Bäckerei wegen Barriere verurteilt: Neu errichtete Stufe bei Eingang rechtswidrig!

Erstmals stellt Gericht klar, dass Neu- und Umbauten seit 1. Jänner 2006 barrierefrei sein müssen.

Gerichtsurteil - Hammer
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Ein bis dahin barrierefreies – eben zugängliches – Geschäftslokal in Wien wurde im Frühjahr 2008 umgebaut. Seit dem Umbau verfügt die Bäckerei mit Kaffeehausbetrieb über eine 15,5 cm hohe Stufe beim Eingang. Der Seiteneingang verfügt zwar über eine Rampe, die mit 22% Steigung für den Kläger, der einen Rollstuhl benutzt, aber nicht verwendbar ist.

Nachdem der Kläger bereits während der Bauarbeiten auf die Rechtswidrigkeit der Stufe aufmerksam gemacht hatte, brachte er nach der Eröffnung mit Unterstützung von BIZEPS-Zentrum für Selbstbestimmtes Leben einen Schlichtungsantrag beim Bundessozialamt ein.

Die Schlichtung scheiterte, da der Geschäftsführer der Bäckerei die rechtswidrige Barriere trotz Alternativen bewusst in Kauf nahm. Darauf wurde mit Unterstützung des Klagsverbands eine Klage auf Schadenersatz eingebracht.

Das nun vorliegende rechtskräftige Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt stellt fest, dass die Stufe eine Barriere und somit eine mittelbare Diskriminierung im Sinn des Behindertengleichstellungsgesetzes darstellt. Die Errichtung einer solchen Barriere verstößt auch gegen die Wiener Bauordnung.

Die Stufe wurde nach Ansicht des Gerichts daher rechtswidrig errichtet, weshalb auch die Übergangsfristen des Behindertengleichstellungsgesetzes nicht zum Tragen kommen. Diese sehen vor, dass Barrieren, die aufgrund einer vor dem 1. Jänner 2006 erteilten Berechtigung errichtet wurden, bis zum 31.12.2015 nur dann diskriminierend sind, wenn ihre Beseitigung zumutbar ist.

Wie sehen der Kläger und der Klagsverband das Urteil?

Der Kläger Manfred Srb: „Dieses Urteil ist ein Sieg für unsere Menschenrechte. Ich hoffe es macht allen Betroffenen Mut, sich ebenfalls gegen Benachteiligungen zur Wehr zu setzen.“
Mag.a Andrea Ludwig, die das Verfahren für den Klagsverband geführt hat: „Die gesetzlichen Bestimmungen sind keinesfalls neu, sie sind bisher nur nicht zur Anwendung gekommen. Das Urteil sagt nun ganz klar, wer ab dem Jahr 2006 bestehende baurechtliche Normen über barrierefreies Bauen ignoriert, muss Schadenersatz leisten. Und wird die Barriere nicht beseitigt, können auch all die Personen klagen, die weiterhin durch diese Barriere diskriminiert werden.“
Das Urteil zeigt aber auch einen bedeutenden Mangel des Behindertengleichstellungsgesetzes auf: Obwohl die Stufe eine rechtswidrige Diskriminierung darstellt, muss sie nicht beseitigt werden – die Bäckerei kommt mit einer Zahlung von 1.000 Euro davon.

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0 Kommentare

  • Mine Meinung dazu ist. Dass wir mehr solche Richter an den verschiedenen Gerichte sein müsste. Wir sind genau so Bewohner eines Landes bzw. von der EU wie alle Andere. Viele von uns benbötigen auch Hilfsmittel wie z. B Rollstühle oder ander Dinge. Sie dürfen keinen mehr ausschießen. Man schliesst auch ander der Bevölkerung aus. Danken Sie bitte an die Schweigeminute heute in Deutschland um 12 Uhr Mittag. Diese Minute ist für die Opfer von den Anschläge asn die Mitmenschen vonm Ausland. Dass ist noch viel schlimm!!! Aber wenn wir nicxht mit unserer Bevölkerung egel wo her und Wie eine /r dran ist

  • Die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung (und allen anderen Personengruppen die ebenfalls durch Barrieren benachteigt werden) hat bei der Firma Felzl Tradition: Auch die 3. im Herst 2010 in Wien 5, Pilgramgasse 24 eröffnete Filiale ist ebenfalls nur über eine Stufe erreichbar!

