Armutskonferenz bekämpft Streichung der Sozialhilfe bei Menschen mit Behinderungen in Niederösterreich

Licht ins Dunkel der Sozialhilfe: diskriminierend und schikanös für Menschen mit Behinderungen. Armutskonferenz unterstützt deswegen auch Inklusions-Lichtermeer am Sonntag.

Ortschild mit Aufdruck Niederösterreich
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Menschen mit Behinderungen, die nicht selbsterhaltungsfähig sind, wird in Niederösterreich die Sozialhilfe verwehrt, wenn diese bei ihren Eltern leben. Das geschieht auch dann, wenn ein Elternteil Alleinerhalter ist und selbst nur über sehr niedrige Einkünfte verfügt und dem Kind somit kaum Unterstützung zukommen lassen kann.

„In derartigen Situationen einer jungen Frau mit Behinderungen, die in finanziell schwachen Haushalten von Alleinerhalterinnen leben, zu unterstellen, sie hätten keinerlei Wohnkosten, und ihnen deshalb die Unterstützung zu verwehren, ist zynisch“, kritisiert das Netzwerk Armutskonferenz die niederösterreichische Gesetzeslage.

Schikanös und diskriminierend

Mit 1.Dezember ist jetzt eine novellierte Fassung des NÖ-Sozialhilfegesetzes in Kraft getreten. Eine Verbesserung für armutsbetroffene Menschen durch Klarstellung wer als „alleinerziehende Person“ zu verstehen ist, enthält das Gesetz jedoch weiterhin nicht.

Eine andere Möglichkeit wäre, Ausnahmebestimmungen für erwachsene Menschen mit Behinderungen aufzunehmen, die aufgrund mangelnder Selbsterhaltung noch im Elternhaus leben. Der NÖ-Landesgesetzgeber hat von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht.

Der Fall zeigt wie viele andere: Die Niederösterreichische Sozialhilfe verfehlt seinen Zweck, nämlich die Existenzsicherung von Menschen in finanziell prekären Lebenslagen zu gewährleisten. Die Sozialhilfe leistet zu wenig Unterstützung, um die Situation von Armutsbetroffenen nachhaltig zu verbessern.

Die Regelungen, die zum Anlassfall führen, sind diskriminierend für Menschen mit Behinderungen und Alleinerhalterinnen. Auf Basis des NÖ-Sozialhilfegesetz werden Armutsbetroffene schikaniert und sie werden in schwere finanzielle und persönliche Krisen gestürzt. Das Netzwerk Armutskonferenz unterstützt deswegen auch das Lichtermeer für mehr Inklusion am Sonntag.

Wohnkosten, Gas, Strom, Beiträge für die Tochter mit Behinderung

Die volljährige Tochter mit Behinderung lebt gemeinsam mit ihrer Mutter zusammen. Die Tochter besucht untertags eine Behinderteneinrichtung des Landes NÖ und ist nicht „arbeits“- und auch nicht „selbsterhaltungsfähig“.

Das Einkommen der Mutter ist gering. Sie gilt in Niederösterreich nicht als alleinerziehend, obwohl sie sich alleine um die Tochter kümmert und bei dieser wohnt. Nach all den Abzügen verbleibt für die Familie keine Sozialhilfe in Niederösterreich.

Tatsächlich sind die Wohnkosten – unter anderem Gas, Strom, Kanal, Wasser, Müll, Haushaltsversicherung – und die Lebenserhaltungskosten viel höher als fiktiv von der Behörde errechnet.

Bei der sachlich richtigen Qualifizierung der Mutter als Alleinerhalterin, wäre der Richtsatz und damit auch der fiktive Bedarf für diese höher, sodass ein geringer Einkommensüberschuss das Resultat gewesen wäre. Die Mutter hat zudem unter anderem einen Kostenbeitrag an die Behörde für die Werkstätte von zumindest € 70,93 zu tragen und für die Einrichtung selber schlagen in der Regel € 110,- / Monat zu Buche.

Beide Ausgaben werden von der Behörde zur Gänze unberücksichtigt gelassen. Die Berechnungen der Behörde und die Realität klaffen damit vollkommen auseinander. Es kommt zur Verschlechterung der Lebensumstände der Tochter mit Behinderung und der alleinerziehenden Mutter.

Selbst mit regelmäßiger finanzieller Unterstützung durch den erweiterten Familienkreis wird es auf lange Sicht nicht möglich sein, dass sich die Familie weiterhin ein Leben in ihrem Zuhause und die Tochter sich den Besuch der Werkstatt leisten kann.

Schlechtes Gesetz ändern

Würde die Mutter als „alleinerziehende Person“ gewertet, erhielte sie einen Zuschlag zum Richtsatz angerechnet. Die Gesetze behandeln einerseits die Tochter mit Behinderung gleich einer Minderjährigen, weil sie Unterhaltsansprüche gegenüber der Mutter hat und sich diese anrechnen lassen muss, die Mutter hingegen sehen die Gerichte trotz ihrer Unterhaltspflicht nicht als Alleinerzieherin an.

