Eine neue Publikation von BIZEPS listet Gesundheitseinrichtungen auf, die für behinderte Menschen geeignet sind. Gleichzeitig wurde im Rahmen dieses Projekts ein Schulungs- und Beratungsprogramm gestartet.
Unsere Publikation „krank, behindert, ungehindert … in Wien“ wurde am 1. Juli 2005 der Öffentlichkeit vorgestellt. Darin enthalten sind 362 Gesundheitseinrichtungen und 79 Apotheken, die alle genau vermessen wurden.
Das Nachschlagewerk ist ein Ergebnis des Projekts „Behinderte Menschen in Wiener Gesundheitseinrichtungen“, das von BIZEPS durchgeführt wurde.
Ziel des Projekts war es, eine Verbesserung der derzeitigen Situation für behinderte Menschen im Gesundheitswesen herbeizuführen und somit einen besseren Zugang zur Akutversorgung sicherzustellen.
Die freie Arztwahl besteht für behinderte Menschen derzeit kaum da
- barrierefreie Zugänge nicht gegeben, Aufzüge oft nur über Stufen zu erreichen und Behindertentoiletten kaum vorhanden sind
- Ärzte und medizinisches Personal über den Alltag von behinderten Menschen zu wenig Bescheid wissen
- gehörlose Menschen nicht einmal in der Gehörlosenambulanz die Möglichkeit zu einem Vieraugengespräch in allen Fachambulanzen haben
- blinde Menschen kein einziges Spital mit Blindenleitsystem vorfinden und
- lernbehinderte Menschen selten auf Ärzte und Pflegepersonal treffen, die ihnen respektvoll gegenübertreten.
Hier ein kurzer Rückblick auf das abgelaufene Projekt.
Eine regelmäßig tagende Arbeitsgruppe wurde von uns eingereichtet. In dieser waren Menschen mit den unterschiedlichsten Behinderungen vertreten sowie auch nichtbehinderte Repräsentanten verschiedener Organisationen wurden einbezogen.
Wir tauschten Erfahrungen aus, formulierten Wünsche und Erwartungen und erstellten einen Forderungskatalog. Weiters erarbeiteten wir Mindeststandards für Gesundheitseinrichtungen.
Wir recherchierten in diversen Verzeichnissen und erstellten eine Gesamtliste all jener Arztpraxen, die in diesen mit der Bezeichnung „behindertengerecht“ versehen waren.
Es war uns bewusst, dass durch dieses Auswahlverfahren nicht alle stufenlos zugänglichen Arztpraxen erfasst werden konnten, da diese Bezeichnung meist nur aufgrund der Selbsteinschätzung der Ärzte vergeben wurde.
Nach langwierigen Telefonaten mit dem medizinischen Personal stellte sich heraus, dass beispielsweise ein vorhandener Aufzug – obwohl häufig viel zu klein für Rollstuhlfahrer dimensioniert oder ausschließlich über Stufen erreichbar – oft schon ausreichte, damit eine Arztpraxis als „behindertengerecht“ eingestuft wurde.
Begriffe wie „barrierefrei“, „Brailleschrift“, „rollstuhlgerechtes WC“ usw. sind noch nicht ausreichend im Bewusstsein der Menschen verankert bzw. wird darunter Unterschiedliches verstanden. Auf diese Weise werden leider oft Hindernisse teils nicht als solche erkannt oder übersehen.
Wir trafen bei unseren Gesprächen aber auch auf sehr viele Ärzte, die unseren Anliegen aufgeschlossen gegenüberstanden und bereit waren, nach unseren Gesprächen ihre Ordinationsräumlichkeiten ein Stück weit barrierefreier zu gestalten, durch Maßnahmen wie z.B. Haltegriffe in der Toilette anzubringen oder die Beschriftungen für blinde und sehbehinderte Menschen lesbarer zu machen.
Eine weitere wichtige Aktivität zur Sensibilisierung waren unsere Schulungen, die im Rahmen unseres Projektes für Ärzte und medizinisches Personal angeboten wurden und regen Zuspruch fanden.
Auch unser Angebot der kostenlosen Bauberatungen wurde sehr gut angenommen und hatte eine Anzahl von Adaptierungen in Arztpraxen und anderen Gesundheitseinrichtungen zur Folge.
Mittlerweile werden vom Sozialministerium Förderungen für die Schaffung von barrierefreien Gesundheitseinrichtungen vergeben. Diese Möglichkeit wurde von etlichen Ärzten in Anspruch genommen und trägt ebenfalls zur Verbesserung des Ist-Zustandes bei.
Bei unserer Suche nach stufenlos zugänglichen Arztpraxen hatten wir auch mit vielen Ärzten Kontakt, deren Ordinationsräumlichkeiten nicht stufenlos erreichbar sind sowie mit Ärzten ohne Kassenvertrag. Wir haben uns nach eingehenden Diskussionen entschlossen, auch diese Ärzte in unsere Broschüre aufzunehmen, da wir bei ihnen auf große Aufgeschlossenheit gestoßen sind oder sie bereits über große Erfahrungen mit behinderten Menschen verfügten. Dadurch wird die freie Arztwahl für unsere Personengruppe ein wenig vergrößert.
Nun nähere Details zum Inhalt der neuesten Publikation von BIZEPS:
Diese hat über 370 Seiten und es finden sich u. a. Angaben darüber, ob eine Ordination stufenlos erreichbar ist, in welcher Höhe sich der Türtaster oder die Gegensprechanlage befindet, welche Abmessungen die Liftkabine hat oder ob ein Blindenführhund mitgebracht werden darf. Weiters ob ein Arzt über Gebärdensprachkenntnisse verfügt oder Erfahrungen mit lernbehinderten Patienten hat.
Auch in unserer Broschüre enthalten sind Institute für physikalische Medizin, Salons für diabetische Fußpflege sowie Tipps für den Arztbesuch und noch viele weitere nützliche Hinweise.
Das aus den Mitteln der Behindertenmilliarde geförderte Projekt versteht sich auch als eine Initialzündung für einen weiteren barrierefreien Ausbau von Gesundheitseinrichtungen in Wien.
An dieser Stelle möchten wir dem Bundessozialamt – Landesstelle Wien -, der Wiener Ärztekammer sowie der Wiener Gebietskrankenkasse im Namen aller Betroffenen unseren Dank für die gute Zusammenarbeit aussprechen.
Wir hoffen, mit diesem Nachschlagewerk einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der Situation für behinderte Menschen aber auch für Ärzte und Personen in anderen medizinischen Berufen in Wien gesetzt zu haben.
Unsere Publikation ist bei BIZEPS gratis erhältlich. Bei Versand werden 6 Euro Bearbeitungsgebühr in Rechnung gestellt. Voraussichtlich ab Oktober 2005 wird die Publikation auch im Internet unter abrufbar sein.