    Da kann wohl niemand mehr von Zufall reden!!

  • @Jürgen Wecke: ich bin dabei! Falls insgesamt mindestens zehn Leute mit machen, bitte um Kontakt.
    Herzliche Grüße Herbert Sommereder herbert.sommereder@gmx.at

  • Der Bäcker braucht nicht zu Hammer und Meisel greifen sondern einfach die bereits vorhandene Me-Rampe (angebl 22% Steigung) weiter rauslegen.

  • Der Mangel im Gesetz kann dazu führen, daß sich die< RollstuhlfahrerInnen zusammentun und alle einzeln gegen die Barriereklagen, der Betrag von 1000 Euro< tut jedem gut und der Bäcker wird bald eigenhändig zu Hammer und meisel greifen um die Barriere zu entfernen, denn wer will das bezahlen.

  • Da werde ich nur mehr reingehen, wenn ich fünf Minuten vor dem Verhungern bin – d. h. gar nicht.

  • Bäckerei-Cafe Felzl hat auch im 7. Bezirk in Wien, in der Schottenfeldg. 88 ihre Geschäft nach 2006 umgebaut und dort den ehemals barrierefreien Eingang weggenommen. Seither können Menschen nur mehr über Stufen in den Laden. Mutmaßlich steckt da eine Systematik dieses Betriebes dahinter, Menschen mit Behinderungen auszuschließen. Es gilt natürlich die Unschuldsvermutung!! Übrigens, der Umbau in der Schottenfeldgasse erfolgte erst, als schon lange die „Causa Kaiserstraße“, also die Diskriminierung dort bekannt war. Felzl hat sich bewußt entschlossen, auch vom 2. Laden Menschen mit Behinderungen auszuschließen. Dass jetzt nur € 1.000,– zu zahlen sind, ist zumindest ein kleiner Schritt. Wenn die „Causa Felzl“ auch auf die Schottenfeldgasse ausgeweitet wird, dann sind es schon € 2.000,–. Jede und jeder, der sich diskriminiert fühlt, sollte ein Verfahren gegen Felzl einleiten, das schafft für ihn dann vielleicht Bewußtsein, wenn er öfters damit konfontiert wird!

  • @Gerhard Lichtenauer: Vollinhaltliche Zustimmung! Erwin Buchinger hat gestern ohnehin zudem auch via Ö3 diesem Umstand gebührend und mit Nachdruck Ausdruck verliehen.

  • Nicht nur Rolli-FahrerInnen dürfen (wieder) klagen, sondern auch deren/dessen „Assoziierte“ (Verwandte, Assis, FreundInnen,…) — eigentlich alle, die diese beharrlich Drecks-Bäckerei-Barriere als Schwseinerei empfinden tun…

  • Der Hinweis der Anwältin sollte aufgegriffen werden, falls die Barriere nicht beseitigt wird. Sobald sich einige RollstuhlnutzerInnen mit einer Klage anschließen, dürfte der Druck für eine Beseitigung bald groß genug werden. Eine abschreckende Wirkung auf andere Menschenrechtsignoranten hätte das auch.

  • Der Hinweis der Anwältin sollte aufgegriffen werden, falls die Barriere nicht beseitigt wird. Sobald sich einige RollstuhlnutzerInnen mit einer Klage anschließen, dürfte der Druck für eine Beseitigung bald groß genug werden. Eine abschreckende Wirkung auf andere Menschenrechtsignoranten hätte das auch.