In seinem Rundschreiben "eben erfahren extra" berichtet kobinet-Korrespondent Hartmut Smikac über eine Diplomarbeit von Rudolf Rannegger, die sich mit dem barrierefreien Tourismus beschäftigt.
An der Fachhochschule Krems hat Rudolf Rannegger seine Magisterarbeit zum Thema „Analyse des Reiseverhaltens und den dabei auftretenden Problemen entlang der touristischen Servicekette von Menschen im Rollstuhl aus Österreich“ eingereicht.
Die Diplomarbeit befasst sich mit dem Konzept des barrierefreien Tourismus in Österreich, wobei das Reiseverhalten von österreichischen Rollstuhlfahrern / Rollstuhlfahrerinnen und deren Probleme auf Reisen erhoben und analysiert wird.
Auf Grund von fehlenden quantitativen Daten über das Reiseverhalten von Rollstuhlfahrern und Rollstuhlfahrerinnen aus Österreich, ist es das Ziel dieser Arbeit, dieses Forschungsdefizit zu beheben und aussagekräftige Daten über deren Reiseverhalten, der Reisehäufigkeit, der Reiseabsicht und den Gründen einer Reiseabstinenz darzulegen.
Die dafür gesammelten Daten werden mit der österreichischen Gesamtbevölkerung verglichen, um mögliche Abweichungen im Reiseverhalten festzustellen. Ein weiteres wesentliches Ziel dieser Studie liegt in der Aufstellung von Reiseproblemen entlang der touristischen Servicekette von Menschen im Rollstuhl aus Österreich, wobei der Schwerpunkt der Analyse in Bezug auf die Problemfrequenz und Problemrelevanz gerichtet ist.
Um die benötigten Informationen zu erhalten, kommen bei dieser Studie drei verschiedene Befragungsstrategien zum Einsatz. Alles in allem war es somit möglich eine Stichprobe von 302 Menschen im Rollstuhl aus allen Bundesländern Österreichs zu interviewen.
In Bezug auf das Reiseverhalten, kann festgestellt werden, dass in den letzten 12 Monaten 68% der österreichischen Rollstuhlfahrer mindestens eine Haupturlaubsreise durchgeführt und 32% der Befragten auf einen Haupturlaub verzichtet haben. Als Grund dafür werden „zu viele Barrieren auf Reisen“, „Finanzielle Gründe“ und „Gesundheitliche Gründe“ angegeben. Im Durchschnitt werden zwei Reisen mit mindestens vier Übernachtungen absolviert, wobei Österreich (31%), Kroatien (20%) und Italien (17%) die bevorzugten Reisedestinationen sind.
Im Allgemeinen organisieren Reisende im Rollstuhl ihren Urlaub selbst (57%), nur 18% nehmen die Hilfe von Reisebüros in Anspruch. In Bezug auf das verwendete Transportmittel ist ersichtlich, dass mehr als die Hälfte der Befragten den eigenen PKW und rund ein Drittel das Flugzeug verwenden. Innerhalb der Urlaubsdestination werden vorwiegend Hotels als Unterkunftsart in Anspruch genommen.
Auf die Frage ob man häufiger verreisen würde, wenn sich von der Angebotsseite die Umstände verbessern, antworten mehr als zwei Drittel der Befragten mit: Ja. Bei der Analyse der Probleme entlang der touristischen Servicekette kann festgestellt werden, dass Reisende im Rollstuhl aus Österreich noch immer mit einer Vielzahl von Problemen konfrontiert werden.
Als häufigstes Problem kann die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von sanitären Anlagen genannt werden. Probleme ergeben sich sowohl im Zug, Flugzeug und Reisebus, als auch in Restaurants, Unterkünften und in Bezug auf öffentliche Toiletten in der Urlaubsdestination.
Ein weiteres Problem, das eine hohe Problemfrequenz und Relevanz aufweist, ist das Defizit an Information. Menschen im Rollstuhl geben an, dass ihnen kaum Informationen zur Verfügung stehen und sich Vorhandenes in Broschüren, auf Internetseiten oder im Reisebüro in vielen Fällen als unvollständig oder falsch herausstellt.
Ein weiteres Grundproblem stellt die Zugänglichkeit dar. Besonders bei historischen und kulturellen Sehenswürdigkeiten ergeben sich Probleme, da diese nicht bzw. nur erschwert mit dem Rollstuhl zugänglich sind. Ähnliche Probleme ergeben sich bei der Verwendung von Freizeiteinrichtungen, in der Unterkunft und bei Stadtführungen.
Im Vergleich dieser Ergebnisse mit der Gesamtbevölkerung Österreichs kann festgehalten werden, dass Menschen im Rollstuhl aus Österreich, in Bezug auf Haupturlaubsreisen, ein ähnliches Reiseverhalten aufweisen wie die Gesamtbevölkerung. Touristische Anbieter müssen sich jetzt mit dem Thema des barrierefreien Tourismus auseinandersetzen, um auf der einen Seite selbst vom potenziellen Markt zu profitieren und um auf der anderen Seite Menschen mit einer Behinderung den Konsum des gleichen touristischen Produkts zu ermöglichen, wie dies bei „nicht behinderten“ Menschen der Fall ist.
Die 143 Seiten umfassende Diplomarbeit dürfte vor allem für Touristiker von Interesse sein. Sie ist im Internet als PDF-Datei herunter zu laden.