Der Österreichische Gehörlosenbund ist in einem Arbeitskreis "Rechtsbereinigung hinsichtlich behindertendiskriminierender Bestimmungen" in Wien eingebunden.
Ich bin oft zu den Sitzungen gegangen. Beim ersten Mal habe ich eine Dolmetscherin mitgenommen.
Es war noch eine andere Dolmetscherin anwesend, die von der Stadt Wien bestellt und bezahlt wurde, die ich jedoch nicht kannte. Ich konnte meine Dolmetscherin nicht nach Hause schicken, da nicht vorgesehen war, daß dort am Treffpunkt bereits eine Dolmetscherin sein würde; eine schwierige, unvorhergesehene Lage.
Später bin ich dann ohne Dolmetscherin hingegangen, weil auf der Einladung vermerkt war: „Die Sitzung wird in Gebärdensprache gedolmetscht“. Die Stadt Wien hat die Kosten der Dolmetschertätigkeit getragen.
Obwohl der WITAF auch eingeladen war, kam von diesem Verein selten ein Teilnehmer, sodaß ich einmal für mich alleine zwei Dolmetscher hatte. Das war mir irgendwie unangenehm. Vor Weihnachten fehlte ich, meine Nase lief, ich wollte nicht mit einem Haufen Papiertaschentücher an der Sitzung teilnehmen und womöglich alle anstecken.
Das letzte Mal im Jänner war ich wieder bei der Sitzung und auf einmal war kein Dolmetscher da. Ich wollte schon weggehen. Der Vorsitzende bemühte sich telefonisch um einen Dolmetscher, es war jedoch leider vergebens. Man sagte mir, ich solle bleiben, und man fragte mich, ob ich der Sitzung folgen könne. Ein Teilnehmer (Herr Srb) kam mit dem Rollstuhl zu mir und schrieb mir seine Frage auf, ob ich der Sitzung ohne Dolmetsch folgen könne. Ich verneinte. Ich könne nur auf ein Mundbild schauen, sagte ich, nicht auf mehrere gleichzeitig. Da wurde beschlossen, die Sitzung zu vertagen.
Die Initiative ging ausgerechnet von Menschen im Rollstuhl aus. Für sie ist es besonders schwierig, im Wiener Rathaus über so viele Gänge und Treppen zum Sitzungssaal zu kommen. Alle erhoben sich, der Sozialreferent, der Vorsitzende, die Elternvertreterin, die Vertreter der Blinden, die Referenten für bauliche Fragen. Eine Teilnehmerin sagte zu mir: „Wir sitzen alle im selben Boot. Wenn wir nicht Solidarität zeigen, wird sich nichts ändern.“
Ich war mir bewußt, daß es nicht um meine Person ging, sondern darum, daß es selbstverständlich wird, daß Gehörlose einen Dolmetscher beigestellt bekommen, wenn sie in Fragen der Allgemeinheit mitarbeiten wollen. Es war mir jedoch unangenehm, daß so viele Menschen den Weg zur Sitzung umsonst gemacht hatten. Auf dem Heimweg wurde mir bewußt, daß sich die Zeiten langsam ändern.