APOLLO-Kino – oder „Wien ist anders“

Dann bräuchte man sich ja keine Sorgen zu machen, oder doch?

Apollo-Kino
Wikipedia

„Aber ich kann nur eines garantieren: Überall dort, wo es finanziell vertretbar ist, ist es fixe Komponente jedes Vorhabens, daß es behindertengerecht wird.“ so sprach Dkfm. Werner Sogl, einer der Geschäftsführer von CINEINVEST, dem Betreiber des APOLLO-Kinos.

Dann bräuchte man sich ja keine Sorgen zu machen, oder doch? Das APOLLO-Kino und dessen Betreiber (50 % die Constantin Film Holding, 50 % die KIBA der Wiener Holding – ein im direkten Einflußbereich der Stadt Wien stehendes Unternehmen) sind leider keine Unbekannten. Schon 1993 beim ersten Erweiterungsbau wurden von sieben Sälen nur einer für RollstuhlfahrerInnen zugänglich gemacht.

Danach erfolgte die Beschlußfassung einer Bestimmung im Veranstaltungsstättengesetz, daß bei UMBAUTEN über 10 % der gesamte Veranstaltungsort zugänglich sein muß. NEUBAUTEN müssen zugänglich sein. Um der Verpflichtung zu entkommen, wurde der Umbau vom Betreiber als ZUBAU bezeichnet – so mußten die alten Säle nicht zugänglich gemacht werden – eine typisch österreichische Lösung.

Doch auch sonst sind die Betreiber recht trickreich. Sogl: „Es gibt kein Projekt in Zukunft, das auf die Behindertenfrage nicht eingehen kann.“ Solche Sätze kommen bekannt vor.

Wie sieht es nun aus?

Vier der nun 12 Säle sind noch immer nicht für RollstuhlfahrerInnen erreichbar. Der Eingang zu den Kassen ist noch immer nicht stufenlos erreichbar. Es gibt nur einen von innen zu öffnenden Notausgang mit Klingel. Daran hat sich seit dem ersten Umbau nichts geändert, obwohl vor kurzer Zeit der Gehsteig massiv verbreitert wurde und die Möglichkeit zur Adaptierung bestanden hätte.

Wer es zur Kinokassa geschafft hat, muß wieder ins Freie (außer Saal eins) und ums Haus herum wieder ins Kino hinein. Die neu errichtete Erlebnisbar ist nur teilweise ohne Stufen zugänglich. Sogl ist trotzdem optimistisch: „Wir würden uns freuen, wenn Behinderte die Erlebnisbar besuchen.“

An finanziellen Problemen kann es also nicht liegen. Selbst die Betreiber sprechen davon, daß sich das Kino rechnet.

Wie war das doch noch einmal: „Überall dort, wo es finanziell vertretbar ist …“ Nun zu den wirtschaftlichen Fakten. Im Interview und in den Presseunterlagen wird angegeben, daß 220 Millionen Schilling in den letzten Jahren investiert wurden. 1996 gab es 856.000 BesucherInnen, für heuer werden 1,2 Millionen erwartet; das gibt – so Sogl – einen Planumsatz von 130 Millionen Schilling brutto pro Jahr.

Was ist ein Rollstuhlplatz?

Darüber gibt es unterschiedliche Ansichten. Die einfallsreichen Betreiber haben (mit behördlicher Genehmigung) folgendes gemacht: Defacto ist ein Rollstuhlplatz ein Sitz. Falls doch RollstuhlfahrerInnen kommen, wird dieser erst entfernt. Das ist eine Zumutung, doch es kommt noch schlimmer. Die „Rollstuhlplätze“ werden wie gewöhnliche Sitzplätze und nicht – wie eigentlich selbstverständlich – als Rollstuhlplätze verkauft. Bei unserem Test war der sogenannte „Rollstuhlplatz“ bereits als Sitzplatz verkauft. Dies aber widerspricht genau dem Sinn des Gesetzes.

Um der Sache noch die Krone aufzusetzen, wird im Kinoprogramm nicht mehr gekennzeichnet, welcher Film in welchem Kinosaal läuft, um kurzfristig bei unterschiedlicher Auslastung die Säle tauschen zu können.

Politische Verantwortung

Es wird gerade überprüft, welche rechtlichen Schritte möglich sind. Einerseits wird zu klären sein, wie es möglich ist, daß in einem Bundesland, wo die Bauordnung sogar die Höhe der Stufen in den Keller vorschreibt (Zitat Bürgermeister Häupl), ein Betreiber einen 220 Millionen Schilling Umbau von der Behörde genehmigt bekommt, der so behindertenfeindlich ist. Andererseits – falls diese Genehmigung rechtens ist – wie die unzureichenden Baugesetze endlich so gestaltet werden, daß in Wien barrierefreies Bauen endlich verpflichtend wird.

Übrigens: Im neuen Arbeitsübereinkommen der Wiener Stadtregierung (SPÖ und ÖVP) steht: „Wir bekennen uns zum Recht behinderter Menschen auf ein selbstbestimmtes Leben und Integration in die Gesellschaft. … Kultur- und Freizeiteinrichtungen sind für Behinderte zugänglich zu machen.“

Darauf angesprochen sagte eine Passantin „Das ist ja heiße Luft. Die haben es sich gerichtet. Eh klar, daß die Stadt dem stadteigenen Betrieb das genehmigt.“ Wir konnten ihr leider nicht widersprechen, es liegen uns seitens der Stadt (Bürgermeister Häupl und die zuständigen Stadträte) keine Stellungnahmen vor – wir werden darüber weiter berichten.

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