist.

Jede neu errichtete BLAK verfügt nun wieder über eine Anmeldetaste an der Unterseite. Die Lautstärke der Signaltöne ist an den Umgebungslärm angepasst. Um auch blinden Personen mit eingeschränktem Hörvermögen die sichere Nutzung zu ermöglichen, ist zusätzlich eine alternative Auslösung mittels Chip oder Euro-Key vorgesehen, durch die ein deutlich lauteres Signal für die Anzeige der Grünphase aktiviert werden kann. Vereinbart wurde auch, dass alte Anlagen ohne Vorortauslösung bis Ende 2017 nachgerüstet werden. Die Adaptierung der vor 2016 errichteten BLAK erfolgt schrittweise bis 2020.

„Wir sind sehr zufrieden mit dieser langfristig wirksamen Regelung, die für blinde und stark sehbehinderte Menschen Vorteile bringt. Durch die zusätzliche Aktivierung eines deutlich lauteren Signals können gefährliche Situationen an stark lärmbelasteten Übergängen vermieden werden“, zeigt sich der Vorsitzende des KMS, Dr. Elmar Fürst erfreut. „Die Mobilität visuell beeinträchtigter Menschen ist auch der Stadt Wien ein großes Anliegen. Das KMS wird künftig als alleiniger Ansprechpartner für diese wichtige Thematik fungieren und sich auch weiterhin für sinnvolle Lösungen einsetzen.“

Erleichterung bei Störungsmeldungen

Darüber hinaus werden an den neuen BLAK Schilder angebracht, die in Blindenschrift und Schwarzschrift eine Seriennummer angeben. Diese erleichtert künftig die Meldung von Störungen beim Lichttelefon der MA 33 unter der kostenlosen Nummer 0800 33 80 33.

Das KMS ist eine vereinsübergreifende Arbeitsgemeinschaft von Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich, Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs und Österreichische Blindenwohlfahrt.
Die 10-Punkte-Vereinbarung zwischen dem KMS und der Stadt Wien kann barrierefrei abgerufen werden unter:
http://www.kms.or.at/docs/Vereinbarung_KMS_MA33.docx

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18 Kommentare

  • Es ist höchst verwunderlich, weshalb man sich entschloss, diesem „Kompromiss“ zuzustimmen, entgegen sämtlichen Presseaussendungen des Blindenverbandes.

  • Es ist höchst bedauerlich, dass Sie Gleichberechtigung als „Frechheit“ titulieren.
    Es ist eine bedauernswerte Tatsache, dass blinde oder sehbehinderte Schüler – in den meisten Fällen – nicht am Turnunterricht teilnehmen dürfen, ebenso ist nachvollziehbar, dass sich das KMS, welches über keine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt, nicht entsprechend für die Belange ihrer Zielgruppe einsetzt, da es an Wissen fehlt.
    Die entsprechenden Kommentare sind daher offenbar als Satire aufzufassen.

  • Ich habe die Diskussion hier um einige Fake-Kommentare (+die Antworten darauf) bereinigt.

    Wer hier anonym posten möchte, kann dies gerne tun. Im Namen Anderer etwas zu schreiben und diese zu verunglimpfen werden wir aber nicht tolerieren.

  • Herr Prall und Herr Fürst, die die Vereinbarung mit der MA 33 unterzeichnet haben, sind beide nicht vollblind und haben einen Sehrest, der es ihnen ermöglicht problemlos die Ampelmasten und die Anmeldetableaus zu finden.

  • Ich stehe weiter dazu: Die inflationäre Ausgabe der Euro Keys geht ungehindert weiter.

    Es geht nicht darum, dass blinde und sehbehinderte Personen kein Behinderten-WC benutzen dürfen, jedoch kann diese Personengruppe auch „normale“ WC-Anlagen benutzen, deshalb vergönne ich es jeder blinden und sehbehinderten Person, die einen Euro Key besitzen, jedoch brauchen tun sie ihn nicht unbedingt, wenn eine „normale“ WC-Anlage zur Verfügung steht. Dass normalerweise Behinderten-WC-Anlagen sauberer gehalten und diese deshalb lieber benutzt werden ist allgemein verständlich – speziell bei blinden und stark sehbehinderten Personen.
    Akustik-Ampeln auf Euro Key System umzustellen ist jedoch Schwachsinn. Ich schließe mich daher der Meinung von „sound_and_safe“ an. Ich schätze Dr. Markus Wolf als engagierten Vertreter für blinde und sehbehinderte Menschen – deshalb ist die Zustimmung des KMS umso unverständlicher.