Sie wird trotz der Tatsache, dass sie ihre Tochter alleine erhält, nicht als Alleinerhalterin gewertet, woraus die Verweigerung der Sozialhilfe resultiert. „Es ist nicht so schwer“, fasst die Armutskonferenz zusammen: „Ein schlechtes Gesetz gehört geändert.“

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7 Kommentare

  • Ich habe 2 Kinder 8 u 18 8 jähriger Behindert und meine Tochter ist 18 Jahre geht aber nach wie vor zur Schule trotzdem bin ich keine Alleinerzieherin mehr ich bin gezwungen in die Sozialhilfe zu gehen weil ich meinen Sohn Pflege und weiss nicht wie ich leben soll. Es müsste generell überral in Österreich gleiche Gesetze sein ist lächerlich Behinderte geben den Staat nichts retour darum hilft man ihnen nicht man muss betteln 100 Formulare ausfüllen und 9dann 1 Jahr auf Antwort warten ich bringe gerne meinen Fall vor .
    Lg

  • Ich schließe mich Klaudia und Lucia vollinhaltlich an. In Österreich bekommen nicht selbsterhaltungsfähige erwachsene Menschen keine Erwerbsunfähigkeits-Pension und werden im Falle eines Falles sogar dazu gezwungen, ihre eigenen Eltern auf Unterhalt zu klagen. Die lebenslange Unterhaltsverpflichtung bedeutet für viele Eltern – vor allem für Alleinerziehende – eine lebenslange existenzielle Notlage. Das gehört wirklich DRINGEND geändert!! Wann werden unsere Politiker*innen in diese Richtung endlich aktiv?

  • Dem Kommentar von Frau Klaudia kann ich mich nur anschließen.
    Auch ich empfinde die lebenslange Unterhaltsverpflichtung der Eltern gegenüber ihrem nicht selbsterhaltungsfähigen Kind als eine große Ungerechtigkeit im System.
    Das muss dringend geändert werden!

  • der kommentar von sandra ist informativ und wichtig. dennoch bleibt: die sozialbürokratie ist bessonders im behindertenbereich eine katastrophe, bürokratischer mehraufwand, vorenthaltung von leistungen, die selbstverständlich sein sollten, teils schikanöse behandlung durch das fachpersonal. davon aber ist in „licht ins dunkel“ nicht die rede. schlafen Sie gut, herr strobl!

  • Der „Kleinkindstatus“ bei erwachsenen Menschen mit Behinderungen gehört sowieso weg! Sie müssen als eigenständige Person gerechnet werden oder besser bei Selbsterhaltungsunfähigkeit eine Erwerbsunfähigeits-Pension bekommen (14x jährlich). Erst dann hört sich die Bettlerei auf und werden Eltern behinderter Kinder nicht mehr „bestraft“, dass sie ein behindertes Kind zur Welt gebracht haben. Ich empfinde das jedenfalls so!

    • Auch mehr als hundert Jahre nach dem Kaiserpatent Entmündigungs-Ordnung leibt und lebt die FälscherFabrik Österleich verdammend, was das irre Manipulieren von gelebten Jahren betrifft.
      Aber: Rettung naht! Ministerin Zadic und ihre Kinderrechtskampagne scharrt bereits in den Startlöchern…

  • Niederösterreichisch ist ein Synonym für mies. Es handelt sich hier um die niederösterreichische Umsetzung des Sozialhilfe-Grundgesetzes, in diesem Punkt meine volle Zustimmung.

    Dennoch: Wenn man will, dass die Leser verstehen, worum es geht, sollte man besser den Fallbericht klar und sachlich verfassen und die Hintergründe beleuchten, statt den üblichen Jammergesang anzustimmen. Einmal ist beispielsweise von Alleinerhaltern die Rede, dann von Alleinerziehern, ein großer Unterschied. Hier wird aber auch nicht differenziert zwischen der Diskriminierung, die durch das Ausführungsgesetz entstanden ist, und den grundsätzlichen Schwächen des Sozialhilfe-Grundgesetzes.
    Dass die Sozialhilfe schon vor der Krise nicht die Lebenserhaltungskosten abdeckte und bis jetzt massiv an Wert verloren hat, ist wiederum ein grundsätzliches Problem.
    Hat sich ein Gericht mit diesem Fall beschäftigt? Dem Artikel nach dürfte dies der Fall sein. Oder beruft sich der Verfasser grundsätzlich auf die seiner Meinung nach übliche Rechtssprechungspraxis?

    Ein schlechtes Gesetz gehört geändert, ja. Aber was hat die betroffene Dame von einem Lichtermeer? Will man ihr und in der Folge auch anderen Betroffenen helfen, ist der Rechtsweg zu beschreiten, idealerweise mit Unterstützung eines engagierten Rechtsanwalts.