Es ist unbestritten: Das Internet ist die Informationsquelle der Gegenwart. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.
Wer keinen oder einen nur unzureichenden Zugang zu dieser Quelle hat, gerät schnell ins Hintertreffen. Dies gilt sowohl für behinderte als auch für nichtbehinderte Menschen.
Nutzung des Netzes
In einer großangelegten Umfrage des deutschen Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie wurden in Deutschland 3.300 Personen zum Thema Internet befragt. Die Umfrage richtete sich in erster Linie an behinderte Menschen, und daher waren 63 Prozent der Teilnehmer selbst behindert. Das Ergebnis der Umfrage wird wie folgt zusammengefasst:
- Die Vorteile des Internets werden von den Umfrageteilnehmern grundsätzlich höher bewertet als die Nachteile. Freier Zugang zu Informationen und Alltagserleichterung stehen ganz oben (jeweils fast 80 Prozent); dann folgen neue Kontaktmöglichkeiten und Abbau des Unterschieds zwischen behinderten und nichtbehinderten Menschen (jeweils fast 60 Prozent); neue berufliche Chancen durch das Internet für behinderte Menschen sehen 55 Prozent.
- Etwa 30 Prozent der Umfrageteilnehmer gehen davon aus, dass das Internet für behinderte Menschen insgesamt noch zu viele Barrieren hat (etwa gleiche Bewertung durch behinderte Menschen und Multiplikatoren). Deutlich stärker gewichtet werden Einzelaspekte wie ein noch ungenügender Datenschutz (59 Prozent, bei Internetkennern sogar 65 Prozent) und die Abnahme persönlicher Kontakte zu anderen Menschen (51 Prozent).
Behinderte Menschen setzen hohe Erwartungen in das Internet und sind daher eine besonders wichtige und interessante Zielgruppe. Doch bestehen derzeit noch gravierende Barrieren, die behinderten Menschen den Zugang zum Internet und die Nutzung der Angebote erschweren. Zur Information: In Europa leben 37 Millionen Menschen, die irgendeine Art von Behinderung haben.
Barrierefrei
Vor welchen Barrieren stehen behinderte Menschen, und was ist eigentlich eine barrierefreie Webseite? Barrierefreies Webdesign ist die Kunst, Webseiten so zu programmieren, dass jeder sie lesen kann. Es geht dabei nicht um „behindertengerechtes Programmieren“, sondern um eine Technik, die es erlaubt, dass Webseiten „einfach für alle“ verfügbar sind.
Wie stellen Sie sich Menschen vor, die sich Webseiten ansehen? Welche Computerausstattung haben Sie? Ist eine Webseite auch benutzbar, wenn der Surfer
- keine Tastatur zur Verfügung hat (Computer im Auto) oder
- keine Maus hat (öffentliche Terminals) oder
- nichts oder wenig hört (Straßenlärm) oder
- er nur wenig Platz am Bildschirm hat und die Ansicht von Grafiken abgeschaltet wurde (PAD oder Organizer) oder
- die Darstellung der Schrift vergrößert hat, weil er gerade die Brille verlegt hat?
Wenn eine Webseite so programmiert wurde, dass sie für alle diese Situationen gerüstet ist, so ist sie nebenbei auch für behinderte Menschen zugänglich gemacht. – Ist diese Gruppe eine Minderheit? Das ist Ansichtssache. Eine blinde Menschenrechtskämpferin aus den USA – einem Land mit traditionell starken Menschenrechten für behinderte Menschen – sagte anlässlich einer Tagung in Großbritannien: „Wir müssen alle aufpassen, dass im Internet nicht Barrieren für behinderte Menschen gebaut werden.“
Zur Förderung von barrierefreien Webseiten wurde die Web Accessibility Initiative (WAI) gegründet. Seit 1999 gibt es international normierte Kriterien, wie zugängliche Webseiten auszusehen haben. Die Richtlinien (W3C Web Content Accessibility Guidelines 1.0) zur Gestaltung von barrierefreien Webseiten enthalten verschiedene Kriterien und Checkpunkte, die in drei verschiedene Prioritätsstufen eingeteilt sind.
Die Kriterien und Checkpunkte helfen dem Autor einer Webseite, diese barrierefrei zu gestalten. Es werden Punkt für Punkt Ratschläge geben, wie der Zugang für alle Benutzer ermöglicht werden kann. Wenn z. B. ein Bild auf einer Webseite vorhanden ist, muß dies in einem sogenannten Alternativtext beschreiben werden, damit die Botschaft des Bildes auch für blinde Menschen verständlich ist.
Inwieweit diese Kriterien der verschiedenen Prioritätsstufen erfüllt sind, lässt eine Aussage zur Barrierefreiheit zu. Eine nichtzugängliche Webseite ist eine Diskriminierung. Dieses Bewusstsein muss erst verdeutlicht werden. Ein neues Verkaufsgeschäft mit einer Stufe zu bauen, ist eine Diskriminierung. Ein Webangebot zu starten oder zu betreiben, das nicht den Kriterien für barrierefreies Webdesign entspricht, ist ebenfalls eine Diskriminierung.