    • Geh bitte. Ob es Ihnen passt oder nicht, es handelt sich um Behinderten-WCs. Theoretisch können Blinde auch normale Anlagen nutzen, praktisch wünsche ich aber keinem Blinden, an einem hochfrequentierten Klo anstehen zu müssen. Auf die Heisldiskussion habe ich ansonsten keine Lust, es könnte ziemlich unappetitlich werden. Denn die Hygiene am WC ist hier nicht als reine Bequemlichkeit zu verstehen, sondern als eine grundlegende Einschränkung der Bedienbarkeit dieser Anlagen. Der Blinde müsste sich das WC begutachten lassen, nachdem er entweder Leute in der Warteschlange angerempelt und verärgert hat oder gnädigerweise vorgelassen wurde. Eine warteschlange ist eine Barriere für blinde Menschen.

      Ich hoffe, Sie waren bei dieser MA 33-Veranstaltung dabei, und zwar an beiden Terminen.

    • Dr. Wolf ist vor allem dann besonders engagiert, wenn ihn eine Diskriminierung selbst betrifft. So hat er es ja geschafft, dass im Parlament eine Verordnung über die verpflichtende Mitnahme von Blindenführhunden im Taxi beschlossen wurde, nachdem er selbst einmal nicht mit seinem Hund mitgenommen wurde. Eben dieser Hund zeigt dem Herrn Wolf die Ampelmasten und daher wird er sie auch finden, wenn sie ganz leise ticken.

    • Für viele blinde und stark sehbehinderte Personen ist ein Behinderten-WC – in Bezug auf die Orientierung – mit weniger Barrieren verbunden, aus diesem Grund ist es für die besagte Gruppe ebenso essenziell diese Einrichtungen, die für alle da sind, zu nutzen.

  • In Zukunft werden sehende Personen nicht weniger oft die Taster drücken. Nur den Leuten, für die sie eigentlich gedacht sind, wird es schwerer gemacht, sie zu finden. Blinde können die Taster nicht benutzen, wenn sie die Existenz von Akustikampeln nicht bemerken oder die Auffindung der Taster zu mühsam ist. Sinnvoller wäre es, die Sehenden über die Funktionsweise einer Akustikampel aufzuklären. Stattdessen gibt es nur einen symbolischen Mann mit Stock, der meistens als alt oder gehbehindert, aber nicht blind, eingeschätzt wird.

    „Das Komitee für Mobilität sehbeeinträchtigter Menschen Österreichs fordert daher akustische Ampelanlagen, die ohne die Verwendung zusätzlicher Hilfsmittel für alle Teilnehmer bedienbar sind.
    „Jede andere Lösung untergräbt die selbstständige Verkehrsteilnahme blinder und sehbehinderter Menschen und so letztlich die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer“, so Dr. Markus Wolf, Vorsitzender des KMS.“ (Zitat aus https://www.bizeps.or.at/weg-mit-euro-key-und-chip-bei-akustischen-ampeln/ vom 1. 12. 2016) Warum das KMS dieser Vereinbarung trotzdem zugestimmt hat, sollte aufgeklärt werden.

    • Zu bedenken ist ebenfalls, dass der symbolische Mann mit Stock zwar als behindert (z.B. blind, gehbehindert) eingestuft wwerden könnte, sich in der Folge jedoch der Trugschluss ergibt, dass diese Personengruppe rascher ein Grünsignal erhalten solle, also eine gegebene Analogie zur Verringerung der Ein- bzw. Ausstiegshöhe bei Bussen.

  • So einen Artikel hätte ich in einer durchschnittlichen Tageszeitung erwartet, aber doch nicht bei Bizeps!

    Die Lösung mit Chip und Eurokey ist die Schlimmstmögliche, nachdem die Ampeln jetzt schon viel zu leise sind. Eine Querung ohne Hilfsmitteln ist daher de fakto nicht möglich und die Vor-Ort-Auslösung eine Fars.

    Da wären Sender, die die Möglichkeit geben, die Ampel aus der Ferne auszulösen, effektiver. denn das Auffindesignal ist erst recht zu leise. Man hört die Ampel zwar, kann sie aber nicht gut orten.

    Aber diese dinge sind nur als Zusatz zu verstehen.

    Damit ist 1 klar: Die Anreiner haben eindeutig die bessere Lobby – und wir unsere Schnarchnasen.

  • Unglaublich, wie hier versucht wird eine massive Verschlechterung als Erfolg darzustellen!! Wie soll man denn ohne zu sehen überhaupt die jetzt leiseren Blindenampeln finden??? Das Ticken ermöglicht es ja erst überhaupt das Kastel zu finden, in das man dann blind den Schlüssel stecken soll! Im KMS sitzen leider Leute, die keine Ahnung von Barrierefreiheit haben. Alle kompetenten Leute und Vereine, die sich mit den Akustikampeln auskennen, wurden aus dem KMS hinaus befördert bzw. erst gar nicht zur Mitarbeit zugelassen. Die größte Frechheit ist es aber, dass die sich als alleinige Vertreter aller blinden und sehbehinderten Menschen bezeichnen und das auch so in die Vereinbarung geschrieben haben.

