Barmherziges Vertuschen

Ein Priester hat einem Mann an die Genitalien gegriffen. Das Opfer ist geistig behindert.

Haus der Barmherzigkeit
BIZEPS

Geschehen ist das im Haus der Barmherzigkeit, einem Pflegeheim der Erzdiözese Wien. Barmherzig wollte dann die Heimleitung sein, denn aus Rücksicht auf den gesundheitlichen Zustand des 85jährigen Geistlichen sollte der Vorfall intern geklärt werden, berichtet der Standard.

Man müßte es wohl besser vertuschen nennen. Denn die Heimleitung ist bewußt ihrer Anzeigepflicht nicht nachgekommen. Sie feuerte lieber jene Personen, die den Fall drei Monate später an die Öffentlichkeit brachten.

Im Haus der Barmherzigkeit wurde in dieser Zeit gewaltiger Druck auf sie ausgeübt, stand doch zu allererst der gute Ruf auf dem Spiel. Schließlich befand es auch Kardinal Christoph Schönborn für nicht mehr als einen Einzelfall, bei dem nichts Dramatisches passiert und die Aufdeckung das Schlimmste gewesen sei.

Und dieser Einzelfall fällt zudem noch in einen absoluten Tabubereich: Sexueller Mißbrauch eines wehrlosen Behinderten, darüber spricht man erst recht nicht. Da zählt der Schutz des eigenen Namens mehr.

Der sexuelle Mißbrauch von behinderten Menschen ist eine gesellschaftliche Realität, sagt Ernst Berger vom Krankenhaus Rosenhügel.

Daß die Kirche den Fall in ihrem Haus verniedlicht, zeige lediglich, welche Bedeutung diesen Menschen eingeräumt worden ist: zweite oder dritte Klasse.

Die Kirche stellt sich über allgemein gültiges Recht, sie meint, sich ihr eigenes Gesetz schaffen und selber über ein Strafdelikt, über Täter und Opfer urteilen zu können. Und dieses Gesetz gebietet offenbar: vertuschen, wie das bereits im Fall Groer nicht ganz erfolglos angewandt wurde. Jetzt gilt ihre Barmherzigkeit erneut einem alten Geistlichen.

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