Arbeitslosigkeit: Ein Schreckgespenst oder ein Produkt mangelnder Veränderungsbereitschaft?

Am 4. Juli 2008 nahm ich zusammen mit drei blinden Kolleginnen die Veranstaltung "Schreckgespenst Behindertenarbeitslosigkeit" wahr, die vom Verein Mentory organisiert wurde.

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Dies war eine Diskussion zu diesem Thema, an der Dr. Franz-Joseph Huainigg (Abgeordneter zum Nationalrat, Behindertensprecher ÖVP), Theresia Haidlmayr (Abgeordnete zum Nationalrat, Behindertensprecherin Die Grünen), Dr. Johannes Kopf (Vorstand AMS), Dr. Klaus Voget (Präsident ÖAR) und Mag. Pia-Maria Rosner-Scheibengraf (Abteilung Sozialpolitik und Gesundheit, WKO) teilnahmen.

Begünstigtenstatus

Sieht man einmal vom sehr praxisorientierten Vorschlag von Dr. Voget ab, so muss ich ehrlich sagen, dass ich die 300 Kilometer lange Anreise aus Graz fast bereute, denn außer vielen Ideen und wenigen konkreten Ansätzen kam vor allem von den beiden geladenen Politikern nicht wirklich etwas Brauchbares. Dr. Vogets Vorschlag war schlicht und ergreifend der, verschiedene Ideen und Ansätze auf begrenzte Zeit zu probieren, um überhaupt einmal dahinter zu kommen, ob die momentane Form des Begünstigtenstatus tatsächlich DAS Problem ist.

Es ist zwar fein, wenn der ÖVP-Behindertensprecher für die Flexibilisierung des Kündigungsschutzes eintritt, viel Praktisches ist zu diesem Thema dennoch nicht gekommen. Wieso ergriff er bisher nicht die Initiative und brachte Betroffene und WKO an einen Tisch? Nur eine daraus resultierende Lösung kann auch das bringen, was man (hoffentlich) möchte: Die Senkung der Behindertenarbeitslosigkeit

Kündigungsschutz

Es ist weniger fein, dass die Behindertensprecherin der Grünen anscheinend die Behindertenarbeitslosigkeit „wegdiskutiert“, in dem sie der anwesenden Dame der WKO vorwirft, dass die Wirtschaftskammer die Einstellungspflicht nicht erfüllte.

Vielleicht hätte sich die Abgeordnete vorher mit der Frage beschäftigen sollen, warum das so ist: Vielleicht liegt es daran, dass die WKO ihrem Ruf nachkommt und auf das Echo der Wirtschaft gegenüber dem Kündigungsschutz hört?

Besonders enttäuscht hat mich ebenfalls, dass die Grüne Abgeordnete es als „Schwachsinn“ abtat, dass ich dafür eingetreten bin, den behinderten Menschen die Möglichkeit zu geben, zu entscheiden, wann sie die Eigenschaften des begünstigten Status wirksam machen möchten.

Konkret habe ich vorgeschlagen, dass man den Inhabern dieses Bescheids die Möglichkeit gibt, mit einem Arbeitgeber zu vereinbaren, ob die rechtlichen Wirkungen dieses Status im aktuellen Arbeitsverhältnis gelten sollten oder nicht. Genau das war der Schwachsinn, den ich mir erlaubt habe, von mir zu geben, dennoch ist dies aus meiner Sicht EIN (weiterer) Versuch, dem Problem Herr zu werden.

Die Gefahr, dass dadurch Betroffene genötigt werden, eine derartige Vereinbarung zu unterschreiben, könnte man gleich lösen, wie dies bei der Kündigung durch einen nicht volljährigen Lehrling der Fall ist, nämlich eine verpflichtende vorherige Besprechung durch das Bundessozialamt.

Höhe der Ausgleichstaxe

Fein hingegen war, dass die Grüne Abgeordnete thematisierte, dass die momentane Höhe der Ausgleichstaxe von € 213 zu oft dazu führt, dass sich Betriebe freikaufen.

Gar nicht fein war, dass es die Behindertensprecherin der SPÖ nicht geschafft hat, an dieser Diskussion teilzunehmen, was auch immer der Grund dafür sein mochte? Sie hätte aber zum Beispiel ihren Minister- und Parteikollegen Hrn. Dr. Buchinger „schicken“ können, in dessen Kompetenz die gesamte Begünstigungsthematik fällt …

Alles andere als fein war darüber hinaus, dass der geladene Herr des AMS nicht im Stande war, aktuelle Zahlen zu nennen, „weil deren Erhebung nicht standardmäßig und nach Behinderungsart geschieht“. Wäre nicht gerade u. A. das DIE Aufgabe des AMS, derartige „Phänomene“ mit Daten zu belegen?

Für mich wurde außerdem deutlich, dass es ein erhebliches Hindernis für betroffene Bewerber ist, dass sie im Sinne der Einstellungspflicht und der damit verbundenen Ausgleichstaxe nur als behindert gelten, wenn sie über den Feststellungsbescheid verfügen. Dies ist nicht zuletzt schockierend, da der Staat hier ganz offensichtlich zwischen behindert und behindert unterscheidet.

Zusammenfassend bleibt mir nur noch

  • zu hoffen, dass die nächste Regierung mehr in diese Richtung unter Einbeziehung Betroffener tut.
  • zu akzeptieren, dass Vorschläge, die versuchen, die heutige Realität widerzuspiegeln, von manchen Politikern als „Schwachsinn“ abgetan werden.
  • zu erwarten, dass man dieses Thema weiterbehandelt und vor allem ENDLICH mit dem Umsetzen von verschiedenen Vorschlägen beginnt.
  • weiter abzuwarten, wann endlich bedarfsberecht unterstützt und beschieden wird: So wenig die ersatzlose Streichung des Begünstigtenstatus sinnvoll ist, so wenig ist es sinnvoll, daran unverändert und für jeden im gleichen Ausmaß festzuhalten.
  • zu warten, dass man Experten sich in eigener Sache einbringen und tun lässt. Sämtliche anderen Wege wurden bereits (groß)teils mit mäßigem Erfolg versucht.
  • den Veranstaltern für diese sehr, sehr gute Initiative zu danken!
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