  • Das Wort Blindenakustik ist wirklich ein absolut unseeliger Anachronismus, der aus gutem Grund auch in keiner diesbezüglichen ÖNorm mehr zu finden ist – aber wie heißts so schön: Unkraut vergeht nicht.
    Aber über die diesbezügliche Önorm, erst 2015 beschlossen, hat man sich hier ohnedies hinweggesetzt, ebenso wie über die Grundidee von Barrierefreiheit – wie soll man als hörbehinderter Mensch die Akustikampel eigentlich finden, wenn das Auffindesignal, wie es so schön heißt, im unteren bis mittleren Bereich der Normlautstärke festgelegt wird? Übrigens geht klar hervor, dass das Queren ohne Chip und Eurokey nicht möglich ist – welchen Sinn hat dann eine derartige Umsetzung der Vorortauslösung eigentlich noch?
    Fazit: die MA33 hat eine gute Lösung einfach abgeschafft, nämlich die hilfsmittelfreie Vorortauslösung, die Verbände haben äußerst halbherzig reagiert, nicht zuletzt aufgrund von Befürwortern der ausschließlichen Auslösung mit Chip und Eurokey in den eigenen Reihen, und haben nun einem sogenannten Kompromiss zugestimmt, der einen klaren Rückschritt gegenüber der bisherigen Lösung darstellt – es ist ohnehin ein großes Entgegenkommen, dass Nutzer der Akustik überhaupt einen Knopf für das Freigabesignal betätigen müssen, in vielen anderen Ländern ist das akustische Signal dem Optischen völlig gleichgesetzt und zeigt dementsprechend automatisch die Phasen korrekt an, und das selbstverständlich rund um die Uhr!
    Bzgl Eurokey: Auch wenns manchen Neidern offenbar nicht passt: keine Behinderungsgruppe hat das recht, eine andere zu diskriminieren! Ich habe zB meinen Eurokey von der ÖAR bekommen, und zwar schon lange vor diesen barriereunfreien Ampeln bekommen, und zwar für seinen eigentlichen Zweck, nämlich für die Nutzung der BehindertenWCs, diese sind nämlich ebenfalls für alle Menschen mit Behinderung da!

    • Stammt vermutlich aus dessen Feder, von dem auch der Mensch mit besonderen Bedürfnissen kommt.

    • Wie der despektierliche Kommentar von Rolli zeigt, besteht eine erhebliche divergenz zwischen Behinderungsgruppen, welche auch von Vereinen und Personen – wie der eben erwähnten – weiter tradiert und propagiert wird, analog verhält es sich mit Maßnahmen, welche der Erhöhung der Zugänglichkeit dienen sollen, denn eine Person kann in einer Weise behindert sein, die eine Zuordnung nur zu einer Behinderungsgruppe erschwert bzw. deren Behinderung seltener ist, was jedoch nicht zu Folge haben darf, dass Maßnahmen so konzipiert werden, dass ein kumulativer Effekt, welcher eine signifikante Verschlechterung für diese Personen bedeutet, immanent ist und dies billigend in Kauf genommen wird.

  • Bedauerlicherweise ist das Konzept der Barrierefreiheit den Entscheidungsträgern nicht bekannt. Die Lösung mit Chip und Schlüssel kann keineswegs als Erhöhung der Zugänglichkeit gewertet werden, da Touristen und ortsunkundige ausgeschlossen werden und gleichzeitig Menschen mit Hörbehinderung.
    Unter Barrierefreiheit (Accessibility) wird ein niederschwelliger Zugang für alle verstanden und nicht eine Lösung welche auf einem Konsens zwischen Vereinen und einer Stadt basiert, welche auch beim Thema Persönliche Assistenz diskriminierende Standards bemüht.
    Der Aspekt der Seriennummer in Braille ist begrüßenswert, musste jedoch von vereinsfremden Personen entwickelt werden, da es uns an Expertise fehlt.
    Wir lehnen daher die angestrebte Lösung als wider die UN-Konvention ab.

  • Unglaublich: Jetzt geht die inflationäre Ausgabe der Euro-Key ungehindert weiter. Denn: Ursprünglich war der Euro-Key für Behinderten-WC-Anlagen – Aufzüge – und Schrägaufzüge gedacht. Jetzt haben es die Vertreter der „Blinden“ und stark Sehbehinderten geschafft, ganz legal einen Euro-Key zu bekommen.
    „Blindenampel“: Alternativ zur Vorortauslösung besteht die Möglichkeit, mittels RFID Chip und/oder Eurokey das akustische Freigabesignal auszulösen.

    • Eurokeys sind für alle da, nicht nur für Personen mit Körperbehinderung, ebenso verhält es sich mit akustischen Ampeln, in diesem Zusammenhang ist auch festzustellen, dass der Begriff „Blindenakustik“ vom KMS falsch gewählt ist.